Nägel vom Kreuz Jesu gefunden? Kopfschütteln bei Experten

14. April 2011 in Aktuelles


Kritiker: Film eines Kanadiers ist „reine Geschäftemacherei“


Jerusalem (kath.net/idea) Die angebliche Entdeckung von zwei Nägeln, die bei der Kreuzigung Jesu Christi verwendet worden sein sollen, hat in der Fachwelt Kopfschütteln ausgelöst. Ein Dokumentarfilm des kanadischen Filmemachers Simcha Jacobovici soll den Fund belegen. Der Film wurde am 11. April in Jerusalem vorgestellt und soll an Ostern gesendet werden, unter anderem im israelischen Fernsehen. Laut Jacobovici stammen die Nägel aus der bereits 1990 entdeckten Grabstätte des jüdischen Hohepriesters Kaiphas in Jerusalem. Dieser hatte zur Zeit Jesu das höchste Amt eines Juden unter römischer Besatzung inne. Den Evangelien zufolge sorgte er dafür, dass Jesus von den Römern gekreuzigt wurde. Ein „Kaiphas-Evangelium“ aus dem 6. Jahrhundert berichtet, dass sich der Hohepriester später zum christlichen Glauben bekehrt habe und nach seinem Tod die Nägel vom Kreuz Jesu in seinen Ossuar, einen Sarg für Knochen, legen ließ. Die Nägel seien bei der Auswertung des Kaiphas-Grabes zwar registriert, aber nicht weiter beachtet worden. In mühsamer Detektivarbeit habe er die Nägel schließlich in einem Labor der Universität Tel Aviv gefunden.

Deutscher Israel-Experte: „Absoluter Blödsinn“

Nach Ansicht des Archäologen Prof. Gabriel Barkay von der Bar-Ilan-Universität (Ramat Gan bei Tel Aviv) ist weder bewiesen, dass die von Jacobovici gefundenen Nägel tatsächlich aus dem Kaiphas-Grab stammen, noch dass sie bei der Kreuzigung verwendet wurden. Der deutsche Bibel- und Israelexperte Alexander Schick (Westerland/Sylt) wies gegenüber idea darauf hin, dass die Römer zur Zeit Jesu täglich viele Menschen kreuzigen ließen, um den jüdischen Widerstand gegen die Besatzung zu brechen. Deshalb gebe es Tausende Nägel, ohne sie bestimmten Personen zuordnen zu können. In zahlreichen Gräbern habe man Nägel gefunden. Schick hält Jacobovicis Film für „absoluten Blödsinn“ und „reine Geschäftemacherei“.

Fragwürdige Sensationsfilme über Jesus

Auch der in Jerusalem wohnende deutsche Journalist Ulrich Sahm sieht die Annahme des Filmemachers kritisch. Der Archäologe Barkay habe Jacobovicis Behauptung widerlegt, dass im Judentum einem Toten nur „Nägel von Gekreuzigten“ als Grabbeigabe mitgegeben worden seien, um Seelenheil in der Nachwelt zu bewirken. Laut Barkay hätten Nägel in einem Raum, in dem ein Toter lag, als „unrein“ gegolten und seien deshalb nicht in einem Knochenkasten aufbewahrt worden. Man habe Nägel aber verwendet, um die Namen der Verblichenen auf Knochenkästen zu ritzen, und sie dann in der Grabanlage liegen gelassen. Im Internetdienst „Hagalil“ schreibt Sahm ferner, dass der Kanadier schon einige fragwürdige Sensationsfilme über Jesus gemacht und sie erfolgreich weltweit vermarktet habe. So habe der Filmemacher die christliche Welt schon einmal mit der „Entdeckung“ des Grabes der kompletten Familie Jesu – mitsamt Mutter Maria, Vater Josef, Jesus selber, seiner Ehefrau und einem Sohn – aufgeschreckt. Der Film wurde 2007 an Karfreitag vom privaten Fernsehsender ProSieben ausgestrahlt und von Wissenschaftlern als reine Vermutung kritisiert.


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