in Weltkirche
Erst nach Abschluss der Karwoche und der Osterliturgie wirkte Johannes Paul II. wieder erholt und gestärkt Von Marie Czernin/DIE TAGESPOST
Vatikan (kath.net/DT)
„Wie sehr wünschte ich, dass die österliche Botschaft immer stärker den Glauben eines jeden Getauften stärkte! Wie sehr wünschte ich, dass der Frieden, Geschenk des auferstandenen Christus, jedes menschliche Herz erreiche und einem jedem, der unterdrückt ist und leidet, Hoffnung zurückgebe!“ Diesen Wunsch hat Papst Johannes Paul II. am vergangenen Ostermontag vom Fenster seines Arbeitszimmers während des traditionellen Ostergebetes „Regina Coeli“ zum Ausdruck gebracht. Die Gläubigen auf dem Petersplatz forderte er auf, an diesem Tag ganz besonders für Bethlehem zu beten, „die Geburtsstadt Jesu, die in diesem Augenblick schwere Stunden erlebt und sich in großer Gefahr befindet.“ Der Papst sprach von „traurigen und beunruhigenden Nachrichten, die die Atmosphäre des Ostertages, der ein Fest des Friedens, der Freude und des Lebens sein sollte, getrübt haben.“ Er versprach, den Männern und Frauen des stark geprüften Heiligen Landes im Gebet beizustehen, „damit solch ein schmerzhafter Leidensweg bald zu einem Ende komme.“
Einen abermaligen Friedensappell hatte der Papst auch am Ostersonntag in seiner Osterbotschaft an die Welt gerichtet, bevor er in 62 Sprachen den Segen „Urbi et Orbi“ – für die Stadt und für die ganze Welt – spendete. „Voll Sorge und Hoffnung“ bat das Oberhaupt der katholischen Kirche die „christlichen Gemeinschaften in allen Teilen der Welt, Zeugnis dafür abzulegen, dass Jesus wahrhaft auferstanden ist, und dafür zu arbeiten, dass sein Friede die dramatische Spirale der Übergriffe und des Mordens anhalte, die das in diesen letzten Tagen wieder einmal in Schrecken und Hoffnungslosigkeit verfallene Heilige Land mit Blut durchziehen.“
Der Papst gedachte aller Leidenden, deren Hilfeschrei „aus vielen Winkeln der Erde“ man nicht überhören dürfe: „Von Afghanistan, das in den letzten Monaten so hart geprüft und jetzt von einem zerstörerischen Erdbeben betroffen ist, bis zu vielen anderen Ländern der Erde, in denen soziale Ungerechtigkeiten und entgegengesetzte Bestrebungen unzählige Brüder und Schwestern hart treffen.“ Der Papst rief deshalb mit kräftiger Stimme die „Menschen des dritten Jahrtausends“ auf: „Öffnet euer Herz dem gekreuzigten und auferstandenen Christus, der kommt, um euch den Frieden zu bringen.“
Erstaunlicherweise wirkte der Papst nach den anstrengenden Liturgiefeiern der Karwoche am Ostersonntag wieder gestärkter und erholter als am Anfang der Karwoche, und die Osterfreude der Auferstehung konnte man in seinem Gesicht ablesen, als er die Osterliturgie wieder selbst zelebrieren konnte.Dass der Papst jedoch selbst einen mysteriösen und schmerzhaften Leidensweg geht, wurde auf besondere Weise während der Karwoche sichtbar. Denn während er noch vor einem Monat beim traditionellen Aschermittwochsgottesdienst in Santa Sabina auf dem Aventin zu Fuß das Kirchenschiff durchschritten hatte, konnte er in der Karwoche kaum mehr einen Schritt alleine wagen, so sehr hatten ihm die Athroseschmerzen in seinem rechten Knie zugesetzt, die durch das lange Knien während der Exerzitien verursacht worden waren. Für die Palmsonntagsliturgie auf dem Petersplatz hatte der Zeremonienmeister, Erzbischof Piero Marini, veranlasst, den Papstthron direkt vor den Eingang der Peterskirche und nicht vor den Baldachinaltar zu positionieren, um dem Papst die schmerzhaften Schritte nach vorne zu ersparen.
Wie schwer es ihm gefallen sein muss, an diesem Tag nicht selbst die Eucharistie feiern zu können, sondern nur aus einer gewissen Distanz der Liturgie vorzustehen, während der Bischofsvikar von Rom, Kardinal Camillo Ruini, die Messe zelebrierte, konnte man erahnen, als er sich trotz der Schmerzen immer wieder hinkniete, ganz als wollte er mit seinem eisernen Willen demonstrieren, dass seine Schmerzen doch nicht so schlimm seien und er noch selbst die Eucharistie zelebrieren könne.
„Wenn der Papst unbedingt selbst die Heilige Messe zelebrieren will, dann können wir ihn natürlich nicht davon abhalten“, hatte Monsignore Enrico Viganò, Sekretär des päpstlichen Zeremonienmeister Piero Marini, noch vor Beginn des Triduums erklärt. Für die Chrisam-Messe am Gründonnerstag, bei der die Priester ihre Gelübde erneuern, ließ sich daher der Zeremonienmeister eine liturgische „Improvisation“ einfallen, um dem kranken und gebeugten Papst einerseits die Stufen zu der Confessio, dem Hauptaltar über dem Pet- rusgrab, zu ersparen, und es ihm andererseits doch zu ermöglichen, die Eucharistiefeier zu leiten: Von einem provisorischen Lesepult aus sprach der Papst die Einsetzungsworte, während ein Kardinal am Hauptaltar die Hostie und den Kelch erhoben.
Wie sehr der Papst in seinem körperlichen Leiden immer mehr Christusförmig geworden ist, konnte man am Karfreitag während des Kreuzweges am Kolosseum beobachten. Schon wie im vergangenen Jahr konnte der Papst nicht mehr selbst das Kreuz die vielen Treppen hinauf zur antiken Tempelanlage des Forum Romanum tragen, sondern er begleitete im Sitzen den Kreuzweg von einer erhöhten Terrasse aus und nahm erst bei der vierzehnten Station das Kreuz selbst in die Hand. Die Meditationstexte für die einzelnen Kreuzwegstationen waren dieses Jahr von vierzehn beim Vatikan akkreditierten Journalisten geschrieben worden. Sie hatten es verstanden, die tragischen Ereignisse der jüngsten Zeit im Licht der Passion Christi zu reflektieren und dadurch die antike Devotionsform des Kreuzweges in die Aktualität der Gegenwart hineinzuholen. „Frieden denjenigen, die nah und fern sind. Frieden Dir, Jerusalem, von Gott geliebte Stadt“, meditierte der Papst am Ende des Kreuzweges spontan, indem er den vorverfassten Text beiseite ließ und frei weiter improvisierte: „Möge der Herr uns eine tiefe Stille und Hoffnung eingeben, um zu dem Augenblick zu gelangen, wo die Frauen das leere Grab finden: ,Er ist nicht hier, er ist auferstanden‘, werden sie rufen.“
Foto: (c) SIR
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