4. Februar 2010 in Aktuelles
Frühere italienische Senatspräsident Marcello Pera übt schwere Kritik an der Haltung der EU zum Christentum. Ergebnisse des Relativismus und Multikulturalismus sind Gettos, Spannungen, Konflikte und Fremdenfeindlichkeit
Brüssel (kath.net/KNA)
Der Philosoph und frühere italienische Senatspräsident Marcello Pera hat scharfe Angriffe gegen die Haltung der Europäischen Union zum Christentum vorgebracht. Noch immer würden Relativismus und Multikulturalismus praktiziert, auch wenn die Ergebnisse dieser Politik Gettos, Spannungen, Konflikte und Fremdenfeindlichkeit seien, beklagte Pera am Mittwoch im Europaparlament. Er warf den politischen und intellektuellen Eliten der EU einen Abfall vom Christentum vor. Dadurch könnten die großen Probleme in Europa nicht gelöst werden.
Pera nannte als Beispiele unter anderem die Weigerung, die christlichen Wurzeln Europas in den neuen EU-Vertrag aufzunehmen sowie die 2005 erfolgte Ablehnung des designierten italienischen Kommissars Rocco Buttiglione wegen seiner Haltung zu homosexuellen Partnerschaften. Alle EU-Staaten hätten bei Abtreibung, Sterbehilfe, Eugenik und Embryonenforschung Gesetze, die christlichen Traditionen widersprächen. Heimlich habe die EU zudem das Recht auf homosexuelle Partnerschaften in die EU-Grundrechtecharta eingefügt.
Der italienische Philosoph warf der EU vor, beim Dialog mit dem arabischen Raum die Forderung nach Gegenseitigkeit aufgegeben zu haben. Ein interreligiöser Dialog sei ohnehin unmöglich, so Pera. Ein interkultureller Dialog müsse aber auch scheitern, wenn die EU nicht bereit sei, die christliche Flagge hochzuhalten.
Pera äußerte sich bei einem Seminar der christdemokratischen EVP-Fraktion. Bei der gleichen Veranstaltung warf der irische Journalist David Quinn der EU vor, durch ihre Antidiskriminierungsregeln nationale Gesetze auszuhöhlen. So würden etwa familienrechtliche Bestimmungen ausgehebelt, wenn der Europäische Gerichtshof Hinterbliebenrenten auch gleichgeschlechtlichen Paaren zuspreche. Die EU müsse Schluss damit machen, das Antidiskriminierungsrecht über alle anderen Rechte wie etwa die Religionsfreiheit zu stellen.
Europaparlaments-Vizepräsident Pal Schmitt rief dazu auf, konkrete Vorschläge für den im neuen EU-Vertrag vorgesehenen Dialog mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften zu machen. Bislang habe keine der Religionsgemeinschaften konkrete Vorschläge unterbreitet, wie der Dialog geführt werden solle. Der ungarische EVP-Politiker unterstrich, ein Dialog könne keine einseitige Veranstaltung sein, sondern müsse «in zwei Richtungen funktionieren».
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