12. November 2009 in Österreich
Ausstellung über stillende Gottesmutter zeigt Aspekte der Kunstgeschichte und der Volksfrömmigkeit, will aber auch die Bedeutung des Stillens vermitteln
Wien (kath.net/PEW)
Das Wiener Dommuseum präsentiert in der großen Sonderausstellung "Maria lactans - Die Stillende in der Kunst" rund 70 Werke zu einem "zentralen Thema der Menschheitsgeschichte": die stillende Mutter anhand von Darstellungen der Gottesmutter mit dem Jesuskind an der Brust.
Das Motiv der Maria mit der unbefangen entblößten Brust mag manche durch seine Freizügigkeit überraschen, finde sich aber quer durch die Kunst- und auch Religionsgeschichte, sagt der Direktor des Dommuseums, Bernhard Böhler, am Dienstag bei einer Presseführung. Dementsprechend reichen die Exponate von der den Horusknaben stillenden Isis, laut Böhler Vorbild der christlichen Ikonographie, bis zu modernen Darstellungen stillender Mütter und Madonnen bei Picasso, Armin Horovitz oder Michael Fuchs, dessen Gemälde erst vor drei Wochen fertig wurde.
Die Ausstellung sei durch Gert Czermark angeregt worden, berichtete Böhler. Gert Czermak ist der Sohn des großen Wiener Kinderarztes und Still-Befürworters Hans Czermak (1913-1989). Eine kleiner Abschnitt der Sonderausstellung ist sozialpädiatrischen Themen gewidmet.
Schwerpunkt der Schau sind Bilder der stillenden Gottesmutter aus dem Raum Wien und Niederösterreich. Aus den zirka 70 Exponaten ragen die beiden in Wien existierenden Darstellungen der stillenden Madonna aus der Werkstatt von Lucas Cranach dem Älteren heraus: eine aus dem Kapuzinerkloster in Wien, die nun erstmals seit Jahrhunderten außerhalb des Konvents präsentiert wird, die andere aus der Schausammlung des Dommuseums. Auch von den anderen gezeigten Werken der Malerei, Grafik und des Kunstgewerbes werden viele zum ersten Mal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Leihgeber der Schau waren u.a. das Kunsthistorische Museum, das Wiener Volkskundemuseum sowie einige Ordensgemeinschaften in und um Wien.
Gerade für hilfesuchende Frauen sei das Motiv der stillenden Madonna an Wallfahrtsorten von großer Bedeutung gewesen, erläuterte Ausstellungskurator Franz Groiß. Der Volkskundler folgte bei der Gestaltung dem Ziel, anhand der gezeigten bildlichen Darstellungen und der ausgewählten Objekte der Volksfrömmigkeit die gesamte Breite des Themas abzudecken und auch den Bedeutungswandel im Laufe der Jahrhunderte zu illustrieren. Die entblößte Brust Marias sei etwa oft verknüpft mit dem Motiv der Barmherzigkeit für die Sünder erbittenden Schutzmantelmadonna.
Die Ausstellung "Maria lactans - Die Stillende in der Kunst" ist bis 27. Februar 2010 im Wiener Dommuseum (Stephansplatz 6, 1010 Wien) zu sehen. Feierlich eröffnet wurde sie am Dienstagabend im Beisein des Abtes von Heiligenkreuz, Gregor Henckel-Donnersmarck, dessenOrdensgemeinschaft der Zisterzienser laut Bernhard Böhler ein besonderes Nahverhältnis zum Motiv der stillenden Gottesmutter hat: Ordensgründer Bernhard von Clairvaux erhielt der Legende nach durch einen Milchstrahl der "Maria lactans" die Gabe der Beredsamkeit, dargestellt ist diese Szene auf einem berühmten Gemälde des spanischen Barockmalers Bartolome Murillo.
Ein wichtiges Anliegen der Ausstellung ist es, die Bedeutung des Stillens zu vermitteln. Es geht dem Dommuseum auch darum, "über die Liebe der Gottesmutter zum Jesuskind diese besonders innige Beziehung am Lebensbeginn des Menschen prototypisch zu veranschaulichen". Im Wiener Domverlag erscheint demnächst das Buch "Die Stillende in Kunst und Alltag", in dem das Stillen aus kunstgeschichtlicher, kinderärztlicher, theologischer und gesellschaftspolitischer Sicht beleuchtet wird.
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