Zollitsch: Dialogprozess in 'geistlich geprägter Offenheit' führen

17. März 2011 in Deutschland


Zum Deutschlandbesuch des Papstes: 'Wir erhoffen uns vom Petrusdienst des Papstes Worte, die uns im Glauben kräftigen'


Paderborn (kath.net/dpk) Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, gab heute den Pressebericht zum Abschluss der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 17. März 2011 in Paderborn heraus. Die Bischöfe „bewerten die Situation der Ökumene in Deutschland“ insgesamt „positiv“. Der Dialogprozess soll fortgeführt und vertieft werden: „Dazu gehört auch die Förderung des innerkirchlichen Gesprächs über die Suche nach Gott und die heute wichtigen Wege des Bekenntnisses (Martyria), über das Gebet und die Verehrung Gottes (Liturgia) und den helfenden Beitrag der Kirche in der Gegenwartsgesellschaft (Diakonia). Dieses Gespräch verlangt von allen Teilnehmenden eine geistlich geprägte Offenheit“.


PRESSEMITTEILUNGEN DER DEUTSCHEN BISCHOFSKONFERENZ
Pressebericht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, anlässlich der Pressekonferenz zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz:


Einleitung
Zum ersten Mal hat sich die Deutsche Bischofskonferenz zu ihrer Frühjahrs-Vollversammlung in Paderborn getroffen. Wir sind dankbar für die Gastfreundschaft und Freundlichkeit in der Stadtbevölkerung, mit der wir hier aufgenommen wurden.

2.
Bußakt im Eröffnungsgottesdienst
Den Eröffnungsgottesdienst haben wir mit einem Bußakt begonnen. Vor einem Jahr haben wir auf der Frühjahrs-Vollversammlung versprochen, uns dem Skandal sexuellen Missbrauchs Minderjähriger in der katholischen Kirche zu stellen. In Freiburg hat die Bischofskonferenz eine Erklärung verfasst, in der sich ein ganzer Maßnahmenkatalog fand. Diese Vorhaben haben wir realisiert: von einer Hotline für Opfer über umfassende Präventionsmaßnahmen bis hin zur materiellen Anerkennung erlittenen Leids. Wir Bischöfe haben bei verschiedenen Anlässen insbesondere die Opfer um Vergebung gebeten. Im Bußakt wollten wir gemeinsam die Bitte um Vergebung sprechen. Als Bischöfe sind wir vor dem Kreuz Christi niedergekniet. Mit dieser Geste wollten wir deutlich machen: Die Kirche ist als ganze betroffen von den Fehlern, die begangen wurden. Der Bußakt bestand aus Vergebungsbitten und einem Schuldbekenntnis. Wir bitten Gott, Schuld zu verzeihen und die Kirche neu zu stärken. Im Fürbittgebet der Messe haben wir ganz bewusst für die Menschen gebetet, die dem Missbrauch zum Opfer fielen.

3.
Studientag zur Ökumene
Die Vollversammlung hat sich im Rahmen eines Studientags ausführlich mit der Ökumene beschäftigt. Die Kirche will in ihrem Bemühen um die Wiederherstellung der vollen sichtbaren Einheit der Kirche dem Auftrag des Herrn nachkommen, der um die Einheit der Seinen gebetet hat (Joh 17,21). Es war das Ziel des Studientags, die Lage der Ökumene zu analysieren, den hohen Stellenwert der Ökumene für die Deutsche Bischofskonferenz zu bekräftigen und über Zukunftsperspektiven nachzudenken.

Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller (Regensburg), Vorsitzender der Ökumenekommission, gab uns in einem Grundsatzreferat einen Überblick über die Lage der Ökumene. Er verwies auf das Ökumenismus-Dekret „Unitatis redintegratio“ des Zweiten Vatikanischen Konzils, das feststellt, dass Christus nur eine einige und einzige Kirche gegründet hat. Im offenkundigen Widerspruch zum Willen des Herrn gibt es heute schätzungsweise mehr als 4.000 christliche Gemeinschaften, die bekenntnis- und verfassungsmäßig voneinander getrennt sind. Suche nach der Einheit und Leben in Spaltung haben in Deutschland seit den Anfängen der Reformation bis heute besondere Relevanz. Die Situation ist geprägt durch ein paritätisches Verhältnis von katholischer und evangelischer Kirche. Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften etwa die traditionellen evangelischen Freikirchen sowie verschiedene orthodoxe und orientalische Kirchen.

