1. Februar 2011 in Aktuelles
Kardinal Lehmann attackiert in der eigenen Kirchenzeitung "Glaube und Leben" Kardinal Brandmüller und schämt sich für den Offenen Brief des Kardinals - Kein kritisches Wort zu den CDU-Politikern
Mainz (kath.net)
Kardinal Karl Lehmann, der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, hat in einem Beitrag für die aktuelle Kirchenzeitung "Glaube und Leben" den römischen Kurienkardinal Walter Brandmüller scharf attackiert, weil dieser die umstrittenen Erklärung einiger CDU-ZdK-Politiker zum Zölibat kritisiert hat. Die Politiker hatten sich mit einem Appell in der Form einer Bitte an die deutschen Bischöfe gewandt und für Änderungen an der Zölibatspraxis plädiert. Dabei waren sie von der Fragestellung ausgegangen, wie dem zunehmenden Priestermangel begegnet werden kann.
Lehmann spricht im Zusammenhang mit dem umstrittenen Brief von "acht verdienstvolle(n) CDU-Politiker(n) auf Bundes- und Landesebene", die an "ein solches unerledigtes Thema" erinnern, das nun schon "über 40 Jahre lang" immer wieder in der Kirche diskutiert wird. Dann spricht der Mainzer Bischof von einem "gesteigerten Priestermangel" - eine Behauptung, die in den letzten Tagen unter anderem vom "Focus"-Redakteur Alexander Kissler widerlegt wurde - und ob man nicht "in Familie und Beruf bewährte Männer" zu Priestern weihen sollte. Lehmann bekennt dann, dass er sich immer darum bemüht habe, dass die Kirche auch "offen über neue Zugangswege" zum Priestertum nachdenke, "ohne dass die Diskussion schon identisch wäre mit einer Antwort auf diese schwerwiegende Frage". Für den Kardinal war es auch "zu erwarten", dass diese Frage nach den viri probati" (in Ehe und Familie bewährten Männern) wieder auf die Tagesordnung komme, wenn man zu einem "Dialogprozess" über die heutigen Fragen einlade.
Dann setzt Lehmann zur Attacke auf den Offenen Brief von Kardinal Brandmüller an und meint wörtlich: "Bei allem Verständnis für einen kräftigen Widerspruch zu dem Brief der acht Politiker habe ich mich jedoch als Bischof, der lange in Deutschland wirkt, wegen des Tons geschämt, der aus diesem offenen Brief spricht. Man muss doch nicht gleich, wenn man das Thema der 'viri probati' anspricht, eine 'andere Kirche' wollen, 'gar einen deutschen Sonderweg' ins Spiel bringen, der 'in die Nähe eines Schismas, einer Nationalkirche' führt."
Lehmann zeigt sich "zutiefst enttäuscht", wie hier z. B. der amtierende Bundestagespräsident, immerhin nach dem Bundespräsidenten die zweite Autorität in unserem Land, eine amtierende Bundesministerin und drei hochverdiente Ministerpräsidenten, die sich jahrzehntelang für ihre Kirche einsetzten, "beschimpft" werden. "Dies ist in unserem Land nicht der Stil, mit dem wir auch bei Meinungsverschiedenheiten miteinander umgehen." Für den Mainzer Bischof sind diese Stellungnahme und auch eine Stellungnahme eines Redakteurs aus der "Süddeutschen" "Extreme". "Der Dialogprozess wird sich bei allen Themen eine neue Mitte suchen müssen, ohne nur in faule Kompromisse abzudriften. Hoffentlich kommen wir aus dieser doppelten Dialogunfähigkeit heraus", schreibt er abschließend.
Brief von Kardinal Brandmüller
Kontakt Kardinal Lehmann: Kontakt Kardinal Lehmann oder [email protected]
Cartoon: (c) PETER ESSER
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