Das Licht für Osteuropa?

28. November 2009 in Chronik


Nach dem Zusammenbruch des Eisernen Vorhangs entfaltete sich die Freimaurerei im ehemaligen kommunistischen Machtbereich mit großer Geschwindigkeit - Von Professor Rudolf Grulich / Die Tagespost.


Würzburg (kath.net/Die Tagespost)
Nach der Etablierung der sowjetischen Macht infolge des Zweiten Weltkrieges waren die Freimaurerlogen in allen kommunistischen Satellitenstaaten bald verboten worden, wo sich die Freimaurer nach der nationalsozialistischen Unterdrückung erst wieder etabliert hatten.

In Ungarn erfolgte das Verbot erst im Jahre 1950, in der Tschechoslowakei sogar erst 1951. In vielen Fällen kam es dann schon bald zu Logengründungen im politischen Exil. Tschechische Logen, die es bereits im Zweiten Weltkrieg in London gab und der auch Mitglieder der Exilregierung von Edvard Beneš (so der Außenminister Jan Masaryk) angehörten, entstanden in Mannheim und München, eine polnische Loge „Copernicus“ gab es schon seit dem Zweiten Weltkrieg in Paris, wo es auch rumänische Logen gab.

Fürsten und Zaren als Logenbrüder

Die erste anerkannte Loge in einem kommunistischen Staat wurde bereits 1961 in Warschau durch die „Lichteinbringung“ errichtet, wie der maurerische Terminus für die Gründung einer Loge heißt. Sie nannte sich „Kopernik“ und kooperierte seit 1963 mit der gleichnamigen polnischen Pariser Exil-Loge. Ein echter Neubeginn setzte aber auch in Polen erst 1991 ein.

Diese Neugründungen im Osten sind kein Geheimnis, sondern sind in der Freimaurerliteratur nachzulesen, auch in der Zeittafel der Geschichte der Freimaurerei im neuen überarbeiteten „Internationalen Freimaurerlexikon“. Das 951 Seiten umfassende und seit 2000 überarbeitet vorliegende Lexikon verdient Beachtung, weil es in zahlreichen Stichworten eine Fülle von Fakten liefert, gerade über Einzelpersonen, Orte und Geschehnisse, die mit der Freimaurerbewegung in der Ländern Ostmittel-, Ost- und Südosteuropas zusammenhängen.

Die Geschichte der freimaurerischen Logen in Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa im 18. und 19. Jahrhundert ist relativ gut dokumentiert, auch für Griechenland und die Türkei. Die Grenzveränderungen durch die Balkankriege 1912/13, der Zerfall der Großreiche Österreich-Ungarn, Russland und der Osmanischen Türkei 1918 und die Entstehung neuer Staaten nach dem Ersten Weltkrieg spielen dabei eine ebenso wichtige Rolle wie das Deutschtum als wichtiger kultureller Faktor in Osteuropa.

So gab es deutsche Logen im Sudetenland und in der Slowakei, in Polen, in Ungarn, in Russland und im Baltikum, wo bereits 1766 Herder in Riga in die Loge „Zum Schwert“ aufgenommen worden war. In Belgrad war schon Ende des 18. Jahrhunderts noch in türkischer Zeit eine Loge entstanden, welcher der türkische Pascha Hadschi Mustafa ebenso angehörte wie der orthodoxe Metropolit Methodius, aber auch der spätere Führer im ersten serbischen Aufstand Janko Katic und der spätere griechische nationale Märtyrer und Dichter Konstantin Rhigas.

In verschiedenen Ländern waren Könige und Fürsten Logenmitglieder, so die russischen Zaren Peter III., Paul I. und Alexander II., in Bulgarien Fürst Alexander I. von Battenberg, in Polen noch vor den Teilungen des Landes die Könige Stanislaus I. und Stanislaus II. August Poniatowski.

Die Bedeutung der Freimaurerei für die Entwicklung in Ostmitteleuropa wird widersprüchlich gesehen. Verschwörertheorien unterstellten nach 1918, dass sowohl der Mord am Thronfolger Franz Ferdinand 1914 als auch die Entstehung Jugoslawiens und der Tschechoslowakei 1918 ein Werk der Freimaurer seien, die mit Österreich-Ungarn die letzte katholische Großmacht zerstören wollten.

Interessant ist, dass ein „Maurerisches Vokabularium“ im Anhang des Internationalen Freimaurerlexikons vom Jahre 2000 ebenso wie die Erstausgabe von 1932 neben den Weltsprachen Französisch, Englisch, Spanisch und Deutsch auf den Seiten 935 und 937 auch die Maurertermini und ihre Fachsprache in Tschechisch aufführt, obgleich sonst Tschechisch nicht gerade eine Weltsprache ist.

Aber Namen wie Eduard Beneš oder Jan Masaryk als im Lexikon vorgestellte Freimaurer geben ebenso zu denken wie Hinweise auf Logen vor dem Zweiten Weltkrieg, als es zum Beispiel im Sudetenland Logen in Saaz und Reichenberg, Brünn, Bodenbach, Aussig und anderen Orten gab.

Andererseits wird in diesem Lexikon ein umfangreiches Buch über die Freimaurer wie „Die Freimaurerei bei den Kroaten“ des Kroaten Ivan Mužic, das in kroatischer Sprache schon in siebter Auflage vorliegt, systematisch verschwiegen. Mužic hat die erste Auflage 1983 in einem katholischen Verlag im dalmatinischen Split veröffentlichen können.

