Wahrheit weckt Widerspruch!

29. August 2010 in Deutschland


In Fulda fand am Wochenende der 10. Kongress "Freude am Glauben" statt – Ein Kath.Net-Bericht von Michael Hesemann.


Fulda (www.kath.net)
Als Prof. Hubert Gindert, Initiator und Sprecher des „Forums Deutscher Katholiken e.V.“ vor gut einem Jahr den zehnten Kongress „Freude am Glauben“ plante, stellte er ihn unter das Motto „Die Kirche – Dienerin der Wahrheit und Zeichen des Widerspruchs“. Damals konnte noch niemand ahnen, wie aktuell gerade dieses Thema ein Jahr später sein würde.

So aber kam dieser Kongress genau zum richtigen Zeitpunkt, nach dem kalten Gegenwind, den die deutschen Katholiken seit März dieses Jahres zu spüren bekamen und immer noch bekommen. Und da er nicht nur mit zeitnahen Themen, sondern auch mit hochkarätigen Referenten aufwartete, kamen wieder über tausend Christen aus ganz Deutschland zu diesem „kleinen Kirchentag der Romtreuen“. Dass mittlerweile vierzehn hochkarätige Organisationen und Bewegungen – von den Pfadfindern bis zur „Generation Benedikt“, von „Jugend 2000“ bis zu „Nightfever“ - mitwirken und „Freude am Glauben“ auch zu ihrem Forum machen, zeugt von einer zunehmenden Vernetzung der Papstfreunde, die jetzt endlich auch das Internet für sich entdeckt haben.

Für sie ist „Freude am Glauben“ längst zu einer liebgewonnenen Institution geworden, einem Fixpunkt im Kalender, zu einem freudig erwarteten Wiedersehen mit Freunden, Weggefährten und Glaubensgeschwistern, aber auch der ersten Begegnung mit gleichgesinnten „Facebook“-Freunden oder Bloggern der katholischen Online-Szene.

Nach einem Ausflug nach Aschaffenburg im Jahre 2009 ist der Kongress heuer endlich wieder dorthin zurückgekehrt, wo er hingehört, nach Fulda, ans Grab des hl. Bonifatius, des Apostels der Deutschen. Eben dort begann er am Freitag mit einem Gottesdienst im Fuldaer Dom, zelebriert von seinem Hausherrn, Msgr. Heinz-Josef Algermissen. In seiner Predigt rief der Fuldaer Bischof die Katholiken auf, auch und gerade angesichts des Mißbrauchsskandals treu zur Kirche zu stehen. Noch nie in den letzten Jahrzehnten seien glaubenstreue katholische Christen so wichtig gewesen wie im letzten halben Jahr, sagte der Bischof. Er betonte, nur wer wirklich selbst überzeugt sei, könne auch andere überzeugen und damit verlorenes Terrain und verlorenes Vertrauen zurückgewinnen.

In einem von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone unterzeichneten Schreiben aus dem Vatikan heißt es, Papst Benedikt XVI. fühle sich geistlich mit den Teilnehmern verbunden und versichere sie seines Gebets. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, schrieb unter Hinweis auf das Kongress-Motto, zum Dienst der Kirche an der Wahrheit gehöre, dass sie den Dialog mit allen Menschen guten Willens suche und führe. Der scheidende hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) betonte in einem schriftlichen Grußwort, das Forum Deutscher Katholiken leiste mit den Kongressen einen Beitrag dazu, den christlichen Glauben lebendig zu erhalten und weiterzutragen.

Im Mittelpunkt fast aller Vorträge des Kongresses stand das christliche Zeugnis und sein Gegenwind, der Widerspruch auf allen Ebenen, den die Verkündigung der Wahrheit in einer säkularisierten Gesellschaft weckt. Doch keiner der Referenten brachte dieses Thema so sehr auf den Punkt wie der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner, der am Samstagmorgen den vielleicht wichtigsten Vortrag dieses Wochenendes hielt. „Wir dürfen vom Gegenwind nicht überrascht sein, weil der Herr vorausgesagt hat: ‚Haben sie mich verfolgt, so werden sie auch euch verfolgen“, erklärte der Kardinal: „Die Verfolgung der Christen erwächst aus ihrem Anspruch, Gott über alles zu stellen“. Tatsächlich sei die Kirche von vornherein als ein Zeichen des Widerspruchs konzipiert, weil sie nicht den Menschen nach dem Mund rede, sondern Gott: „Das aber passt den Menschen nicht und ganz besonders den Herrschern dieser Welt.“ So sei es wenig erstaunlich, dass 80 % der Menschen, die heute wegen ihres Glaubens verfolgt würden – rund 100 Millionen! – Christen sind. Allein unter Lenin und Stalin wurden im 20. Jahrhundert über 200.000 Priester und Ordensleute ermordet.

