1. April 2011 in Deutschland
Rüge: Brauerei pries Bier als flüssigen Seelsorger an
Berlin (kath.net/idea) Beschwerden gegen Werbung haben im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Das gab der Deutsche Werberat am 31. März in Berlin bekannt. Die Zahl der Eingaben stiegen im Vergleich zu 2009 um 55 Prozent auf 907. Bürger protestierten gegen 298 Werbekampagnen (2009: 255). In 89 Fällen hielt der Werberat die Kritik für berechtigt. Daraufhin stellten 63 Unternehmen die beanstandete Werbung ein, und 18 änderten sie. Diese hohe Durchsetzungsrate von mehr als 90 Prozent unterstreicht die hohe Autorität des Werberats in der Wirtschaft, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Hans-Henning Wiegmann. In acht Fällen (2009: 7) sprach der Werberat eine öffentliche Rüge aus, weil sich die Firmen einer Korrektur widersetzten. Sechs Werbemaßnahmen wurden wegen Frauen diskriminierender Darstellungen oder Werbesprüche getadelt.
Die Rüge gegen die Klosterbrauerei Neuzelle (Bundesland Brandenburg) richtete sich gegen die Internetwerbung für eine Biersorte mit dem Slogan Ein flüssiger Seelsorger, der so manche Last des Alltags vergessen lässt. Damit erwecke die Brauerei den Eindruck, das Getränk habe eine tröstende und beruhigende Wirkung auf den Gemütszustand des Konsumenten, so der Werberat. Dies widerspreche den Verhaltensregeln über kommerzielle Kommunikation für alkoholhaltige Getränke. Ebenfalls gerügt wurde die Kampfkunst-Schule Wing Tsun Concepts (Karben bei Frankfurt am Main), die in einer Werbung ein blutig geschlagenes Gesicht zeigte. Der Werberat sprach 209 Kampagnen von Kritik frei (2009: 186), weil Proteste dagegen überzogen oder weit entfernt von der Lebensrealität gewesen seien.
Kaum Beschwerden wegen Verletzung religiöser Gefühle
Der Sprecher des Werberats, Volker Nickel, sagte auf idea-Anfrage, die Zahl der Beschwerden aus religiösen Gründen bewege sich auf einem äußerst niedrigen Niveau. 11 Eingaben seien damit begründet worden (2009: 8), aber nur in einem Fall habe das Gremium deshalb eine Werbemaßnahme beanstandet. Sie sei daraufhin geändert worden. Nickel zufolge sind Unternehmen in der Regel hochsensibel, wenn es darum geht, religiöse Empfindungen von Verbrauchern nicht zu verletzen.
Grenzüberschreitungen wegen harten Wettbewerbs
Werberat-Vorsitzender Wiegmann sieht in dem allgemeinen Ansteigen der Beschwerden vorerst noch keinen wesentlichen Grund zur Besorgnis. Unternehmen griffen im harten Wettbewerb häufiger zu Grenzüberschreitungen in ihrer Werbung. Grund für die Entwicklung sei auch, dass vermehrt Werbung im Internet kritisiert werde. Im vorigen Jahr sei dies in 50 Fällen geschehen (2009: 19). Außerdem erleichtere das elektronische Beschwerdeformular Proteste an den Werberat.
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