Von Auflage zu Auflage erweiterte er das Werk „Die Freimaurerei bei den Kroaten“ und konnte dabei auch Archive der Freimaurer benutzen, die nach der Auflösung der Logen von der Geheimpolizei UDBA nach Belgrad gebracht worden waren. Nach 1991 brachte er in den erweiterten und ergänzten Auflagen interessante Fakten über den maurerischen Neubeginn nach der Selbstständigkeit Kroatiens mit Kapiteln über den seligen Kardinal Stepinac und seine Verurteilung des Freimaurertums.

Als der damalige Erzbischof Frane Franic von Split 1984 dem polnischen Papst die erste Auflage des Buches überreichte, erhoffte sich Johannes Paul II. bald eine Übersetzung in eine Weltsprache. Dass dies nötig sei, betonte der Papst auch gegenüber dem als Speckpater bekannten Gründer des Hilfswerkes Kirche in Not/Ostpriesterhilfe, P. Werenfried van Straaten. Eine solche Übersetzung in eine westliche Sprache steht bis heute aus.

Negatives Urteil der Kirche ist unverändert

Als 1983 das neue Kirchliche Gesetzbuch, der Codex Juris Canonici (CIC) der Katholischen Kirche in Kraft trat, wurde die Freimaurerei nicht mehr ausdrücklich unter den Vereinen genannt, deren Zugehörigkeit für einen Katholiken unter Strafe gestellt wird. Es gilt seit 1983 nur ein generelles Verbot für die Mitgliedschaft in Vereinigungen, die gegen die Kirche arbeiten.

Das hatte damals zu verschiedenen Meinungen darüber geführt, ob die Zugehörigkeit zur Freimaurerei einem Katholiken erlaubt sei. Der CIC vom Jahre 1917 hatte im Canon 2335 noch für Katholiken die Exkommunikation vorgesehen, die einer freimaurerischen Vereinigung beitraten. Der Canon 2336 sah spezielle Strafbedingungen für Priester und Ordensleute vor, die gegen Canon 2335 verstießen. Wegen der Exkommunikation wurden die Freimaurer auch in den Canones über das Erbrecht, über die Verweigerung kirchlicher Begräbnisse und beim Ausübungsverbot des Patronatsrechtes genannt.

Schon während des Zweiten Vatikanums plädierten verschiedene katholische Theologen für eine Neubewertung des beiderseitigen Verhältnisses. Damals wurde auch von einigen Großmeistern der Freimaurer die Bitte an katholische Bischöfe ausgesprochen, die katholische Position neu zu bedenken. 1968 forderte Kardinal Franjo Šeper als Präfekt der Römischen Glaubenskongregation die Nationalen Bischofskonferenzen auf, zum Verhältnis Kirche und Freimaurertum in ihrem Amtsbereich Stellung zu beziehen.

Die Gespräche in Österreich führten 1970 zur Lichtenauer Erklärung, in der die belastende Geschichte der Gegnerschaft angesprochen wurde. Die Deutsche Bischofskonferenz informierte am 12. Mai 1980 über ihre Gespräche mit den Freimaurern, musste dabei aber klar die Unvereinbarkeit von gleichzeitiger Zugehörigkeit zur katholischen Kirche und zur Freimaurerei feststellen.

Schon 1974 hatte die Römische Glaubenskongregation den Canon 2335 des CIC etwas revidiert und erklärt, er beziehe sich nur auf die Vereinigungen, die eindeutig gegen die Kirche arbeiteten. Dies war eine erste Reaktion auf die unterschiedliche regionale Beurteilung, etwa in Skandinavien, wo die Bischöfe die Mitgliedschaft von Katholiken in skandinavischen Logen für unbedenklich hielten.

Katholische Theologen, die das Freimaurertum positiv würdigten, hoben hervor, dass nur die romanischen Freimaurer stark politisch, antiklerikal und antichristlich engagiert seien, die deutschen und skandinavischen aber mehr ethisch-spekulativ orientiert, während die anglo-amerikanische Freimaurerei mehr gesellig und wohltätig sowie wenig „öffentlichkeitsscheu“ sei.

Bekanntlich erkennt die Mutterloge in London nur diejenigen Freimaurervereinigungen als regulär an, die an den „Höchsten Baumeister aller Welten“ glauben. Diese Grundlage hatten die französischen Freimaurer im 19. Jahrhundert abgeschafft, um auch Atheisten den Logeneintritt zu ermöglichen.

Einen Tag vor dem Inkrafttreten des neuen Codex 1983 erklärte Kardinal Josef Ratzinger in einer „Declaratio de associationibus massonicis“, dass das „negative Urteil der Kirche über die freimaurerischen Vereinigungen unverändert bleibt, weil ihre Prinzipien immer noch als unvereinbar mit der Kirche betrachtet werden und deshalb der Beitritt zu ihnen verboten bleibt“.

Der Kardinal betonte ausdrücklich: „Die Gläubigen, die freimaurerischen Vereinigungen angehören, befinden sich also im Stand schwerer Sünde und können nicht die heilige Kommunion empfangen.“

Das gilt auch noch heute. 1991 hat der kanadische Kardinal Edouard Gagnon, der bis 1990 Präsident des Päpstlichen Rates für die Familie war, betont, dass auch Papst Johannes Paul I. gegenüber Kardinalstaatssekretär Jean Villot die Freimaurerei „als lebendiger denn je“ sah und eine „Kraft des Bösen“ nannte. Gagnon dankte Kardinal Ratzinger für seine Entschlossenheit.

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