Die selbstgerechte Hybris von Hans Küng

22. April 2010 in Deutschland


Die deutschen Bischöfe haben eine Schutz- und Fürsorgepflicht für ihre Herde und sollten auf den Aufruf zum Schisma von Hans Küng reagieren - Ein Kath.Net-Kommentar von Rektor Andreas Thiermeyer / Bistum Eichstätt


Eichstätt (kath.net)
Unter der großen Überschrift „Verpasste Gelegenheiten“ wird zunächst sattsam Bekanntes in der Küng’schen Sichtweise gegen die römische Kirche und den Papst angeführt: Enttäuschte Hoffnungen, verpasste Gelegenheiten und ungenützte Chancen gegenüber den evangelischen Kirchen, den Juden, den Muslimen, den Urvölkern Lateinamerikas. Aufgeführt werden ferner die vertanen Chancen im Umgang mit Aids, mit der Sexualmoral, mit den modernen Humanwissenschaften und vor allem mit dem Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils und seinen Reformmöglichkeiten.

H. Küng versucht sodann die Bischöfe für sich zu gewinnen, indem er den Papst direkt anklagt: -„Immer wieder relativiert dieser Papst die Konzilstexte und interpretiert sie gegen den Geist der Konzilsväter nach rückwärts“, er hat „illegal ordinierte Bischöfe der traditionalistischen Pius-Bruderschaft, die das Konzil in zentralen Punkten ablehnen, ohne Vorbedingungen in die Kirche aufgenommen“, … er „fördert mit allen Mitteln die mittelalterliche Tridentinische Messe und feiert selber die Eucharistiefeier gelegentlich auf Latein mit dem Rücken zum Volk“, … er „hat durch Ernennung antikonziliarer Chefbeamter … und reaktionärer Bischöfe in aller Welt die antikonziliaren Kräfte in der Kirche gestärkt. … Durch erneute barocke Prachtentfaltung und medienwirksame Manifestationen versucht man in Rom eine starke Kirche mit einem absolutistischen "Stellvertreter Christi" zu demonstrieren, der legislative, exekutive und judikative Gewalt in seiner Hand vereint“. Papst Benedikt XVI. wird so nebenbei auch noch ein „Vertuschungssystem von klerikalen Sexualvergehen“ anzuhängen versucht, und die Zölibatsfrage darf dabei auch nicht fehlen. Und H. Küng fasst seine Meinung zusammen: „Benedikts Restaurationspolitik ist gescheitert“.

Im Hauptteil des Briefes macht H. Küng sechs Vorschlägen an die Bischöfe, in der Überzeugung, „dass sie von Millionen von Katholiken, die keine Stimme haben, mitgetragen werden“: 1. Nicht schweigen gegenüber Rom, 2. Reformen anpacken auch gegen Rom, 3. In Kollegialität vorgehen, wenn nötig mit den Gläubigen gegen Rom, 4. Gehorsamseid bei der Bischofsweihe - uneingeschränkter Gehorsam ist allein Gott geschuldet, 5. Regionale Lösungen anstreben für die berechtigten Forderungen aus Episkopat, Priesterschaft und Laienschaft, 6. Ein Konzil fordern: zur Lösung der jetzt dramatisch aufgebrochenen Reformprobleme.

Wie ist dieser Brief von Prof. H. Küng zu bewerten?

1. Es ist macht einfach immer wieder betroffen, zu sehen, wie ein so gescheiter und fähiger Mann, der einmal so hoffnungsvoll als Theologe, auch auf dem II. Vatikanum, gewirkt hat, sich am Ende seines Lebens so in seiner selbstgerechten Hybris versteigen kann.

2. Dieser Brief ist weltweit an die deutsch-, italienisch-, französisch- und englischsprachigen Bischöfe und Gläubigen (Süddeutsche Zeitung, La Repubblica, El País, Le Monde und im Vertrieb der New York Times Syndication) gerichtet.

3. Zunächst sind die deutschen Bischöfe in ihrer Verantwortung für Prof. H. Küng und seine Veröffentlichung zuständig.

4. Dieser Brief von H. Küng ist, unabhängig vom Wahrheitsgehalt einzelner Aussagen, sehr ernst zu nehmen. Die Zahl der „verführbaren“ und „beeinflussbaren“ Gläubigen ist gerade in der derzeitigen Situation der Kirche, wie die Kirchenaustrittswelle zeigt, sehr groß.

5. Auf diesen Brief nicht zu reagieren bzw. lange abzuwarten wäre falsch. Das hat die Kirche schon einmal mit den Thesen von Martin Luther gemacht. Die verheerenden Folgen sind bekannt.

6. Die Vorschläge, die H. Küng den Bischöfen macht, sind ein Aufruf, sich gegen den Papst und die römische Kirche zu stellen, um etwas Anderes und Neues zu erzwingen.

7. Ein Blick in die Kirchengeschichte genügt, um zu verstehen was Aufrufe wie „In Kollegialität vorgehen“, „Gehorsamseid gegenüber dem Papst relativieren“, „Regionale Lösungen anstreben“, „Forderung eines Konzils“ gezeitigt haben: Spaltung, Trennung, unsägliches Leid.

8. Prof. H. Küng hat ipso facto einen Pfad beschritten, den man auch als Aufruf zum Schisma bezeichnen kann. Die deutschen Bischöfe und das Kirchenrecht sollten nun möglichst zeitnah die Veröffentlichung dieses Offenen Briefes beurteilen. Sie haben eine Schutz- und Fürsorgepflicht für ihre Herde.

Dr. A.-A. Thiermeyer, Protopresbyt. mitrophor.
Rektor der Wallfahrt "Maria Heil der Kranken", Direktor des Tagungs- und Jugendhauses und
Päpstl. Konsultor für die Ostkirchen


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