Eingreifen in interne Angelegenheiten der katholischen Kirche

in Weltkirche


Offizielle Antwort der katholischen Bischöfe in der Russischen Föderation auf Eskalation


Moskau (kath.net/Fides)
Der Internationalen Fidesdienst hat von Metropolitanerzbischof Kondrusiewicz eine offizielle Erklärung im Namen der Konferenz der Katholischen Bischöfe in der Russischen Föderation mit Bitte um Veröffentlichung erhalten. Das Schreiben betrifft die Kontroverse mit dem Patriarchat Moskau und dem Russisch-Orthodxen Synod, nach der Erhebung der russischen Apostolischen Administraturen in den Rang von Diözesen.

Erklärung des Metropoliten Tadeusz Kondrusiewicz

1. Angesichts der Tatsache, dassreligiöse Gemeinschaften in Übereinstimmung mit den eigenen hierarchischen und institutionellen Strukturen ein Recht auf Selbstverwaltung besitzen; es Pflicht des Papstes und der Katholischen Kirche ist, normale Bedingungen für die pastorale Betreuung der Gläubigen zu schaffen; die normale Struktur der Katholischen Kirche entsprechend dem Kirchenrecht eine Diözese oder ein Metropolitansitz (Kirchenprovinz) ist;
die Erhebung der provisorischen russischen Administrationen in den Rang permanenter Diözesen vom 11. Februar 2002 nicht gegen das geltende russische Gesetz verstößt; entsprechend der internationalen Gepfolgenheiten die Behörden und die Hierarchie der Russisch-Orthodoxen Kirche von diesem für die Katholiken in Russland notwendigen Schritt informiert worden war, möchten wir unsere Bestürzung und aufrichtige Sorge über das Eingreifen in die internen Angelegenheiten der Katholischen Kirche in Russland zum Ausdruck bringen, das in den vergangenen Tagen zunehmend offensichtlich geworden ist.

Wir sind davon überzeugt, dass die Katholiken der Russischen Föderation dieselben Rechte besitzen, wie Gläubige, die sich zu anderen Religionen bekennen und dass die Umsetzung dieser Rechte aus keinem Grund weder öffentlich in Frage gestellt und um so weniger zum Gegenstand politischer Spekulationen gemacht werden sollte.

2. Außerdem betrachten wir es als unsere Pflicht öffentlich jene Aussagen der Erklärung des Patriarchen von Moskau und Russland Alexeii II. und des Heiligen Synods der Russisch-Orthodxen Kirche vom 12. Februar 2002 zu dementieren, die nicht der Wahrheit entsprechen.

3. In der Erklärung heißt es, dass die in Russland gegründete Form „des katholischen kirchlichen Lebens nicht einmal für katholische Länder typisch ist, in denen gewöhnlicherweise keine Kirchenprovinzen gibt, deren Diözesen in Wirklichkeit von einem Metropoliten geleitet werden".

Diese Erklärung entspricht nicht der Wahrheit. Das Kirchenrecht der Katholischen Kirche legt fest, dass für die Zusammenarbeit im Rahmen einer gemeinsamen Pastoral verschiedener benachbarter Diözesen und für das Entstehen der notwendigen Beziehungen zwischen den Diözesanbischöfen aneinander angrenzende Diözesen von der obersten kirchlichen Behörde in Kirchenprovinzen-Metropolitansitze zusammengeschlossen werden (vgl. CIC 431).

An der Spitze der Metropolitankirche befindet sich der Metropolit, der als Erzbischof das ihm unterstellte Erzbistum leitet. Dieses Amt ist mit dem Bischofsamt verbunden, das vom Papst in Rom bestimmt wird. (vgl. CIC 435). In verschiedenen Ländern existieren Metropolitansitze: Paris, Washington, Prag, Mailand, Warschau (allein in Polen gibt es 13) und es gibt solche auch in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion: Riga, Minsk-Mogilev, Vilnius, Lviv.

Die anderen Diözesen, die zu einer Kirchenprovinz gehören werden als „Suffraganbistümer" bezeichnet. Die Autorität des Metropoliten ihnen gegenüber wird vom Kirchenrecht wie folgt festgelegt:

er soll über die Lehrverkündigung und die kirchliche Ordnung wachen und den und bei Mißständen an den Hl. Stuhl Bericht erstatten (vgl. CIC 436 §1);

er soll mit Zustimmung des Heiligen Stuhls eine kanonische Visite durchführen, wenn der zuständige Bischof des Suffraganbistums seine Diözese vernachlässigt (vgl. CIC 436 §1);

er soll einen Administrator für sedisvacante Diözesen bestimmen, falls dieser nicht innerhalb von 8 Tagen ernannt wird (vgl. CIC 436 §1)

der Metropolit hat in den Suffraganbistümern keine weiteren Kompetenzen (vgl. CIC 436 §3).

