11. Juni 2010 in Deutschland
Bei einer Veranstaltung des Presseclubs Augsburg forderten zwei "Pfingsterklärer" "ganz neue Wege" in der Priesterausbildung und möchten der Süddeutschen-Zeitung die Ehrenplaktette des Bistums Augsburg verleihen
Augsburg (kath.net)
Der Augsburger Presseclub lud für Donnerstagabend zum Gesprächsabend mit dem Augsburger Moraltheologen Klaus Arntz und dem Pfarrer der Augsburger St.-Moritz-Kirche Dekan Helmut Haug ein. Beide gehören zu den Unterzeichnern der sogenannten Augsburger Pfingsterklärung, die nachträglich Kritik an der Ernennung Mixas zum Bischof von Augsburg und zum Bischof von Eichstätt geäußert hatte und mehr Demokratie in der Kirche fordert.
Die Veranstaltung in der Augsburger Stadtbücherei war übervoll besucht. An kritischen Worten ließen es beide Gesprächspartner, die vom Redakteur Alois Knoller von der Augsburger Allgemeinen moderiert wurden, nicht mangeln. Arntz übte sich zunächst selbstkritisch; auch er habe keinen Widerstand gegen Bischof Mixa geleistet, obwohl er mit dem Gedanken gespielt habe, als Fakultätsdekan zurückzutreten wegen der Wortbrüchigkeit des Bischofs.
Arntz kritisierte vor allem, dass die Kontrollinstanzen nicht gegriffen hätten. Das Verhalten von Bischof Mixa, an den Gremien vorbei zu entscheiden, sei zwar rechtlich gedeckt, moralisch jedoch nicht zu verantworten gewesen. Dieses Ausschalten der Kontrolle sei vordemokratisches Verhalten. Ein wichtiges Anliegen für den Augsburger Moraltheologen ist es, dass bestimmte Persönlichkeiten, die in diesem System diskreditiert worden seien, öffentlich rehabilitiert werden müssten. Namentlich wurden von ihm der frühere Generalvikar Josef Heigl und der frühere Regens des Priesterseminars, Christian Hartl, genannt.
Stark kritisierte Arntz das Verhalten der derzeitigen Bistumsleitung; in den ersten Tagen der Sedisvakanz habe sie einen Brief an alle Mitarbeiter geschickt, in dem der abgetretene Bischof belobigt worden, jedoch kein Wort der Rehabilitation der genannten Personen erfolgt sei.
Überhaupt warf Arntz der Interimsregierung vor, bislang noch keine substantiellen Veränderungen auf den Weg gebracht zu haben: Das Bistum hat nichts getan; den Worten müssen Taten folgen. Dass Dr. Voss und Frau Prof. Riedl, die beide von Bischof Mixa in Ämter gesetzt wurden, nicht während der Sedisvakanz absetzbar seien, glaubt Arntz nicht. Überhaupt müssten sich sämtliche kirchlichen Mitarbeiter, die an der bisherigen Mixa-Linie mitgewirkt hätten, von ihren bisherigen Praktiken distanzieren. Es müsse eine Umkehrbewegung von ihnen verlangt werden, damit man mit ihnen weiterarbeiten könne.
Im Blick auf das Verfahren der Bischofsernennung schlug Arntz vor, hier könnten die Bayern von den Preußen lernen, die im Konkordat teildemokratische Strukturen und somit ein ortskirchliches Mitbestimmungsrecht verankert hätten. Falls die Liste des Domkapitels schon an die Nuntiatur gegangen sei, wäre das skandalös.
Die Pfingsterklärung hätten viele als befreiend empfunden: die stickige Luft sei heraus, man könne wieder atmen. Jetzt müsse man das Eisen schmieden, solange es heiß ist. In der Kirche, die unter einem evidenten Demokratiemangel leide, müsse man Konsultationsprozesse erzwingen.
Auch auf weltkirchlicher Ebene sieht Arntz Reformbedarf: die römische Kurie ist für das 21. Jahrhundert völlig untauglich. Das römische Kriterium für einen Bischofskandidaten, stets Priesterkleidung zu tragen, bezeichnete Arntz als lächerlich.
In der Priesterausbildung müssten ganz neue Wege gegangen werden; sie dürfe nicht exklusiv bei Regens, Subregens und Spiritual liegen, sondern müsse unter Mitwirkung von Laien, auch von Frauen, erfolgen. Es gehe auch darum, diese männerbündnerischen Systeme zu irritieren.
Die große Zahl an Neupriestern in Mixas Bischofszeit beeindruckte Arntz nicht, im Gegenteil. Er hob hervor, dass man im Bistum Münster im letzten Jahr nur 12 neue Seminaristen zugelassen, 16 Bewerber jedoch abgelehnt habe.
Arntz betonte vor allem die Bedeutung der Medien beim Sturz Mixas. Wenn er Bischof von Augsburg wäre, würde er der Süddeutschen Zeitung und ihren Redakteuren die Ulrichsmedaille, die Ehrenplakette des Bistums Augsburg, verleihen. Man könne der Presse dankbar sein, denn wir wären nicht in der Lage gewesen, diesen Druck aufbringen zu können. Vom Domkapitel erhofft sich Arntz eine Umkehr und Distanzierung; hier gebe es bereits hoffnungsvolle Gespräche.
Dekan Haug ergänzte die Liste der zu rehabilitierenden Personen noch um die frühere Ordinariatsrätin Maria-Anna Immerz, die Mixa aus der Bistumsleitung entband. Solche Personen, die gradlinig, aufrichtig und ehrlich seien, müssten wieder in wichtige Positionen kommen. Haug wolle nicht nachtreten, jedoch habe die Kirche ein massives Gehorsamsproblem, weil dieses einseitig definiert sei. Mixa sei diesem System der Ausführung von Direktiven stark verhaftet gewesen. Nach Vorstellung von Haug bedeute Gehorsam jedoch ein gegenseitiges Hören aufeinander.
Er zeigte sich enttäuscht, dass Zusagen des Bischofs nicht eingehalten worden seien. Man müsse aufhören, ein Bistum nach Gutsherrenmanier zu regieren. Der Augsburger Innenstadtdekan wandte sich gegen Forderungen seiner priesterlichen Mitbrüder, jetzt müsse endlich Ruhe ins Bistum kommen; so funktioniere die erforderliche Heilung nicht. Das Bistum müsse einen schmerzhaften Prozess durchmachen, weil vieles ungesund und sündhaft sei. Wie es zur Versöhnung und Heilung kommen könne, konnte auch Haug nicht sagen, da es im Bistum diametral widersprüchliche Gemeindebilder gebe.
Er selbst trage keine Priesterkleidung, weil sie für ihn nicht passe, wie er Kirche verstehe. Eine Beamtenkleidung schaffe Distanz und gebe vor, dass jemand etwas ist; wir sollten aber als Menschen Menschen begegnen. Auch die leutselige Art Mixas, Seminaristen um sich herum zu scharen, kritisierte Haug. Es bestehe die Gefahr, Menschen an sich und seine Person zu binden. Den Zuhörerinnen und Zuhörern schlug Haug im Übrigen den zivilen Ungehorsam vor.
Foto: (c) Bistum Augsburg; Dekan Haug
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