Neben dem alltäglichen Austausch von Christen verschiedener Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften ist eine Reihe institutionalisierter ökumenischer Kontakte entstanden. Zu nennen sind etwa die Arbeitsgemeinschaften Christlicher Kirchen als dem Forum der multilateralen Ökumene in Deutschland, der Ökumenische Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen, der Deutsche Ökumenische Studienausschuss der ACK, der zweimal jährlich stattfindende Kontaktgesprächskreis zwischen der EKD und der Deutschen Bischofskonferenz, die Bilaterale Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz und der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland oder auch die Gemeinsame Kommission der Deutschen Bischofskonferenz und der Orthodoxen Kirche in Deutschland. In seinem Vortrag befasste sich Bischof Müller insbesondere mit der katholisch-evangelischen Ökumene in Deutschland, ihren Problemen wie auch ihren Chancen. Zu den aktuellen Themen der katholisch-evangelischen Ökumene gehören auch das Reformationsgedenken 2017 und die vorbereitende Lutherdekade.

Ohne vor den Differenzen zum katholischen Glauben die Augen zu verschließen, zu denen es im Laufe der Reformation gekommen ist, kann eine Neubewertung Martin Luthers als Zeuge des Glaubens aus katholischer Sicht möglich werden, wenn das ursprüngliche Reformanliegen Martin Luthers in den Blick kommt. Nach katholischer Auffassung besteht auch auf der Ebene der Sichtbarkeit, besonders auch im Taufsakrament, noch eine Einheit der Kirche und eine sichtbare Gemeinschaft der Christen untereinander als Glieder des einen Leibes Christi, auch wenn die Communio nicht vollständig ist und auf die volle sichtbare Einheit in der sakramentalen Kirche hinzielt. Dies ist aber ohne eine tragfähige Übereinkunft in bislang trennenden Fragen der Glaubenslehre nicht möglich.

Anschließend haben wir in sechs Arbeitsgruppen den Stand der ökumenischen Dialoge und der ökumenischen Praxis mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten vertiefend erörtert. Alle Arbeitsgruppen standen unter dem gemeinsamen Rahmenthema „Ökumene 50 Jahre nach Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils“. Die Arbeitsgruppen ordneten sich somit ein in den Kontext der derzeitigen Bemühungen um eine Sicherung des Erreichten und Formulierung der anstehenden Aufgaben, wie sie von Harding Meyer in seiner Aufforderung zu „In-Via-Erklärungen“ vorgeschlagen und im „Harvesting Projekt“ von Kardinal Walter Kasper vorgenommen wurden.

Die Arbeitsgruppe 1 („Zu den Zielvorstellungen der Ökumene“) befasste sich mit den konfessionell unterschiedlichen Einheitsvorstellungen und diskutierte sie im Kontext der jeweils zugrunde liegenden Ekklesiologie.

Die Arbeitsgruppe 2 („Ökumene als Austausch von Gaben: Spirituell – liturgisch –praktisch“) betrachtete Ökumene unter dem Aspekt wechselseitiger Bereicherung und wechselseitigen Lernens und ging der Frage nach, wie der „Austausch von Gaben und Geschenken“, von dem Papst Johannes Paul II. in der Enzyklika „Ut unum sint“ (Nr. 28) gesprochen hat, künftig gestärkt werden kann.

Die Arbeitsgruppe 3 („Apostolizität und Amt. Ökumenische Klärungen und Aufgaben“) beschäftigte sich mit der aktuellen ökumenischen Diskussion über das Amt im Kontext der Frage nach der Apostolizität der Kirche.

Die Arbeitsgruppe 4 („Eucharistie und Abendmahl: Konvergenzen und verbliebene Differenzen“) behandelte vor dem Hintergrund ökumenischer Konvergenztexte zum Abendmahlsverständnis die verbliebenen Differenzen und diskutierte über Möglichkeiten einer gastweisen Zulassung im begründeten Einzelfall auf der Grundlage der kirchlichen Vorgaben (UR 8, can. 844, Enzyklika „Ecclesia de eucharistia“, Nr. 45).

Die Arbeitsgruppe 5 („Taufe und Rechtfertigung (10 Jahre Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“)) hielt Rückschau auf zwei bedeutende Etappen des ökumenischen Weges der letzten Jahre: die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre von 1999 und die Erklärung zur wechselseitigen Taufanerkennung von 2007. Diskutiert wurden die Konsequenzen für die weitere ökumenisch-theologische Arbeit und für die ökumenische Praxis.

