23. Jänner 2011 in Deutschland
Gastkommentar von Martin Lohmann (CDU), Sprecher des Arbeitskreises Engagierter Katholiken (AEK), zum Angriff auf den Zölibat aus CDU-Kreisen.
Bonn (www.kath.net)
Der Vorstoß einiger älterer CDU-Politiker zur Abschaffung des Zölibats katholischer Priester hat etwas Rührendes und Tragisches zugleich. Es ist bemerkenswert, dass die Unterzeichner eines entsprechenden Briefes, mit dem sie über die Bischöfe an den Papst appellieren, offenbar ein Problem mit dieser sie selbst nicht betreffenden Form priesterlicher Dienstbereitschaft haben. Und es ist seltsam, dass CDU-Politiker offenbar der Ansicht sind, sich in diese theologische innerkirchliche Spezialfrage einmischen zu müssen. Es ist nämlich nicht Aufgabe der CDU, dem Petrusnachfolger öffentlich Vorschläge diesbezüglich zu machen. Damit dann auch noch das Jahr, in dem Papst Benedikt XVI. Deutschland besuchen wird, einzuleiten, erscheint geradezu peinlich.
Während das Kirchenoberhaupt sich völlig zu Recht um die gerade auch in Deutschland an staatlichen Schulen defizitäre und unqualifizierte Sexualaufklärung junger Menschen Sorgen macht und eine ganzheitliche wie wertschätzende Aufklärung fordert, wärmen einige CDUler mit öffentlichkeitswirksamer Undifferenziertheit alte Fragen auf, die letztlich viel Fingerspitzengefühl und Verständnisbereitschaft verlangen würden. Dazu gehört einerseits die Erkenntnis, dass es sich beim Zölibat nicht um eine dogmatische Frage handelt.
Andererseits darf aber auch nicht übersehen werden, welche Kostbarkeit in dieser richtig verstandenen Lebensform liegen kann. Es wäre zu simpel, den Grund für den leider betrüblichen Priestermangel in Deutschland monokausal in der Verpflichtung zur Ehelosigkeit zu suchen. Andere christliche Gemeinschaften belegen trotz des Fehlens dieser Vorschrift, dass diese keineswegs das Problem mangelnder Glaubwürdigkeit und Anziehungskraft sein kann.
Die eigentliche Notlage ist nicht der Priestermangel, sondern der Glaubens- und Anbetungsmangel in Deutschland, das neu der christlichen Mission bedarf. Schon vor vielen Jahren wies der damalige Kölner Erzbischof Joseph Kardinal Höffner darauf hin, dass der Priestermangel letztlich nichts anderes als ein Christenmangel sei.
Die Forderung nach einer Sonderregelung für Deutschland übersieht übrigens, dass hier keineswegs der Mittelpunkt der Weltkirche ist, sondern wir vielmehr Teil einer farbenfrohen Weltkirche sind, die anderswo die Probleme einer deutschen Kirche nicht kennt und uns mit Glaubensfreude reich beschenken könnte. Bisweilen wird mit deutscher Engstirnigkeit übersehen, dass sich die Zahl der Priester weltweit allein während des Pontifikats von Johannes Paul II. von mehr als 200.000 auf mehr als 400.000 verdoppelt hat und es keinen Priestermangel gibt außer etwa in Deutschland. Hier herrscht eher ein Mangel an Glaubenstiefe.
Wir erhoffen uns für Deutschland daher von Papst Benedikt XVI., dass er bei seinem Besuch im September wegweisende Impulse geben wird zu mehr Glaubensmut und Glaubensstärke in einer Zeit, die offenbar kostbare Zeichen der Treue und des Verzichts nicht mehr zu verstehen bereit ist. Und wir wünschen uns vom Papst, dass er nicht zuletzt den christlichen Politikern Mut macht, sich für die Unantastbarkeit des Lebens vom Anfang bis zum natürlichen Ende und unerschrocken einzusetzen und die wirklich wichtigen Aufgaben einer Politik aus christlicher Verantwortung zu erkennen und sich gelegen oder nicht auch öffentlich zu Gott und seinen Geboten bekennen.
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