Verbreitet die christliche Botschaft der Hoffnung!

6. Juni 2010 in Aktuelles


Papst feiert Gottesdienst in Nikosia: Man dürfe nicht vom «Ich», sondern müsse vom «Wir» ausgehen, um aus der «abgeschlossenen Welt der eigenen Individualität» hinauszutreten - Predigt im Wortlaut


Nikosia (kath.net/KNA) Papst Benedikt XVI. hat zum Einsatz für Versöhnung und Frieden aufgerufen. «Die Barrieren zwischen uns und unseren Nachbarn niederzureißen, ist die erste Voraussetzung, um in das heilige Leben einzutreten, zu dem wir aufgerufen sind», sagte der Papst am Sonntag bei einer Messe im Sportpalast von Nikosia. Die Menschen müssten sich von Egoismus, Habgier und Furcht befreien sowie Differenzen überwinden. Man dürfe nicht vom «Ich», sondern müsse vom «Wir» ausgehen, um aus der «abgeschlossenen Welt der eigenen Individualität» hinauszutreten.

Der Papst rief dazu auf, die christliche Botschaft der Hoffnung auch überall dort zu verbreiten, wo Konflikte herrschten. Zudem müssten die Güter der Erde großzügig mit den Bedürftigen geteilt werden.

Wörtlich sagte der Papst: "Wir dürfen nicht mehr vom „Ich“ her denken, sondern vom „Wir“. Darum beten wir immer Vater „unser“ und bitten um „unser“ tägliches Brot. Das Niederreißen der Mauern zwischen uns und unseren Nächsten ist der erste notwendige Schritt, um in das göttliche Leben einzutreten, zu dem wir berufen sind. Wir müssen von all dem befreit werden, das uns einschließt und isoliert: von Angst und Misstrauen den anderen, von Habgier und Egoismus sowie vom bösen Willen. Dann erst können wir das Risiko der Verwundbarkeit eingehen, der wir uns aussetzen, sooft wir uns für die Liebe öffnen."

An der Messe nahmen mehr als 5.000 Menschen teil. Benedikt XVI. begrüßte besonders die aus den Philippinen und aus Sri Lanka eingewanderten Katholiken Zyperns. Er bezeichnete die Einwanderer als wesentlichen Teil der katholischen Gemeinde der Insel. Sie könnten das Leben in den Gemeinden bereichern. Teile des Gottesdienstes wurden auf Arabisch, Armenisch und in der philippinischen Sprache Tagalog gehalten.

An dem Gottesdienst nahmen auch Patriarchen und Bischöfe aus dem Nahen Osten teil. Zum Abschluss stellt der Papst das Arbeitspapier für die Bischofssynode über den Nahen Osten vor, die im Oktober in Rom zusammenkommt.

Predigt im Wortlaut:

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Mit Freude grüße ich die Patriarchen und Bischöfe der verschiedenen kirchlichen Gemeinschaften im Nahen Osten, die zu diesem Anlaß nach Zypern gekommen sind, und ich danke besonders Seiner Exzellenz Youssef Soueif, dem Maronitischen Erzbischof von Zypern, für die Worte, die er zu Beginn dieser Meßfeier an mich gerichtet hat. Einen herzlichen Gruß richte ich auch an Seine Seligkeit Chrysostomos II.

Ich möchte euch auch sagen, wie froh ich bin, daß ich die Gelegenheit habe, die Eucharistie mit so vielen Gläubigen aus Zypern zu feiern, einem Land, das durch das apostolische Wirken des heiligen Paulus und des heiligen Barnabas gesegnet wurde. Euch alle grüße ich von Herzen und danke euch für die Gastfreundschaft und den großzügigen Empfang, den ihr mir bereitet habt. Einen besonderen Gruß richte ich an die Einwanderergemeinschaften von den Philippinen, aus Sri Lanka und aus anderen Ländern, die einen bedeutenden Anteil an der katholischen Bevölkerung auf dieser Insel ausmachen. Ich bete, daß eure Gegenwart hier das Leben und den Gottesdienst der Pfarreien, zu denen ihr gehört, bereichern möge und daß ihr eurerseits viel geistlichen Halt aus dem alten christlichen Erbe dieses Landes schöpfen könnt, das ihr als neues Zuhause erwählt habt.