Die Arbeitsgruppe 6 („Zugänge zu Martin Luther und zur Reformation – im Hinblick auf die Lutherdekade und das Reformationsgedenken der EKD und mögliche Projekte der Deutschen Bischofskonferenz“) befasste sich mit der Frage, ob auf der Grundlage dessen, was in den letzten Jahren in der Ökumene erreicht wurde, und unter Einbeziehung der neueren wissenschaftlichen Forschung ein gemeinsamer Zugang zu Martin Luther und zur Reformation möglich ist. In diesem Kontext wurden auch mögliche Formen einer Beteiligung seitens der Deutschen Bischofskonferenz erörtert.

Wir haben die Ökumenekommission gebeten, eine Auswertung des Studientags vorzunehmen. Schon jetzt möchte ich einige wichtige Überlegungen hervorheben:

Wir haben bekräftigt, dass das Bemühen um die volle sichtbare Einheit der Kirche in einem verpflichtenden Auftrag Jesu Christi gründet. Diesem Auftrag nachzukommen, bleibt der Deutschen Bischofskonferenz ein wichtiges Anliegen. Dies gilt sowohl für die bilaterale als auch für die multilaterale Ökumene.

In Deutschland als dem Ursprungsland der Reformation sieht sich die Deutsche Bischofskonferenz in besonderer Verantwortung für die katholisch-evangelische Ökumene. Dies gilt auch im Hinblick auf das Reformationsgedenken 2017, wobei dazu noch weiterer Klärungsbedarf besteht. Eine wirkliche Feier im Sinne eines Reformationsjubiläums kann es für die Deutsche Bischofskonferenz nicht geben, weil die Reformation nicht losgelöst von der Spaltung der abendländischen Christenheit betrachtet werden kann. Die Deutsche Bischofskonferenz wird sich aber gern in das Reformationsgedenken einbringen. Es wäre viel erreicht, wenn wir dieses Ereignis zum Anlass nehmen würden, unser gemeinsames Bekenntnis zu Jesus Christus zu bekräftigen und neu zu verkünden. Vielleicht kann es uns auch gelingen, im Rückgriff auf das, was in der Ökumene in den letzten Jahrzehnten erreicht wurde, und unter Einbeziehung der neueren wissenschaftlichen Forschung zu einer gemeinsamen Bewertung Martin Luthers und der Reformation zu gelangen. Dabei müssten sicher auch die Reformimpulse einfließen, die vom Zweiten Vatikanischen Konzil ausgegangen sind und mit denen wir uns katholischerseits in den nächsten Jahres, in denen sich das Konzil zum 50. Mal jährt, noch einmal intensiv beschäftigen wollen.

Aus katholischer Sicht steht die Ökumene unter der Zielsetzung der Wiederherstellung der vollen sichtbaren Einheit der Kirche. Ohne einen tragfähigen Konsens in bislang trennenden Fragen des Glaubens wird dies nicht möglich sein. Daher setzt sich die Deutsche Bischofskonferenz auch künftig für die beharrliche Weiterführung der ökumenisch-theologischen Dialoge auf Weltebene ein und wird daran festhalten, selbst theologische Gespräche zu führen, wie dies bislang bereits mit der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland und dem Moskauer Patriarchat geschieht.
Insgesamt ist die Situation der Ökumene in Deutschland positiv zu bewerten. Manche neu aufbrechende Fragen im Bereich der Ethik erschweren zwar das ökumenische Miteinander, stellen die gewachsenen ökumenischen Beziehungen aber nicht grundsätzlich in Frage. Für deren Festigung und Weiterentwicklung wird die Deutsche Bischofskonferenz sich auch künftig einsetzen.

4.
Fortgang des Gesprächsprozesses
Die Deutsche Bischofskonferenz nimmt sich für die kommenden vier Jahre eine besondere Klärung und Vergewisserung in Bezug auf das Zeugnis der Kirche in der Welt und ihre Sendung zu den Menschen vor. Dazu gehört auch die Förderung des innerkirchlichen Gesprächs über die Suche nach Gott und die heute wichtigen Wege des Bekenntnisses (Martyria), über das Gebet und die Verehrung Gottes (Liturgia) und den helfenden Beitrag der Kirche in der Gegenwartsgesellschaft (Diakonia). Dieses Gespräch verlangt von allen Teilnehmenden eine geistlich geprägte Offenheit. Es findet statt auf dem Boden der kirchlichen Glaubens-, Lehr- und Liturgietradition und ihrer Festlegungen und Entwicklungsmöglichkeiten.

