Ein Freimaurer-Komplott gegen die Kirche?

29. Juni 2010 in Chronik


Streit um Polizeirazzia gegen Kirche in Belgien wird schärfer –Christdemokraten: Durchsuchungen könnten ein Komplott von Freimaurern sein. Der zuständige Untersuchungsrichter Wim De Troy sei eng mit führenden Freidenkern befreundet


Brüssel (kath.net/KNA) In Belgien ist der Vorsitzende der unabhängigen Kommission zur Untersuchung von Missbrauchsvorwürfen durch Kirchenmitarbeiter, Peter Adriaenssens, fünf Stunden lang von der Justiz verhört worden. Der Kinderpsychiater sei als Zeuge zur Arbeit der Kommission und zu einzelnen Dossiers vernommen worden, berichteten belgische Medien am Dienstag. Weitere Gespräche sollten in dieser Woche folgen. Die Kommission hatte aus Protest gegen das Vorgehen der Behörden am Montag geschlossen ihren Rücktritt erklärt. In der Beschlagnahme der Dossiers von Missbrauchsopfern sahen die Mitglieder einen Vertrauensbruch.

Unterdessen nimmt der Streit über die Angemessenheit des Vorgehens der Justiz bei der Großrazzia gegen kirchliche Einrichtungen vom Donnerstag an Schärfe zu. Missbrauchsopfer nannten die Durchsuchungen und Beschlagnahmungen unverhältnismäßig. Politiker von Liberalen und Sozialisten verwahrten sich ihrerseits gegen Kritik aus dem Vatikan.

Im Rundfunksender «Radio 1» warf der als Jugendlicher missbrauchte Soziologe Jan Hertogen (63) den Behörden Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen und gegen das Recht auf Privatleben vor. Er habe seinen Fall der Kommission zur Kenntnis gebracht, aber keinesfalls eine Einschaltung der Justiz gewollt. Er reichte Klage gegen die Adriaenssens-Kommission ein, weil sie seine Akten nicht ausreichend geschützt habe. Er hoffe, so die Kommission zu zwingen, ihrerseits juristisch gegen die Justizbehörden vorzugehen.

Der flämische Minister Jo Vandeurzen warnte vor einem Vertrauensverlust bei Missbrauchsopfern. Sie hätten die Wahl, sich an die Justiz zu wenden oder nicht. Diese Entscheidung müsse beachtet werden. Kirchliche Stellen prüfen derzeit juristische Schritte gegen die Polizeiaktion.

Der liberale Politiker Denis Ducarme und der sozialistische Abgeordnete Bruno Tuybens riefen Außenminister Steven Vanackere auf, vom Vatikan Respekt vor den politischen und Justiz-Institutionen des Landes zu verlangen. Sie reagierten damit auf scharfe Kritik aus dem Vatikan am Vorgehen der Behörden. Vanackere kündigte an, er werde den Nuntius, Erzbischof Giacinto Berloco, persönlich zu einem «offenen und konstruktiven Gespräch» einladen.

Der Anwalt von Kardinal Godfried Danneels, Fernand Keuleneer, äußerte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Razzia. Es sei unzulässig, unterschiedslos Dossiers zu beschlagnahmen und erst danach zu prüfen, ob sie irgendwelche strafrechtlich relevanten Fakten enthielten, sagte er der «Gazet van Antwerp». Die Haussuchungen erweckten den Eindruck, dass die Kirche öffentlich an den Pranger gestellt werden solle.

Die Zeitung zitiert zudem Christdemokraten mit der Vermutung, die Durchsuchungen könnten ein Komplott von Freimaurern sein. Der zuständige Untersuchungsrichter Wim De Troy sei eng mit führenden Freidenkern befreundet. Zugleich verwies die «Gazet van Antwerp» darauf, dass De Troy in der Vergangenheit auch gegen Freimaurer juristisch vorgegangen sei.

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