Heute feiern wir hier Fronleichnam, das Hochfest des Leibes und Blutes unseres Herrn. Corpus Christi, der Name, den dieses Fest im Westen trägt, bezeichnet in der Tradition der Kirche drei verschiedene Realitäten: den physischen Leib Christi, der aus der Jungfrau Maria geboren wurde; seinen eucharistischen Leib, das Brot vom Himmel, das uns in diesem großen Sakrament nährt; und seinen gemeinschaftlichen Leib, die Kirche. Wenn wir über diese drei verschiedenen Aspekte des Corpus Christi nachdenken, gelangen wir zu einem tieferen Verständnis des Geheimnisses der Gemeinschaft, die jene, die zur Kirche gehören, miteinander verbindet. Alle, die in der Eucharistie den Leib und das Blut Christi empfangen, dürfen „eins werden durch den Heiligen Geist“ (Zweites Eucharistisches Hochgebet) und bilden das eine heilige Volk Gottes. So wie der Heilige Geist im Abendmahlssaal von Jerusalem auf die Apostel herabkam, so wirkt derselbe Heilige Geist auch in jeder Meßfeier auf zweifache Weise: Er heiligt die Gaben von Brot und Wein, so daß sie zum Leib und Blut Christi werden, und er erfüllt alle, die diese heiligen Gaben als Nahrung empfangen, so daß sie ein Leib und ein Geist werden in Christus.

Der heilige Augustinus beschreibt diesen Vorgang auf wunderbare Weise (vgl. Sermo 272). Er ruft uns in Erinnerung, daß das Brot nicht aus einem einzigen Korn, sondern aus sehr vielen Körnern gemacht ist. Bevor all diese Körner Brot werden können, müssen sie gemahlen werden. Damit spielt er auf den Exorzismus an, dem sich die Katechumenen vor ihrer Taufe unterziehen müssen. Jeder von uns, die wir zur Kirche gehören, muß aus der abgeschlossenen Welt seiner Individualität heraustreten und die „Kameradschaft“ der anderen annehmen, die mit uns „das Brot brechen“. Wir dürfen nicht mehr vom „Ich“ her denken, sondern vom „Wir“. Darum beten wir immer Vater „unser“ und bitten um „unser“ tägliches Brot. Das Niederreißen der Mauern zwischen uns und unseren Nächsten ist der erste notwendige Schritt, um in das göttliche Leben einzutreten, zu dem wir berufen sind. Wir müssen von all dem befreit werden, das uns einschließt und isoliert: von Angst und Mißtrauen gegenüber den anderen, von Habgier und Egoismus sowie vom bösen Willen. Dann erst können wir das Risiko der Verwundbarkeit eingehen, der wir uns aussetzen, sooft wir uns für die Liebe öffnen.

Die Weizenkörner werden, sobald sie gemahlen sind, zu einem Teig vermischt und gebacken. Das bezieht der heilige Augustinus auf das Eintauchen in das Wasser der Taufe und die daraus folgende sakramentale Gabe des Heiligen Geistes, die das Herz der Gläubigen mit dem Feuer der Liebe Gottes entflammt. Dieser Vorgang, der die verstreuten Körner vereint und in ein einziges Brot verwandelt, zeigt uns in einem suggestiven Bild das einende Wirken des Heiligen Geistes über die Glieder der Kirche, das sich auf herausragende Weise durch die Feier der Eucharistie vollzieht. Die an diesem großen Sakrament teilnehmen, werden der gemeinschaftliche Leib Christi, da sie durch seinen eucharistischen Leib genährt werden. „Sei das, was du sehen kannst“, sagt der heilige Augustinus und ermutigt sie weiter: „und empfange das, was du bist“.