Erhofft werden Schritte zu einer Fortentwicklung und inneren Stärkung, zu der die Einsichten des II. Vatikanischen Konzils 50 Jahre nach seinem Abschluss besonders beitragen mögen, aber auch die Erfahrungen und Entwicklungen, die die Kirche in Deutschland seither gemacht und erlebt hat.

Nicht eine Vielzahl neuer und zusätzlicher Veranstaltungen wird der Motor dieses Prozesses sein, sondern die Nutzung der Gesprächs- und Begegnungsforen, die vor allem in den Bistümern schon bestehen. Auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz wird dieser Klärungsversuch auf folgende Weise realisiert:

• Jahrestreffen: Jährlich veranstaltet die Bischofskonferenz ein zweitägiges Treffen zu einem Jahresthema. Es soll Gläubige aus vielen Bereichen der Kirche zusammenbringen und motivieren, dem Jahresthema nachzugehen. Die Zahl der Teilnehmer und die Umstände ihrer Entsendung sollen in diesem Jahr erprobt werden. Die Jahresthemen sind:

2011: Auftakt „Im Heute glauben: Wo stehen wir?“

2012: Diakonia der Kirche „Unsere Verantwortung in der freien Gesellschaft“

2013: Liturgia der Kirche: „Die Verehrung Gottes heute“

2014: Martyria der Kirche: „Den Glauben bezeugen in der Welt von heute“

2015: Abschluss und Feier des Konzilsjubiläums

• Projekte der Gemeinsamen Konferenz von Deutscher Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken: Die Gemeinsame Konferenz hat zwei Projekte verabredet zu folgenden Themen: „Priester und Laien in der Kirche“ und „Präsenz der Kirche in Gesellschaft und Staat“. Erste Schritte zur Arbeit an diesen Projekten wurden getan. In jedem Jahr soll nach Auffassung der Bischofskonferenz zumindest eine Schwerpunktveranstaltung im Zusammenhang der Projektarbeit stattfinden.

• Große Anlässe der Jahre 2011-2015: Eine Reihe von Großveranstaltungen ist bereits in Vorbereitung oder Planung. Dazu gehören

2011 der Besuch des Heiligen Vaters in Deutschland (22.-25. September),

2012 der Katholikentag (16.-20. Mai)

2013 der Nationale Eucharistische Kongress in Köln (5.-9. Juni)

2014 der Katholikentag.

Zielpunkt ist das Gedächtnis des Konzilsabschlusses im Jahr 2015.Hinzu kommen die großen diözesanen Feiern und Wallfahrten (z. B. Heilig-Rock-Wallfahrt 2012, Trier).

Die deutschen Bischöfe werden auch unter sich die Jahresthemen ausführlich beraten und die Erfahrungen offen und kritisch erörtern, die sie in den Gesprächen sammeln. Gelegenheit dazu bieten u. a. die Sitzungen des Ständigen Rates der Bischofskonferenz.

In diesem Jahr findet ein erstes Jahrestreffen am 8. und 9. Juli in Mannheim statt.

Ziel des Treffens ist eine Eröffnung der Arbeit der kommenden Jahre. Das Treffen steht deshalb unter der Überschrift „Im Heute glauben“, die ja das Motto des gesamten Prozesses ist. Es soll exemplarisch zeigen und testen, wie der Prozess der Selbstvergewisserung und Klärung verlaufen kann.

Beten, Hinhören auf das Wort Gottes und auf die Anliegen und Erfahrungen der anderen Teilnehmenden, Begegnung, Gespräch und Selbstprüfung hinsichtlich möglicher Änderungsschritte wechseln sich gegenseitig ab.

Konkrete Themenfelder sind z. B. folgende Fragen: Was sind unsere Stärken? Welche Glaubensinhalte wollen wir den Menschen vorrangig nahebringen? Woraus leben wir? Wo liegen unsere Schwächen? Wo ist Weiterentwicklung besonders nötig? Die Einsichten und Ergebnisse werden festgehalten. Manche von ihnen können Impulse sein bei der Behandlung der kommenden Jahresthemen.

Das Jahrestreffen beginnt mit einer geistlichen Eröffnung und schließt mit der gemeinsamen Feier der Eucharistie.

