Matussek: Kirchensteuer ist 'eine moderne Form von Ablasshandel'

12. Mai 2011 in Deutschland


„Überall sonst auf der Welt gibt es Frömmigkeit auch ohne Steuer, ohne dieses erkaltete Christentum per Staatseinzug“, das obendrein von „Gremienkatholiken“ dazu benutzt wird, „Glaubens-Bastionen und Traditionen einzureißen"


München (kath.net)
Der "Spiegel" hat einen weiteren Auszug aus dem neuen Bestsellerbuch von Matthias Matussek "Das katholische Abenteuer" veröffentlich. In dem Ausschnitt übt der Autor Kritik an der Kirchensteuer in Deutschland.

"Als der Papst vor einigen Jahren durchblicken ließ, dass er Kirchenzugehörigkeit und Steuer nicht verknüpft sehen wollte, erbleichte das deutsche Episkopat. Doch nicht nur die katholischen Kirchenoberen wurden nervös, auch in den Reihen der Protestanten gab es eine Menge besorgter Gesichter. Dabei weiß jeder, dass dieser deutsche Weg eine Ausnahme ist. Überall sonst auf der Welt gibt es Frömmigkeit auch ohne Steuer, ohne dieses erkaltete Christentum per Staatseinzug. Und sie ist oft fröhlicher als bei uns. Ich habe in Rio und in New York in Gemeinden gelebt, die womöglich aus genau diesem Grunde so vital waren, weil sie ihre Kirche mit freiwilligen Spenden und tätiger Hilfe stützen, ja stützen müssen."

Dann übt Matussek scharfe Kritik an der Verknüpfung von Sakramenten mit der "Zwangsabgabe": "Dass bei uns nur derjenige die Sakramente erhält, der die Zwangsabgabe zahlt, ist eine moderne Form von Ablasshandel. Es ist ein theologischer Skandal, den erstaunlicherweise auch die Protestanten stillschweigend mittragen, gerade sie, die sich doch einst im Protest gegen den Ablass erst gründeten. Doch vor allem tragen diesen faulen Frieden unsere lautstarken Reform-Katholiken mit, die Anti-Römer, die Honoratioren unseres "Zentralkomitees" genauso wie die dauerprotestierenden Sandalenträger der "Kirche von unten", die mit den fortschrittlichen Kirchentagen und Trommeln für den Frieden."

Auf die Frage, wohin denn die Steuer eigentlich fließe, schreibt der "Spiegel"-Redakteur dann: "Nicht in unsere Gemeinde! Wir mussten für die Reparatur unseres Kirchendaches sammeln. Aber wir haben das Geld zusammengekriegt. Kirchenmittel? Die fließen wohl in erster Linie in die Finanzierung von Katholikentagen und Thesenpapieren, auf denen der Papst als rückständig und autoritär beschimpft wird und die Aufhebung des Zölibats gefordert wird. Das Dach ist eine Metapher. Die Gläubigen in der Gemeinde reparieren, während die Gremienkatholiken die Steuern dafür verwenden, Glaubens-Bastionen und Traditionen einzureißen."

Matussek wirft den Kirchen vor, sich in Staatsnähe verdächtig bequem einzurichten. Aus diesem "warmen Unterstand" heraus überbiete man sich in "radikalen Forderungen". "Die Abrissvorschläge kreisen immer um die gleichen Punkte: Zölibat, Unfehlbarkeit, Gleichberechtigung. Nichts davon interessiert die Weltkirche, interessiert einen Katholiken in Ägypten oder Pakistan. Die sind mit Überleben beschäftigt. Bei uns herrscht sterile Selbstbeschäftigung von Bürokraten. Die katholische Kirche hat die womöglich notwendigen Erschütterungen durch das zweite Vatikanum und die Reformen seiner Liturgie nur so leidlich überstanden. Das Ergebnis: Es liegt jetzt mehr gewöhnliches Tageslicht in Kirchenräumen. Die Hochaltäre sind weggeräumt, die Andachtsräume wurden von Kinderzeichnungen und einer mittlerweile auch wieder angestaubten Avantgarde erobert. "

Der gesamte SPIEGEL-BEITRAG im WORTLAUT

TV-Hinweis: Matussek am Donnerstag am Abend bei LANZ

KATH.NET-Buchtipp:

Matthias Mattusek
Das katholische Abenteuer: Eine Provokation. Ein SPIEGEL-Buch
Deutsche Verlags-Anstalt 2011
Gebundene Ausgabe, 368 Seiten
ISBN 3421045143
20,50 €

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