Man spricht viel vom 'Konzil', aber zitiert wenig die Texte

10. Februar 2009 in Aktuelles


Österreichischer Nuntius Farhat im kath.net-Exlusivinterview zu Weihbischof Wagner: "Ein Weihbischof wird nie ernannt, wenn er nicht von seinem Ortsbischof vorgeschlagen wurde." - Nuntius über Piusbruderschaft und Zulehner


Wien (kath.net) KATH.NET: Derzeit gibt es in den Medien eine lang anhaltende Diskussion rund um die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe aus der Piusbruderschaft, vor allem auch im Zusammenhang mit Holocaustäußerungen von Bischof Williamson. Was sagen Sie dazu? Sind hier Fehler passiert?

Nuntius Erzbischof Edmond Farhat: Diskussionen sind im Allgemeinen immer gut. Sie sind ein Zeichen eines lebendigen Interesses, das man für ein Problem hat. Das Ziel der vatikanischen Erklärung ist nicht so sehr die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der Piusbruderschaft, als viel mehr die Sorge des Papstes um eine mögliche Wiedereingliederung von Ex-Katholiken, die sich wegen eines falschen Verständnisses des Zweiten Vatikanischen Konzils in ein Schisma begeben haben.

Das wichtigste Anliegen des Konzils war und ist immer die Einheit der Christen untereinander. Wenn sich eine Gruppe von Katholiken wegen eines falschen Verständnisses des Konzils nicht mehr in Kommunion mit der Kirche befindet, ist es eine Notwendigkeit, daß dieser Prozeß der Wiedereingliederung in Gang gebracht wird.

Es handelt sich also um einen ersten Schritt, um den Vertretern dieser schismatischen Bewegung die Gelegenheit zu bieten, mit der Kirche – wir müssen nie vergessen, daß die Kirche „Mater et Magistra“ ist – wieder über eine mögliche Vereinigung zu reden. Die Aufhebung der Exkommunikation hat die große Anzahl von Ex-Katholiken im Blick, die heute von diesen vier Bischöfen geführt werden.

Unter diesen vier Bischöfen befindet sich einer, der gegen die Überzeugung der Kirche gesprochen hat, gegen die Liebe Christi und daher auch gegen unsere nächsten Mitmenschen. Die oberste Autorität der Kirche hat die Zurücknahme dieser beleidigenden Aussagen gefordert. Eine Umkehr ist notwendig, um in die Kirche zurückkehren zu können.

Die Umkehr ist ein christlicher Begriff. Wenn einer gesündigt hat, verurteilt die katholische Theologie deshalb nicht automatisch die ganze Gruppe, der jener Mensch angehört, sondern nur die Person selbst. Ein Mangel an Information und Kommunikation eliminiert jedoch nicht das Anliegen dieser Erklärung. Wir sind nur an der Schwelle der Diskussion über die Wiedereingliederung der Piusbruderschaft angelangt, aber wir sind noch lange nicht am Ende.

Kath.Net: In der österreichischen Kirche gibt es Diskussion rund um die Ernennung von Weihbischof Wagner in der Diözese Linz. Vor allem Meldungen des oberösterreichischen Landeshauptmanns Josef Pühringer haben hier für Verwirrung gesorgt, da er sich offensichtlich aufgeregt hat, weil angeblich Wagner nicht im Dreier-Vorschlag war. Was sagen Sie zu dieser Politikeinmischung?

Nuntius Erzbischof Edmond Farhat: Erlauben Sie mir auch hier zu sagen, daß die Diskussionen darüber zu schnellfertig geführt werden. Ich habe viele Behauptungen gelesen, deren kritische Äußerungen nicht überzeugend sind. Ich habe den Eindruck, daß man einen Angeklagten verurteilt, ohne daß man gravierende Gründe gegen ihn vorbringen kann.

Der Prozeß der Ernennung eines Bischofs ist sehr lange und komplex. Wenn man während dieses Prozesses keine Namen und keine Details über die in Frage kommenden Personen nennt, geschieht das nur aus Respekt vor der Person. Wenn eine Person in diesem genauen Moment für diesen genauen Ort ausgewählt wurde, heißt das aber nicht, daß die anderen für die Ausführung dieses bestimmten Amtes nicht würdig und fähig wären.

Der Nuntius sammelt Informationen und Unterlagen, indem er eine Reihe von Bischöfen, Priestern und Laien über den Kandidaten befragt. Er schickt diese vollständigen Informationen nach Rom, wo eine Kommission von Kardinälen und Bischöfen ganz objektiv die aktuelle Situation beurteilt, die einzelnen Personen in Betracht zieht und dem Papst die Person empfiehlt, die ihrer Meinung nach die Geeignetste ist.

Die Nominierung eines Bischofs wird nicht im Alleingang gemacht, und ein Weihbischof wird nie ernannt, wenn er nicht von seinem Ortsbischof vorgeschlagen wurde. Seine Funktion ist „auxiliaris“, das heißt „helfend“, und das ist nur möglich, wenn es vom Ortsbischof gewünscht ist.

Wenn der Herr Landeshauptmann Pühringer besser die Komplexität des informativen Prozesses für die Auswahl eines Bischofs oder Weihbischofs gekannt hätte, hätte er nicht so reagiert. Der Herr Landeshauptmann sollte doch wissen, wie gut der Papst Österreich kennt.

Kath.Net: Innerhalb der Kirche hat die letzten Tage immer wieder Paul Zulehner scharfe Kritik an Papst Benedikt XVI. geäußert. In der Presse bezeichnete er die Ernennung als „kirchenpolitisch falsch und pastoral höchst schädlich“. Das ganze sei „ein Signal der Selbstzerstörung“, führe zu „Schrumpfen und Ghettoisierung“ und zu „weiterem Verlust der bischöflichen Autorität“. Die Kirchenleitung zeigt für Zulehner einen unglaublichen „Hang zur Selbstzerstörung“. Was sagen Sie zu diesen Angriffen des Priesters der Erzdiözese Wien?

Nuntius Erzbischof Edmond Farhat: Ich bewundere die große Anzahl der kritischen Wortmeldungen von Publizisten, Theologen und Professoren, die anläßlich der Ernennung des neuen Weihbischofs von Linz in den Medien getätigt wurden. Ehrlichgesagt vermisse ich dabei aber theologische, philosophische oder pastorale Argumente. Man spricht viel vom „Konzil“, aber man zitiert wenig die Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils.

In diesen Tagen sind viele Kritiken gegen den Papst und gegen die Kirche geäußert worden, vor allem auch bezüglich der Ernennung des neuen Weihbischofs von Linz, der als „konservativ“ eingestuft wird. Wenn diese Kritiken geäußert werden, weil der Priester jeden Tag die heilige Messe liest, die Beichte hört und er selbst die Taufen spendet, die Kranken besucht und die Sterbenden begleitet, oder auch ein Wort der Hoffnung und der Ermutigung spricht, und man meint, daß er zu konservativ ist und sein Handeln den Lehren des Konzils widerspricht, dann möchte ich gerne die gelehrten Professoren bitten, sich besser zu erklären und mir die Texte des Konzils, die dagegen sprechen, zu nennen.

Um wieder zur Ernennung des Weihbischofs von Linz zurückzukehren, die diese belebte Diskussion ausgelöst hat, würde ich gerne mit den Worten des Hochwürdigsten Herrn Erzbischof von Wien, Kardinal Christoph Schönborn enden, der gesagt hat: „Er führt hervorragend seine Pfarre. Hat besten Kontakt zur Jugend. Die Leute mögen ihn. Die Kirche ist voll. Was will man mehr?“

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