Die Teilnehmerzahl beläuft sich auf bis zu 300 Personen. Bistümer, ZdK, Orden und Geistliche Gemeinschaften, Katholischer Fakultätentag und andere werden um Benennung von Teilnehmern gebeten, entsprechend einem Verteilerschlüssel. In den Bistümern sollen, den jeweils eigenen strukturellen Gegebenheiten entsprechend, Diözesanrat bzw. Katholikenrat und Priesterrat gemeinsam die Teilnehmer bestimmen.

Das Jahrestreffen ist teils öffentlich, teils findet es im geschützten Raum statt, um das offene Gespräch zu erleichtern.

Sehr viele Gläubige in Deutschland tun sich schwer mit den strukturellen Änderungen in den Bistümern, mit mancher Erscheinungsform geistlicher Schwäche der Kirche und den Herausforderungen durch die geistige und religiöse Gegenwart. Sie wollen den Glauben verlebendigen und vertiefen, in der Kirche Antworten und Stärkung finden und sich die Quellen der katholischen Tradition neu erschließen. Sie sorgen sich um das richtige Erscheinungsbild und den Dienst der Kirche in der Zukunft. Sie stellen Fragen zu sperrigen Themen. Die deutschen Bischöfe wissen sich in der Verantwortung für ihre Gläubigen und arbeiten deshalb an der Klärung und Vergewisserung der kirchlichen Zukunft. Sie wollen das konkret Mögliche tun, um den Weg der Kirche in die Zukunft zu erleichtern und Orientierung, Freude und Stärkung durch den Glauben zu mehren.

5.
Besuch Papst Benedikt XVI. in Deutschland

Die Kirche in Deutschland freut sich auf den offiziellen Besuch von Papst Benedikt XVI. in dessen Heimat. Wir haben den aktuellen Planungsstand der Vorbereitungen beraten, den wir vorgestern bei einem eigenen Pressegespräch vorgestellt haben. Die Reise des Heiligen Vaters stellen wir unter das von ihm stammende Wort „Wo Gott ist, da ist Zukunft.“ Mit diesem Motto rücken zwei zentrale Themen in den Blickpunkt, die gleichsam die Schwerpunkte der Reise des Papstes bilden: Die Frage nach Gott und nach der Zukunft. Unsere Zukunft liegt in und bei Gott. Diese Zukunft und vor allem den Weg zu Gott symbolisiert unser Logo zum Papstbesuch, das wir ebenfalls auf unserer Vollversammlung vorstellen konnten.

Für die katholische Kirche in Deutschland ist die Apostolische Reise des Heiligen Vaters ein Zeichen der Ermutigung und der Stärkung. Wir erhoffen uns vom Petrusdienst des Papstes Worte, die uns im Glauben kräftigen. Mit dem Besuch des Papstes begegnen wir dem Glaubenszeugnis eines Christen, der weit über die eigene Konfession hinaus wirkt. Deshalb ist es ein gutes Zeichen, wenn Benedikt XVI. zunächst die Hauptstadt Berlin und das Erzbistum Berlin besucht. Seine Rede im Parlament und die Eucharistiefeier in Berlin drücken aus, was dieser Papstbesuch zu leisten vermag: Er wird sich an Politik und Gesellschaft ebenso richten wie an die Kirche selbst. Dazu tragen auch die Begegnungen mit der Evangelischen Kirche in Deutschland, den orthodoxen Kirchen, Vertretern des Judentums und des Islams bei. Eine wichtige Station der Reise wird der Aufenthalt des Papstes in Erfurt sein. Papst Benedikt XVI. besucht damit stellvertretend die ostdeutschen Bundesländer und Diözesen. Gerade sein Weg ins Eichsfeld wird den Beitrag der Christen bei der Wiedervereinigung Deutschlands würdigen. Die Feiern des Heiligen Vaters in Freiburg sollen – wie das ganze Programm – ein Fest des Glaubens sein. Benedikt XVI. trifft zu einer Vigil mit Jugendlichen zusammen. Am Sonntag ist dann die Eucharistiefeier auf dem Freiburger Flughafengelände.

Wenn Papst Benedikt XVI. im September zu Besuch sein wird, werden wir in besonderer Weise spüren, dass die Gemeinschaft im Glauben nicht an den Grenzen von Diözesen oder unserem Land endet. Natürlich gibt es in unsere Kirche erkennbar lebhafte Diskussionen und Herausforderungen. Aber wir sind sicher: Papst Benedikt XVI. wird uns allen wertvolle Impulse geben und eine lebendige, selbstbewusste und mit der Weltkirche besonders verbundene Ortskirche von Deutschland erleben.

