16. Dezember 2007 in Weltkirche
Keine Einheit in der schrumpfenden christlichen Minderheit der Geburtsstadt Jesu.
Bethlehem (www.kath.net/idea)
Was für die meisten Christen unstrittig ist, dass nämlich die Geburt Jesu Christi am 25. Dezember gefeiert wird, ist in Bethlehem längst nicht selbstverständlich. Im Geburtsort Jesu feiern die Kirchen dieses Ereignis an drei unterschiedlichen Tagen. Die Christmette, die an Heiligabend weltweit im Fernsehen übertragen wird, wird von der römisch-katholischen Kirche gestaltet. Sie orientiert sich am Gregorianischen Kalender, den Papst Gregor XIII. Ende des 16. Jahrhunderts entwickelte. Für die griechisch-orthodoxen Christen gilt der ältere Julianische Kalender, nach dem die Geburt Jesu Christi auf den 6. Januar fällt. Die armenisch-orthodoxe Kirche begeht das Fest gar erst am 18. Januar. Auch in der Nutzung der Geburtskirche sind sich die Kirchen nicht einig. Nach einem Bericht des Wissenschaftsmagazins National Geographic (Hamburg) streiten sich die Würdenträger der drei Bekenntnisse erbittert darum, wer in dieser Kirche welche heilige Wand putzen oder wer durch welches Seitenschiff gehen darf. Manchmal habe man den Eindruck, dass die Wachleute nicht dazu da seien, Touristen zu schützen, sondern die Priester daran zu hindern, aufeinander loszugehen.
Christen wandern aus
Dabei hätten die Christen allen Grund, sich um ein geschlossenes Auftreten zu bemühen. Sie bilden heute im Jahrhunderte lang christlichen Bethlehem eine Minderheit mit abnehmender Tendenz. Im Jahr 1900 waren etwa 90 Prozent der Einwohner Christen, heute ist ihr Anteil an den 35.000 Einwohnern unter 20 Prozent gesunken. Tausende sind ausgewandert, weil sie aufgrund der islamischen Dominanz keine Perspektive mehr für sich sehen. Wir können hier nicht überleben, zitiert das Magazin das Oberhaupt einer christlichen Familie, das anonym bleiben möchte. Die Macht in Bethlehem liege in den Händen von Großfamilien, von denen die mächtigsten muslimisch seien. In der Stadt und den benachbarten Dörfern leben laut National Geographic rund 180.000 Palästinenser, darunter 25.000 Christen. Sie befänden sich in einer heiklen Lage. Die Israelis betrachteten sie als Palästinenser; für die Muslime seien sie die ungeliebten Christen.
Christen werden zu Außenseitern
Nach Schätzungen des Soziologen Bernard Sabella, Mitglied des palästinensischen Parlaments, haben in den vergangenen Jahren 3.000 Christen Bethlehem verlassen. Es seien vor allem Gebildete, Wohlhabende, politisch Gemäßigte und junge Familien. Dem Bericht zufolge gab es im Bezirk Bethlehem vor 50 Jahren nur wenige Moscheen. Heute seien es fast 100. Auch kulturell würden die Christen immer mehr zu Außenseitern. Viele seien nach der neuesten westlichen Mode gekleidet: enge Jeans, tiefe Ausschnitte und auffälliger Schmuck. Sie konsumierten in Diskotheken Alkohol und gingen beim Tanzen auf Tuchfühlung. Dadurch unterschieden sie sich deutlich von Muslimen, die in der Öffentlichkeit Alkohol meiden und deren Frauen meist Kopftücher und lange Gewänder tragen. Dem Bericht zufolge erklären manche Christen hinter vorgehaltener Hand, dass ihnen eine israelische Regierung lieber wäre als eine muslimische Herrschaft, von der sie vor allem Gewalt und Verfolgung erwarten.
Israel misstraut allen Palästinensern
Israelische Grenzposten machen Unterschied zwischen einreisenden Christen und Muslimen. An den Kontrollpunkten alle Einwohner Bethlehems auf Misstrauen. Sogar der Bürgermeister, der traditionell ein Christ ist, darf sich nur bis 19 Uhr in Jerusalem aufhalten. Er könne nicht an abendlichen Cocktailpartys in der Hauptstadt teilnehmen, weil er keine Ausnahmegenehmigung erhalte, klagt der 73-jährige Victor Batarseh.
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