4. In der Erklärung der Hierarchie der Russisch Orthodoxen Kirche heißt es weiter, dass „keine Unterteilung des russischen Territoriums in Diözesen" bestand.

Hierzu möchten wir daran erinnern, dass:

die diözesanen Strukturen der Katholischen Kirche im Süden Russlands bereits im 14. und 15. Jahrhundert existierten und es vom 17. bis 18. Jahrhundert die Diözese Smolensk gab;

der Sitz des Metropolitansitzes Mogilev die Hauptstadt des russischen Imperiums, St. Petersburg wr, während die Diözese Tiraspol ihren Sitz in Sratov hatte. Außerdem wurde 1923 die Diözese Wladiwostok errichtet. Der Erzbischof von Mogilev wurde als Metropolit aller dieser katholischen Kirchen des russichen Imperiums bezeichnet;

seit der Errichtung des Metropolitansitzes Mogilev bis zum letzten Metropoliten Jan Cepljak, der 1923 zum Tode verurteilt und des Landes verwiesen wurde, hat es in St. Petersburg insgesamt 27 Erzbischöfe gegeben;

deshalb gab es innerhalb der heutigen Grenzen der Russichen Föderation bereits katholische Diözesen und einen Metropolitansitz mit ihrem eigenen Metropoliten und Suffraganbistümern.

5. Wenn man die oben genannten Sachverhalte berücksichtigt so sind wir dar Ansicht, dass die Umwandlung des Status der Strukturen der Katholischen Kirche in Russland und die Errichtung der Kirchenprovinz nicht als Schaffung neuer katholischer Strukturen angesehen werden kann, die parallel zu Russisch Orthodoxen Kirche existieren soll.

Erstens übernehmen die Diözesen nicht den Namen der Städte in denen sich der Bischofssitz befindet. Es gibt deshalb keinen Metropoliten von Moskau oder Russland, sondern einen Metropoliten in Moskau.

Zweitens gibt es in der Russisch Orthdoxen Kirche zum Beispiel den Metropoliten von Vilnius und von Litauen oder den Erzbischof von Brüssel und von Belgien, von Berlin und von Deutschland, und niemand in der Katholischen Kirche erhebt dagegen Widerspruch, da es sich bei den Titeln des Metropoliten um eine interne Angelegenheit der Russich-Orthodoxen Kirche handelt, die ihre Hirten entsprechend den eigenen Erfordernissen ernennt.

Drittens hat der Metropolit keine reelle Kompetenz in den anderen Diözesen, da es sich dabei um autonome Bistümer handelt, die von den eigenen Bischöfen verwaltet werden.

6. In der zitierten Erklärung werden zum wiederholten Mal Vorwürfe gegen zahlreiche Episoden der Missionstätigkeit des katholischen Klerus unter der russischen Bevölkerung erhoben. „Gerade diese Tätigkeit wird von uns als Abwerben von Gläubigen (Proselytenmacherei) betrachtet, weshalb wir sie immer wieder als eines der Haupthindernisse für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen unseren Kirchen anführen", heißt es in dem Papier.

Wir haben, unserseits, im Verlauf der vergangenen 11 Jahre mehrmals die Hierarchie der Russisch Orthodoxen Kirche darum gebeten, für eine solche Auseinandersetzung konkrete Beispiele anzuführen und endlich konkrete Fakten zur Proselytenmacherei der Katholiken in Russland anzuführen. Wir würden gerne wissen wer, wo , wann und unter welchen Umständen in der Vergangenheit oder in der Gegenwart in erster Person eine solche Tätigkeit der Proselytenmacherei betrieben hat. Leider konnten wir bis heute diesbezüglich nichts erfahren so wie man auch nie auf unsere Einladung eingegangen ist, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzten um die Bedeutung des Ausdrucks „Proselytenmacherei" genau zu definieren …

7. Trotz der eher gespannten Stimmung, die in den Beziehungen zwischen der Katholischen Kirche und der Russisch Orthodoxen Kirche entstanden ist, hoffe ich und ich bete darum zu Gott, dass der Dialog weiter geführt werden und fruchtbar sein möge. Ich bin der Überzeugung, dass die Katholische Kirche und die Orthodoxe Kirche gemeinsam die Herausforderungen unserer Zeit zum Wohl der menschlichen Zivilisation angehen können.

Metropolit Tadeusz Kondrusiewicz

Moskau, den 13. Februar 2002


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