6.
Nationaler Eucharistischer Kongress
Die Vollversammlung hat sich mit dem Nationalen Eucharistischen Kongress in Köln beschäftigt und ihn für die Zeit vom 5. bis 9. Juni 2013 beschlossen.

7.
Glaube

• Präimplantationsdiagnostik – aktuelle Entwicklungen
Mit großer Sorge nehmen wir die aktuelle Diskussion um die Präimplantationsdiagnostik (PID) wahr. Die Debatte dazu ist entbrannt, nachdem der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil Anfang Juli 2010 entschieden hat, dass die PID, die bislang aufgrund des Embryonenschutzgesetzes von 1991 als verboten galt, nach der heutigen Rechtslage nicht strafbar sei. Gegenwärtig wird eine gesetzliche Regelung angestrebt, für die mittlerweile drei interfraktionelle Gesetzentwürfe vorliegen. Der Vorsitzende der Glaubenskommission, Karl Kardinal Lehmann (Mainz), hat uns in einem Bericht die aktuellen Entwicklungen dargelegt. Ergänzend hat uns Weihbischof DDr. Anton Losinger (Augsburg), der auch Mitglied des Deutschen Ethikrates ist, über die jüngste Stellungnahme des Deutschen Ethikrates zur PID unterrichtet, die am 8. März 2011 veröffentlicht wurde.

Kardinal Lehmann hat der Vollversammlung eine Stellungnahme zum Thema vorgelegt, die die Glaubenskommission vorbereitet hat. Wie in allen bisherigen Äußerungen der Deutschen Bischofskonferenz und einzelner Konferenzmitglieder zum Thema PID und allgemein zu Fragen des Lebensanfangs wird auch in der Stellungnahme unserer Glaubenskommission zur PID die eindeutige Positionsnahme der Deutschen Bischofskonferenz hervorgehoben. Die katholische Kirche geht in Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Forschung davon aus, dass mit der Vereinigung von menschlicher Ei- und Samenzelle ein neuerMensch entstanden ist. Daraus ergibt sich konsequent, dass die Präimplantationsdiagnostik (PID) unter keinen Umständen zugelassen werden kann, da diese Technik aus sich heraus mit der Selektion und der Tötung von menschlichem Leben einhergeht. Die katholische Kirche plädiert daher für ein Verbot der PID ohne Ausnahmen durch den Gesetzgeber. Die Vollversammlung hat die von der Glaubenskommission vorgelegte Stellungnahme zur PID verabschiedet. Der Text ist als Anlage beigefügt.

8.
Liturgie
• Gemeinsames Gebet- und Gesangbuch

Vor zehn Jahren haben sich die Bischofskonferenzen Deutschlands und Österreichs darauf verständigt, in bewährter Weise gemeinsam ein neues Gebet- und Gesangbuch zu erarbeiten – als Nachfolger des Einheitsgesangbuchs Gotteslob, das inzwischen seit über 35 Jahren in Gebrauch ist. Zu diesem Zweck hat die Deutsche Bischofskonferenz im Herbst 2001 die Unterkommission „Gemeinsames Gebet- und Gesangbuch“ (GGB) der Liturgiekommission errichtet. Den Vorsitz führt Bischof Dr. Friedhelm Hofmann (Würzburg).

Die Aufgabe der Unterkommission ist es, einen „Stammteil“ zu erarbeiten, der allen Diözesen Deutschlands und Österreichs gemeinsam ist. Darüber hinaus fungiert die Unterkommission als Anlauf- und Koordinierungsstelle für die „Eigenteile“ der Diözesen, also für jene Anhänge, die den Stammteil um die jeweiligen regionalen Besonderheiten ergänzen. Ein Buch solchen Zuschnitts stellt hohe Anforderungen: Es soll sich für das Singen und Beten nicht nur einzelner Gruppen, sondern aller Katholiken in Deutschland und Österreich eignen. Es soll ein Buch sein, mit dessen Hilfe man die kirchliche Liturgie mitfeiern kann und das man auch zuhause in die Hand nehmen kann, um allein oder gemeinsam zu beten, nachzudenken und zu singen. Durchgängig hohe Qualität der Texte und Gesänge ist hier ohnehin selbstverständliche Voraussetzung. Von Anfang an war klar, dass sich die Auswahl der Inhalte nicht einfach am persönlichen Geschmack der beteiligten Bischöfe und Experten festmachen darf. So hat die Unterkommission im Jahr 2003 eine Erhebung zur Akzeptanz des bisherigen Gotteslob-Stammteils durchgeführt. Dazu sind insgesamt 4.500 Fragebögen an ausgewählte Pfarreien (ca. 15 Prozent) und kirchliche Einrichtungen, Verantwortliche der Kirchenmusik und Kirchenchöre, diözesane Kommissionen und Referate, Wissenschaftler und Ausbildungsstätten in Deutschland und Österreich versandt worden.

