9. März 2010 in Spirituelles
Fortjagen solle man die unzüchtigen Priester, denn es sei besser, dass gar keine Messe gefeiert werde, als dass Hurenhände den Leib des Gottessohnes berührten - Ein kath.net-Kommentar von Monika Metternich und Barbara Wenz
Rom-München (kath.net)
Pornos und Männerknutschen im Priesterseminar. Sadistische Gewalt, sexuelle Übergriffe, Vergewaltigung von Jungen in katholischen Schulen. Seminaristen als Callboys. Macht, Geilheit, Gier. Das ist das Bild unserer Kirche in diesen Tagen. Man möchte sich abwenden und schreien vor Scham und Zorn. Keine leichte Zeit für unsere Bischöfe. Es ist auch keine leichte Zeit für alle Priester, die vorbildliche Diener Christi sind. Und es ist auch keine leichte Zeit für uns Laien, die wir unsere Kirche lieben und derart beschmutzt und ramponiert sehen müssen.
Vor Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat und als Briefe von katholischen Laien noch bei Bischöfen ja sogar beim Papst persönlich ankamen, schrieb eine Frau, Caterina von Siena, an Papst Urban VI: Bester Vater, die Welt kann nicht mehr weiter. So sehr haben sich die Laster gehäuft, besonders bei jenen, die im Garten der heiligen Kirche als duftende Blumen gepflanzt worden sind, um den Duft ihrer Tugenden auszuatmen. Statt dessen müssen wir sehen, wie sie angefüllt sind mit elenden und ruchlosen Lastern, mit denen sie die ganze Welt verpesten. Ach, wo bei ihnen ist noch Reinheit des Herzens und vollendete Ehrenhaftigkeit zu finden?
Ja, ach, wir ächzen mit der großen Heiligen, die gerade einen schwachen Moment gehabt haben muss, als sie diese Zeilen schrieb. Denn Caterina war sonst nicht so zimperlich, wenn sie der Furor angesichts der Missstände im Klerus ergriff. Sie soll den Pornopriestern sogar im Namen Gottes den Tod an den Hals gewünscht haben.
Auch die heilige Birgitta von Schweden konnte angesichts des Problems äußerst kategorisch werden: Fortjagen solle man die unzüchtigen Priester, denn es sei besser, dass gar keine Messe gefeiert werde, als dass Hurenhände den Leib des Gottessohnes berührten. Und schließlich beklagte schon die heilige Hildegard von Bingen, dass die Herren der Kirche viel lieber in die Höhle ihrer Lust fliehten, als Gottes Werk zu tun. Was anzeigt, dass dem ganzen Problem doch eine gewisse Zeitlosigkeit innewohnt.
Betrachtet man die politisch unkorrekten Kommentare der mittelalterlichen Klerusbasherinnen genauer, so stellt man fest, dass sie rundweg in der Gottvergessenheit dieses Standes die Ursache sehen. Und nicht im System, im Zeitgeist, beim Zölibat oder der unlebbaren Sexualmoral der Kirche, die sie im Übrigen, wie alle heiligen Frauen, mit spielerischer Leichtigkeit - jedenfalls im Vergleich zu manchen ihrer männlichen Zeitgenossen - , lebten.
Mehr noch, diesen Frauen ging es nicht um die Abwicklung eines bedauerlichen, innerkirchlichen Betriebsunfalls, überzeugende Pressekonferenzen, und auch nicht um Entschuldigungen: Es ging ihnen zuallererst um Gott und seine heilige Kirche, den mystischen Leib Christi, den sie befleckt, geschändet und entstellt sahen.
Und weil es schon immer leichter war, den hohen Anspruch abzuschaffen, um so desto gewissenloser treiben zu können, was immer man auch will, dachte man schon lange vor Luther über die Abschaffung des Zölibats nach.
Die heilige Birgitta von Schweden beschied einem Erzbischof, der meinte, es sei besser, das Ehelosigkeitsgelübde abzuschaffen, um die Menge der Skandale aus der Welt zu schaffen, namens und im Auftrag der allerseligsten Jungfrau Maria folgendes: Ein Papst, der solches unternähme, dessen Seele würde nach seinem Tode zur ewigen Pein in die Hölle verstoßen, um dort auf ewig eine Speise der Dämonen zu sein. Amen! Die heilige Gottesmutter hat gesprochen!
Seit bald schon tausend Jahren schlagen sich die europäischen heiligen Frauen mit dem Problem des versoffenen, verhurten und Knaben schändenden Klerus herum. Liest man ihre Äußerungen und Prophezeiungen, so spürt man auch heute noch, von welch gigantischem heiligem Zorn sie ergriffen gewesen sein müssen. Ein Zorn, der auch bei erheblich weniger Heiligen heute den entzündeten Nerv der Kirche trifft. Die Bischöfe wären gut beraten, wenn sie sich dieser Tage die Briefe der hl. Caterina nicht nur auf die Nachttische legten, sondern sie auch intensiv studierten.
Gegen die Selbstsucht, gegen die Geilheit, gegen den Hochmut und das Laster im Klerus empfahl die italienische Asketin bereits Papst Gregor XI.: Da Euch der Garten der heiligen Kirche anvertraut ist, müsst Ihr zuallererst die stinkenden Blumen ausrotten, die voll Unreinheit sind, voll Gier und aufgeblasen von Stolz. Denn diese vergiften Gottes heiligen Garten und lassen ihn verkommen. Pflanzt duftende Blumen in diesen Garten: Hirten und Verwalter, die wahre Diener des Gekreuzigten sein wollen, die auf nichts anderes Bedacht sind als die Ehre Gottes und das Heil der Seelen!
Get religion! Genug gelehrte Theologentheorien haben wir gehört vom Bösen als Metapher und von Gott als prozesstheologisches work in progress. Wir stehen jetzt fassungslos vor dem sehr konkreten Bösen, das von viel zu vielen einzelnen Männern der Kirche verübt wurde und vielerorts noch wird. In einer Attitüde, die, wie Hildegard von Bingen anklagt sich anmaßend selbst das Gesetz gibt, so als ob jeder sein eigener Gott sei und wohlfeil vergessen zu haben scheint, dass für den, der diesen Kleinen etwas antut, selbst das Ersäufen mit Mühlstein am Hals im Meer noch eine angenehme Alternative zum göttlichen Gericht darstellen würde. Angesichts dieser Dimension reicht es nicht hin, Reportern auf Pressekonferenzen Wir entschuldigen uns bei den Opfern ins Mikro zu diktieren und bei Talkshows den tieferen Sinn des zölibatären Sublimierens zu erörtern. Noch einmal Caterina, die zornige Mystikerin: Hier darf man nicht [ ] gleichgültig bleiben gegenüber den Gott zugefügten Beleidigungen. Denn sonst geben wir uns den Anschein des Einverständnisses mit jenen Lastern.
Wer sonst als seine Kirche sollte auch besser wissen, WER zusammen mit den Opfern missbraucht wurde: Was ihr den geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan!
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