8. April 2011 in Weltkirche
Muslimische Sufis und Kopten leiden unter Übergriffen extremistischer Salafiten
Göttingen Kairo (kath.net/GfbV) Christliche Kopten und muslimische Splittergruppen wie die Sufis fürchten die wachsende Gewalt extremistischer Salafiten in Ägypten. Mindestens 16 Moscheen, Heiligenschreine und Gräber des Sufi-Ordens wurden allein in der Hafenstadt Alexandria im März 2011 von Salafiten angegriffen, berichtete die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Freitag in Göttingen. In Oberägypten starben zwei Kopten bei Übergriffen von Salafiten. Einem koptischen Christen wurde von Salafiten ein Ohr abgeschnitten, um ihn gemäß der Scharia zu bestrafen.
"Während im Ausland über den wachsenden politischen Einfluss der Muslimbruderschaft spekuliert wird, schaffen extremistische Salafiten ein Klima des Schreckens unter Ägyptens Christen, gemäßigten Muslimen und muslimischen Minderheiten", warnte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Der Große Imam der Al Azhar-Moschee in Kairo, die als Zentrum des Glaubens der mehrheitlich sunnitischen Muslime Ägyptens gilt, verurteilte öffentlich die Gewalt gegen Sufi-Schreine.
"Der Terror der Salafiten ist nicht neu, wurde aber lange unterschätzt", sagte Delius. "Er richtet sich nicht nur gegen Andersgläubige, sondern auch gegen die Demokratiebewegung." So warfen Salafiten im Vorfeld des Referendums über Änderungen der Verfassung am 19. März 2011 den Kritikern der Verfassungsergänzungen vor, anti-religiös zu sein, und forderten sie auf, aus Ägypten auszuwandern, wenn es ihnen nicht passe, dem "Pfad Gottes zu folgen". "Habt keine Angst, das Land gehört jetzt uns", erklärte einer der bekanntesten Salafiten-Führer nach ihrem Sieg bei dem Referendum. Ägyptische Menschenrechtsorganisationen werfen den Salafiten vor, systematisch Kritiker einzuschüchtern und zu bedrohen.
In der 500 Kilometer südlich von Kairo gelegenen Stadt Kena wurden die beiden Kopten Ibrahim Fouad Botros und Mathias Talat Asham bei Auseinandersetzungen mit Salafiten in den vergangenen beiden Wochen getötet. Dem Kopten Aiman Anwer Mitry schnitten Salafiten am 21. März 2011 ein Ohr ab. So wollten sie ihn nach dem traditionellen Scharia-Recht dafür bestrafen, dass er einer Muslimin eine Wohnung vermietete, die die Salafiten als Prostituierte ansehen. Außerdem unterstellten sie dem Kopten fälschlicherweise ein Liebesverhältnis zu seiner Mieterin.
"Die Salafiten zählen zu den Gewinnern der ägyptischen Revolution", sagte Delius. Unterlagen sie vorher strenger Überwachung, so können sie nun im Fernsehen und Radio frei für sich werben. Sie beziehen sich auf die ältesten Strömungen des Islam und gelten als sehr konservativ.Den vor allem in Alexandria starken Sufi-Orden gehören rund eine Million Sunniten an, die ein liberales Verständnis des Islam haben.
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