'In letzter Instanz befindet der Papst'

19. Februar 2009 in Aktuelles


Der Kirchenrechtler P. Markus Graulich SDB erklärt, warum die Rücknahme der Ernennung von Gerhard Wagner "kirchenrechtlich einzigartig" sei und jetzt alles vom Papst abhänge.


Vatikan (www.kath.net / RV) Es sei „kirchenrechtlich einzigartig“, dass ein Bischof den Papst bitte, seine Ernennung zurückzunehmen. Das meinte der in Rom lehrende Kirchenrechtler P. Markus Graulich SDB im Gespräch mit Radio Vatikan. So eine Situation habe es noch nie gegeben und sie sei „rechtlich schwer fassbar“ meint er.

„Ich kenne Mitbrüder, die eine Ernennung abgelehnt haben; das ist ein Vorgang den es häufiger gibt. Aber dass jemand darum bittet, seine Ernennung zurückzunehmen, wüsste ich nicht, dass es schon mal passiert ist. Und es ist rechtlich schwer fassbar, denn ich kann nicht von einem Amt zurücktreten, das ich noch nicht habe.“

Graulich: „In dem Fall ist es auch kein Rücktritt, sondern er bittet den Papst, von der Ernennung Abstand zu nehmen. Und dazu haben wir bisher keine Reaktion des Papstes, die uns bekannt ist. Aus den Reaktionen von Bischof Schwarz können wir schließen, dass man damit rechnet, dass es so genehmigt wird, aber der Papst ist frei in diesen Dingen.“

Wie funktioniert eine Bischofsernennung?

Wie funktioniert eigentlich eine Bischofsernennung in Österreich? „In letzter Instanz befindet über jeden Bischof der katholischen Weltkirche der Papst“, erklärte P. Graulich.

„Normalerweise folgt man dem allgemeinen Kirchenrecht, in bestimmten Ländern ist die Ernennung von Bischöfen in Konkordaten geregelt – so auch in Österreich. Allerdings: die Bestimmungen im Konkordat beziehen sich nicht auf Weihbischöfe, sondern ausschließlich auf Diözesanbischöfe.“

Graulich: „Ausnahmen gibt es nur im Hinblick auf die Diözesanbischöfe, und für die Weihbischöfe gilt – in Österreich – das allgemeine Kirchenrecht.“ Im allgemeinen Kirchenrecht heißt es zur Ernennung von Weihbischöfen, „dass der Diözesanbischof, der der Meinung ist, seine Diözese braucht einen Weihbischof, dem Heiligen Stuhl drei Priester vorschlägt, die er dafür als geeignet empfindet, und der Heilige Stuhl kann aus dieser Liste auswählen, er kann aber auch aus anderen Listen auswählen, die ihm schon vorliegen.“

Listen bleiben in Evidenz

Auch diese „anderen Listen“, auf denen Namen möglicher zukünftiger Weih- oder Diözesanbischöfe stehen, sind vom Gesetzbuch der Kirche geregelt. Graulich: „Es gibt im Kirchenrecht die Vorschrift, dass jede Bischofskonferenz alle drei Jahre unabhängig von einem konkreten Amt – Diözesan- oder Weihbischof – dem Heiligen Stuhl Namen nennt von Priestern, die grundsätzlich geeignet sind, Bischof zu werden. Es kann aber auch jeder einzelne Diözesanbischof dem Heiligen Stuhl nochmals Listen einreichen, die nicht identisch sein müssen.“

Diese Kandidaten bleiben mitunter lange in Evidenz, sagt der Kirchenrechtler. Eine Regel, wonach ein Kandidat fürs Bischofsamt ausscheidet, wenn beispielsweise der ihn vorschlagende Diözesanbischof sein Amt nicht mehr innehat, gibt es nicht.

„Diese Listen bleiben zunächst da, und es kommt darauf an, wie oft diese Namen auftauchen. Es kann ja sein, dass eine Bischofskonferenz Namen immer wieder vorschlägt oder einzelne Bischöfe Namen immer wieder ins Gespräch bringen. Solange diese Namen auf Listen stehen, die aktuell sind, können sie in Erwägung gezogen werden, unabhängig davon, ob die Kandidaten des konkreten Diözesanbischofs, der nach reiflicher Überlegung zu dem Entschluss gekommen ist, dass seine Diözese einen Weihbischof braucht, nun auf dieser Liste auch draufstehen.“

Die Rolle des Nuntius

Eine besondere Rolle komme beim Vorgang der Bischofsernennung dem Nuntius zu, erinnert P. Graulich. Der päpstliche Diplomat hat den so genannten Informativprozess zu führen. Auch dieser ist im Kirchenrecht geregelt.

„Der Nuntius muss bestimmte Gremien hören, zum Beispiel die Bischöfe oder einen Teil des Priesterrates, der aber in Deutschland und Österreich aus geschichtlichen Gründen durch das Domkapitel ersetzt ist. Der Nuntius kann andere Priester aus dem Welt- und Ordensklerus sowie auch Laien hören. Ihnen allen legt er eine Fragenliste über den Kandidaten vor, über seine Lebensumstände und seine Lebensführung, seine Haltung im Hinblick auf das Lehramt des Papstes, auf Fragen von Moral, von Lehre, von Disziplin, ob er zum Beispiel Priesterkleidung trägt. Insofern als der Heilige Stuhl das nicht direkt machen kann, kommt dem Nuntius da eine bedeutende Rolle zu, denn er wählt diese Personen ja aus, die er befragt.“

Um das Bild von einem Bischofskandidaten abzurunden, könne der Nuntius auch etwa Zeitungsinterviews des Betreffenden studieren, meint P. Graulich.

„Sagen wir so, wenn ich Nuntius wäre, würde ich das tun. Denn ich vergleiche es mit unseren Ernennungen hier in Rom. Wenn wir zum Professor ernannt werden, werden wir ja auch geprüft vom Heiligen Stuhl, ob wir an einer päpstlichen Universität unterrichten können, und es wird jede Zeile, die wir geschrieben haben, vorgelegt. Und ich denke, dass das Amt des Bischofs nochmals anders gewichtet ist als das Amt eines Universitätsprofessors. Zu Publikationen gehören auch öffentliche Äußerungen.“

Im Fall einer Bischofsernennung laufen die Informationen – sofern es sich nicht um ein Missionsland handelt – zwischen der Nuntiatur und der römischen Bischofskongregation, die solche Ernennungen für den Papst aufbereitet. Das Staatssekretariat ist nicht zwischengeschaltet. Die letzte Entscheidung liegt beim Papst selbst.


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