15. Februar 2008 in Deutschland
Kirchenrechtliche Anmerkungen zu einer Pressemeldung des scheidenden Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann - Ein Kommentar des Kanonisten Dr. Gero P. Weishaupt
Bonn (www.kath.net)
Der scheidende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, hat in einem Pressebericht im Anschluss an die Frühjahrs-Hauptversammlung der Deutschen Bischofkonferenz vom 11. bis 14. Februar 2008 u.a. auch Stellung genommen zur Frage der Umsetzung des Motu Proprio Summorum Pontificum[1]. Darin teilt Kardinal Lehmann mit: Die Leitlinien, die wir auf der Herbst-Vollversammlung am 26. September 2007 verabschiedet haben, sind inzwischen von allen Diözesanbischöfen in Kraft gesetzt und in den Amtsblättern veröffentlicht worden. Die Mitteilung ruft die Frage hervor: Haben die Bischöfe nun Leitlinien veröffentlicht oder allgemeine Ausführungsbestimmungen erlassen? Was meint Kardinal Lehmann hier mit Leitlinien? Als Kirchenrechtler mache ich hierzu folgende Anmerkungen:
1. Leitlinien sind keine allgemeine Ausführungsbestimmungen im Sinne der decreta generalia exsecutoria des can. 32 CIC/1983. Infolgedessen können sie nicht diejenigen binden, die durch das Motu Proprio Summorum Pontificum verplichtet werden. Dessen Anwendungsweisen werden ausschliesslich entweder durch eine Instruktion nach can. 34, die sich in erster Linie nicht an die Gläubigen, sondern an die kirchlichen Behörden richten würde, oder durch allgemeine Ausführungsbestimmungen nach can. 32 bestimmt, nicht aber durch Leitlinien. Ausserdem können nur allgemeine Ausführungsbestimmungen die Befolgung des Motu Propio eingeschärfen (vgl. can. 32). Der Begriff Leitlinie ist keine kirchenrechtliche, d.h. im kichlichen Gesetzbuch anzutreffende Kategorie.
2. Leitlinien im eigentlichen Sinn des Wortes können nicht in Kraft gesetzt werden, da sie keinerlei Gesetzeskraft besitzen oder eine ein Gesetz (hier das Motu Proprio) ausführende Funktion haben. Leitlinien werden vielmehr nur zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht und dienen der Orientierung, wie Kardinal Lehmann selbst im Anschluss an die Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im September 2007 richtig gesagt hatte.
3. Der in der Pressemeldung verwendete Begriff Leitlinien deckt nicht den kirchenrechtlichen Begriff allgemeine Ausführungsbestimmungen des can. 32 ab. Aus dem Text der Pressemeldung geht darum nicht mit der für die Rechtssicherheit der Gläubigen, die die Feier der heiligen Messe nach dem ausserordentlichen Usus des Römischen Ritus wünschen, erforderlichen Eindeutigkeit hervor, ob es sich bei den von den Bischöfen für ihre Diözesen bereits erlassenen Bestimmungen nur um Leitlinien oder um allgemeine Ausführungsbestimmungen handelt. Nur letztere hätten bindende Kraft, allerdings nur so weit, als sie dem Wortlaut und dem Geist des Motu Proprio Summorum Pontificum nicht widersprechen. Das sagt unmissverständlich der kanonische Gesetzgeber in can. 33 § 1: Allgemeine Ausführungsbestimmungen, auch wenn sie in Direktorien oder anders benannten Dokumenten (etwa in diözesanen Amtsblättern) herausgegeben werden, heben Gesetze nicht auf, und soweit ihre Vorschriften Gesetzen widersprechen, entbehren sie jeglicher Rechtskraft.
4. Im Einzelfall von Diözese zu Diözese müsste in den einzelnen Amtsblättern nachgeprüft werden, ob der jeweilige Diözesanbischof tatsächlich für seine Diözese allgemeine Ausführungsbestimmungen im Sinne des can. 32 erlassen oder nur Leitlinien veröffentlich hat, die in bezug auf die Umsetzung des Motu Propio Summorum Pontificum keine kirchenrechtlich bindende, sondern nun orientierende Kraft hätten. Sollte es sich bei den Erlassen in den diözesanen Amtsblättern um allgemeine Ausführungsbestimmungen handeln, müsste das eindeutig aus Titel und Text hervorgehen[2].
Dr.iur.can. Gero P. Weishaupt
Dr. Gero P. Weishaupt ist Kirchenrechtler und Latinist bei "Radio Vatikan" - Seine Beiträge erscheinen auch bei kath.net bei den Nuntii latini
Fußnoten:
[1] Vgl.: http://dbk.de/aktuell/meldungen/01618/index.html#VI-2
[2] Es wäre allerdings merkwürdig, wenn die Bischöfe noch im Vorfeld der zu erwartenden für die Gesamtkirche bestimmten Anweisungen der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei zur praktischen Umsetzung des Motu Proprio Summorum Pontificum, sei es dass sie diese in der Form einer Instruktion im Sinn des can. 34, sei es dass sie sie in der Form von allgemeinen Ausführungsbestimmungen nach can. 32 erlassen würde, selber allgemeine Ausführungsdekrete erstellt hätten. Die diözesanen Ausführungsbestimmungen müssten nämlich an diese von der höchsten Gesetzgebungs- und Verwaltungsinstanz, nämlich vom Papst selber, erlassenen wieder angepasst werden bzw. würden durch diese aufgehoben.
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