Theologe: Sonntag geht im Wochenende unter

18. Juni 2009 in Aktuelles


Bisherige Traditionen wie die Sonntagsmesse um 9 Uhr früh passten nicht in den Rhythmus des typischen Wochenendmenschen, meint Guido Fuchs (Würzburg).


München (www.kath.net / apd) Der Samstag hat einer Studie des Würzburger katholischen Theologen Guido Fuchs zufolge den Sonntag als Höhepunkt der Woche abgelöst. "Der Sonntag ist der Tag, an dem man sich ausruht, auf der Heimfahrt im Stau steht oder - als Alleinstehender - depressiv wird", erklärte der Liturgiewissenschaftler am 16. Juni in Würzburg. Der "Tag des Herrn" gehe förmlich im Wochenende unter.

Am Samstag dagegen spiele sich die Freizeit ab, die Menschen kauften ein, machten Ausflüge oder feierten. Das geht aus einer von Fuchs initiierten Umfrage unter mehr als 300 katholischen Pfarrgemeinden in Deutschland hervor.

Im Jahr 1976 sei das Aus für die "sonntägliche Sonderrolle in Deutschland" für Alle zum ersten Mal sichtbar geworden. In diesem Jahr wurde die DIN-Norm 1355 in Kraft gesetzt. Darin sind die Jahreslänge(n), die Schaltregeln, die Monats- und Wochentagsnamen, die Schreibweisen 'vor Christus' und 'nach Christus' und die Jahreszählung sowie die Wochenzählung festgelegt.

Sie sind in weitgehender Übereinstimmung mit dem Gregorianischen Kalender und gehen nur in solchen Dingen darüber hinaus, in denen der Gregorianische Kalender keine Aussagen macht.

Seitdem steht der Sonntag in allen offiziellen Kalendern am Ende der Woche und nicht - wie Jahrhunderte lang zuvor - am Anfang. Der Protest der Kirchen gegen diese Degradierung hatte keinen Erfolg gehabt. „Als eines der wenigen Zugeständnisse konnten sie nur erreichen, dass zumindest in kirchlichen Fest- und Namenstagskalendern weiterhin der Sonntag als Wochenbeginn festgehalten wird“, sagt Guido Fuchs.

Im Bewusstsein der meisten Menschen endet die Woche mittlerweile am Sonntag. Die Vorstellung, das habe auch im christlichen Sinne seine Richtigkeit, weil ja schon die Bibel, sagt dass sich „Gott am siebten Tage ausruhte“, auf einer Fehlinterpretation beruht.

„Damit ist der siebte Tag in der Tradition des jüdischen Kalenders gemeint; also der Sabbat, beziehungsweise Samstag“, erklärt Fuchs. Und somit beginnt für beide Religionen die Woche selbstverständlich am Sonntag.

Die Kirchen müssten diesem veränderten Freizeitverhalten mit ihren Angeboten Rechnung tragen, forderte der Wissenschaftler. Bisherige Traditionen wie die Sonntagsmesse um 9 Uhr früh passten nicht in den Rhythmus des typischen Wochenendmenschen.

Die Kirchen stünden vor der Herausforderung, sich für diese Zeiteinteilung zu öffnen, „wenn sie verhindern wollen, dass ein Gottesdienstbesuch demnächst als kulturelle Verhaltensanomalie betrachtet wird“, meinte der Theologe.


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