Im Frühjahr 2004 hat die Unterkommission ihre konkrete Arbeit am künftigen GGB bzw. Gotteslob – der vertraute Name bleibt erhalten – aufgenommen. Zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben wurden insgesamt zehn Arbeitsgruppen mit weit über 50 Mitarbeitern eingesetzt. Dabei handelt es sich um Experten aus Wissenschaft und Praxis, mit dem Schwerpunkt auf Theologie und Musik. Allein vier dieser Arbeitsgruppen befassen sich mit allem, was im künftigen Gotteslob mit Gesang zu tun hat: von Liedern über Gregorianik und Psalmgesang bis hin zum Orgelbuch und weiteren Instrumental-Materialien. Außerdem befassen sich drei Arbeitsgruppen mit der Auswahl und Erstellung geeigneter Texte: Gebete, Einführungen und Katechesen, geistliche Impulse. Weitere drei Arbeitsgruppen sind mit den liturgischen Teilen beschäftigt: der Heiligen Messe und der Feier der anderen Sakramente, dazu noch weiteren gottesdienstlichen Formen.

In der ersten Arbeitsphase sind etwa 2.800 Lieder, Melodien und Texte gesichtet worden. Über 2.090 kamen daraufhin in die engere Auswahl und wurden bis zu viermal abgestimmt, bis schließlich klar war, welches gute Drittel davon für den Stammteil des künftigen Gotteslobs infrage kommt. Da Lieder oft in unterschiedlichen Fassungen bekannt sind, wurde die Frage der generellen Aufnahme eines Liedes von der Frage nach einer bestimmten Textfassung getrennt – was auch für die Entscheidung bedeutsam ist, ob ein Lied in den Stammteil oder in die Diözesanteile Eingang finden soll. Um die mögliche Akzeptanz der bisherigen Arbeitsergebnisse zu ermitteln und weitere Impulse zu erhalten, ließ die Unterkommission zwischen Advent 2007 und Pfingsten 2008 eine Auswahl möglicher Inhalte des Gotteslobs in 186 Gemeinden erproben und bewerten.

Die Arbeiten sind noch nicht am Ende angelangt, aber sie sind weit fortgeschritten. Während der Vollversammlung hat uns Bischof Dr. Hofmann erstmals eine Zusammenstellung aller Gesänge für den Stammteil des künftigen Gotteslobs präsentiert. Nach einer Phase der Sichtung und Überarbeitung, die in den kommenden Monaten folgt, werden wir uns bei der nächsten Vollversammlung erneut mit den Gesängen des Stammteils beschäftigen. Was die Texte des Stammteils des Gotteslobs betrifft, so ist auch diese Arbeit sehr weit vorangekommen, sodass sie uns Bischöfen vermutlich ebenfalls im Herbst 2011 zur ersten Beratung vorliegen werden. Wir haben in dieser Vollversammlung für das neue Gotteslob eine wichtige Zwischenetappe erreicht. Es braucht aber noch umfangreiche Arbeiten, bis wir tatsächlich aus dem neuen Gotteslob beten und singen können.