Diese ausdrucksstarken Worte laden uns ein, großzügig auf den Ruf zu antworten, „Christus zu sein“ für die Menschen, denen wir begegnen. Wir sind jetzt sein Leib auf der Erde. In leichter Abwandlung können wir mit einem der heiligen Theresia von Avila zugeschriebenen berühmten Wort sagen: Wir sind die Augen, mit denen sein Mitleid auf die Notleidenden schaut; wir sind die Hände, die er zum Segnen und Heilen ausstreckt; wir sind die Füße, deren er sich bedient, um hinzugehen und Gutes zu tun; und wir sind die Lippen, die sein Evangelium verkünden. Es ist aber wichtig festzuhalten, daß wir, wenn wir so an seinem Heilswirken teilnehmen, nicht bloß das Andenken an einen toten Helden ehren, indem wir das fortsetzen, was er getan hat. Ganz im Gegenteil: Christus lebt in uns, seinem Leib, der Kirche, seinem priesterlichen Volk. Wenn wir ihn in der Eucharistie als Nahrung empfangen und den Heiligen Geist in unsere Herzen aufnehmen, dann werden wir wirklich der Leib Christi, den wir empfangen haben, dann sind wir tatsächlich in Gemeinschaft mit ihm und untereinander und werden in Wahrheit seine Werkzeuge, die vor der Welt Zeugnis für ihn geben.

„Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele“ (Apg 4,32). In der ersten christlichen Gemeinde, die sich vom Tisch des Herrn nährt, sehen wir das Ergebnis des einenden Wirkens des Heiligen Geistes. Sie teilten untereinander ihre Güter, wobei jede Bindung an das Materielle durch die Liebe zu den Brüdern und Schwestern überwunden wurde. Sie fanden gerechte Lösungen für ihre Meinungsverschiedenheiten, wie wir es zum Beispiel bei der Beilegung der Auseinandersetzung zwischen Hellenisten und Hebräern hinsichtlich der täglichen Versorgung sehen können (vgl. Apg 6,1-6). Ein späterer Beobachter sagte: „Seht, wie diese Christen einander lieben und wie sie bereit sind, füreinander zu sterben“ (Tertullian, Apologie, 39). Doch ihre Liebe war in keiner Weise nur auf ihre Glaubensbrüder beschränkt. Sie sahen sich nicht als exklusive und bevorzugte Empfänger des göttlichen Wohlwollens, sondern vielmehr als Boten, die gesandt sind, um die Frohbotschaft des Heils in Christus bis an die Enden der Erde zu tragen. So verbreitete sich die Botschaft, die der auferstandene Herr den Aposteln anvertraut hatte, im ganzen Nahen Osten und darüber hinaus in der ganzen Welt.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, heute sind wir so wie die Christen damals dazu berufen, ein Herz und eine Seele zu sein, unsere Gemeinschaft mit dem Herrn und untereinander zu vertiefen und vor der Welt für ihn Zeugnis zu geben.

Wir sind berufen, unsere Auseinandersetzungen zu überwinden, in Konfliktsituationen Frieden und Versöhnung zu stiften und der Welt eine Botschaft der Hoffnung zu geben. Wir sind berufen, uns für die Menschen in Not zu öffnen und unsere irdischen Güter großzügig mit all jenen zu teilen, denen es weniger gut geht als uns. Und wir sind berufen, ohne Unterlaß den Tod und die Auferstehung des Herrn zu verkünden, bis er wiederkommt. Durch ihn, mit ihm und in ihm, in der Einheit, die der Heilige Geist der Kirche schenkt, wollen wir Gott, unseren himmlischen Vater, verehren und preisen in der Gemeinschaft mit allen Engeln und Heiligen, die in Ewigkeit sein Lob singen. Amen.

kathTube: Gesamte Hl. Messe als Video



(C) 2010 KNA Katholische Nachrichten-Agentur GmbH. Alle Rechte vorbehalten.


© 2010 www.kath.net