Doch auch in unserer Gesellschaft werden Christen verfolgt, wenn auch mit subtileren Mitteln: „Es findet heute in der Öffentlichkeit ein regelrechter Kampf gegen das Christentum und seine Lebensform statt, ein erbitterter Kampf gegen Gott, Christus und die katholische Kirche“, stellte Meisner fest. Der Engländer Dawkins etwa, der den Evolutionsbiologen Charles Darwin offenbar für den größten aller Propheten hält, unterstellte gläubigen Christen gar eine psychische Krankheit, einen „Gotteswahn“. Man dürfe sie also nicht ernst nehmen und ihnen vor allem keine gesellschaftliche Verantwortung übertragen. Wer heute offen für christliche Werte eintritt, sieht sich zunehmend einer Benachteiligung und öffentlichen Polemik ausgesetzt, die durchaus Züge einer Verfolgung trage. Doch am Ende, so versicherte Meisner in seinem immer wieder durch Applaus unterbrochenen Vortrag, werde die Wahrheit des Glaubens siegen: „Wir sind nicht die letzten Mohikaner des Mittelalters, sondern die Vorhut einer Zukunft, von der die meisten noch keine Ahnung haben“, sprach er seinem Publikum Mut zu.

In einer von den Teilnehmern seines Kongresses verabschiedeten Resolution forderte das Forum Deutscher Katholiken anschließend mehr Einsatz für verfolgte Christen in aller Welt. Es rief „die Bischöfe, Priester und Ordensgemeinschaften sowie alle Christen unseres Landes dazu auf, sich verstärkt und anhaltend mit den verfolgten Glaubensgeschwistern solidarisch zu zeigen“.

An die Politiker appellierte das Forum, sich auf politischem und diplomatischem Weg mit Nachdruck für eine Verbesserung der Situation verfolgter Minderheiten in anderen Ländern einzusetzen, „namentlich der besonders stark betroffenen christlichen Minderheiten“. Die Situation von Christen sei in vielen Ländern unsicher und prekär, vor allem in Ländern mit muslimischer Mehrheit, in denen das islamische Recht praktiziert werde.

Auch der Limburger Bischof Franz-Peter Tebart van Elst ging auf den Konflikt zwischen der ewigen Wahrheit der Kirche und den relativistischen Strömungen der Gegenwart ein. Auf den Slogan „Kirche ist uncool!“ erwiderte er: „Religion ist nie cool, weil ein kaltes Herz nicht glauben kann.“ Dabei warnte er vor einem falschen Kniefall vor dem Zeitgeist: „Es kommt nicht darauf an, dass wir Christus uns anpassen, sondern dass wir uns Ihm anpassen.“ „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“, forderte auch der Vikar Patrick Lier, während Pfr. Wolfgang Heinrich Marx resümierte, es sei immer schwieriger, gläubige Existenz in einer kirchenfernen Gesellschaft zu leben – umso mehr aber sei das individuelle Zeugnis für den Glauben gefragt.

Mediale Angriffe richten sich zunehmend auch auf die Grundzelle des Zusammenlebens, nämlich auf Ehe und Familie. Umso dringender sei es, positiv herauszustellen, warum die katholische Eheauffassung plausibel ist, mahnte Prof. Dr. Manfred Spieker an. Was wir auf das Podium bringen seien sicher „anstößige Wahrheiten – in einer säkularisierten, relativistischen Gesellschaft“, erklärte Dr. Andreas Püttmann, aber „die Kirche kennt den Menschen – sie verkündet keine Utopien“, wie Prof. Dr. Jörg Splett glaubwürdig versicherte.

Wieder ganz besonderen Zuspruch fand die Soziologin und Bestsellerautorin Gabriele Kuby mit ihrem leidenschaftlichen Plädoyer für die Keuschheit. Nur auf den ersten Blick sei diese Kardinaltugend „katholische Altlast“, ein Wort, das weder in Pfarreien noch in Schulen gerne in den Mund genommen wird. Doch bei genauerer Betrachtung wird sie sogar zum „christlichen Erkennungszeichen“ per se. Denn Keuschheit steht gleich für eine ganze Reihe von Tugenden, für Treue, Selbstbeherrschung, Disziplin und Respekt vor der göttlichen Schöpfungsordnung, die Mann und Frau für die Ehe bestimmt hat, eben jene „gottgewollte Lebensform, aus der die Kinder entstammen“. Wer dagegen reine Geschlechtlichkeit suche, der benutze den Partner bloß zur Triebbefriedigung und erniedrige ihn dadurch zum Objekt, ohne eine echte Beziehung aufzubauen. Stattdessen plädierte Kuby für den „Blick der Liebe“ auf den Partner, für das Aufheben und Aufbewahren, für Beziehungen, die von Respekt und Verantwortungsgefühl geprägt sind. Und sie fand sogar eine hübsche Definition für den Zölibat: Der nämlich sei die höchste Form des Verliebtseins in Christus und der unbedingten Treue zum Herrn.

Der dreitägige Kongress wurde durch ein umfangreiches Jugendprogramm, vor allem aber durch ein reiches geistliches Angebot abgerundet, vom „Nightfever“-Gebetsabend der Jugend bis zur Lichterprozession und Marienweihe vor dem Fuldaer Dom. Er endet mit einem festlichen Pontifikalhochamt am heutigen Sonntag.


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