• Missale Romanum 2002: 3. Auflage des Messbuchs

Nachdem wir uns in der letzten Herbst-Vollversammlung mit dem Ordo Missae – einem zentralen Teil des Messbuchs – befasst haben, hat uns jetzt der Erzbischof von Köln, Joachim Kardinal Meisner, als Präsident der zuständigen Bischöflichen Kommission Ecclesia celebrans und Vorsitzender der Liturgiekommission über den Fortgang der Arbeiten am Missale Romanum 2002 informiert. Für ihren aktuellen Übersetzungsentwurf des Messbuchs hat die Kommission seit vergangenem Herbst bei den Bischöfen im deutschen Sprachgebiet Anregungen und Vorschläge zur weiteren Bearbeitung eingeholt. Nun sollen im nächsten Schritt nochmals alle Texte dieses Entwurfs zusammenhängend geprüft werden. Ziel ist es, dass auch das künftige deutsche Messbuch eine Form erhält, die im Deutschen stilistisch ansprechend und für den liturgischen Gebrauch geeignet ist. Erst wenn diese Arbeiten zum Abschluss gebracht sind, werden wir – entsprechend der vatikanischen Instruktion Liturgiam authenticam – für sämtliche Teile des Messbuchs eine Gesamt-Approbation vornehmen. Dies betrifft auch die Texte, mit denen wir uns bereits in früheren Vollversammlungen beschäftigt haben („Grundordnung des Römischen Messbuchs“ und „Ordo Missae“).

14.
Themen außerhalb der Tagesordnung

• Zur Lage in Japan
Die Vollversammlung wurde überschattet durch das Unglück, das Japan in diesen Tagen erlebt. Wir haben für die Opfer des Erdbebens und des Tsunamis gebetet – und für diejenigen, die voller Sorge sind angesichts der Folgen, die die Havarie des Kernkraftwerks nach sich ziehen kann. Bereits unmittelbar nach der Flutwelle habe ich dem Vorsitzenden der Japanischen Bischofskonferenz mein Beileid ausgesprochen und zu Spenden für Japan über Caritas international aufgerufen. Wir Bischöfe haben während der Vollversammlung eine Botschaft an den Vorsitzenden der Japanischen Bischofskonferenz gerichtet, in der wir das Mitgefühl der katholischen Christen in Deutschland und die Bereitschaft zur Solidarität zum Ausdruck bringen. Darüber hinaus rufen wir die Kirchengemeinden auf, in den Gottesdiensten am kommenden Sonntag für die Menschen in Japan zu beten. Am 25. März 2011 wird der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für die Auslandsseelsorge, Weihbischof Dr.Heiner Koch, mit der Japanischen Katholischen Gemeinde im Kölner Dom eine Heilige Messe zum Gedenken an die Opfer der Katastrophe in Japan feiern. Dazu sind alle Gläubigen eingeladen. …

• Debatte um Atomkraft
Durch die Geschehnisse in Japan ist die Frage nach der Sicherheit der Kernenergie zurecht neu gestellt worden. Die entsprechenden Antworten sind an erster Stelle von Experten auf diesem Gebiet zu geben. Doch die christliche Schöpfungsverantwortung verpflichtet uns, dafür einzutreten, die von Gott geschenkte Erde für alle Geschöpfe als zukunftsfähiges „Lebenshaus“ zu bewahren. Nachhaltiges Handeln verlangt die Solidarität mit gegenwärtigen und nachfolgenden Generationen. Es bedarf der Bereitschaft zum Umdenken und Handeln im Sinne der Erhaltung einer menschen- wie umweltgerechten Gestaltung der Schöpfung.

Seit längerem steht die Energiefrage im Raum: erschöpfbare Ressourcen, die bedrohlichen Folgen des Klimawandels und die Tatsache, dass immer noch einem beträchtlichen Teil der Menschheit ein offener und kostengünstiger Zugang zu Energie fehlt, machen ein Umsteuern der Energiepolitik dringend notwendig. Es muss darum gehen, den Energieverbrauch zu ver-ringern, die Effizienz der Energienutzung zu verbessern und die Suche nach alternativen Energien mit aller Kraft voranzutreiben. Dass es wichtig ist, sich in der Energieversorgung nicht auf eine Energieart festzulegen und verschiedene sich ergänzende Wege einzuschlagen, zeigt der Blick nach Japan.

Die Frage, ob die Kernenergie in diesem Energiemix eine dauerhaft tragfähige Lösung ist, kann angesichts ihrer schwerwiegenden – selbst für ein Hochtechnologieland wie Japan – kaum beherrschbaren Risiken und ungelösten Folgeprobleme nur verneint werden. Die verantwortlichen Regierungen und Führungskräfte, nicht nur in Deutschland, sind aufgerufen, mit allen verfügbaren Mitteln die Sicherheit der Kernenergie zu überprüfen und den Mut zu haben, sie neu zu bewerten und entsprechende Konsequenzen auch mit Blick auf die Laufzeitverlängerung zu ziehen.



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