28. Mai 2011 in Weltkirche
In Rom sorgt ein neues Denkmal für Johannes Paul II. für Aufregung. Viele finden es schrecklich hässlich. Der Bürgermeister hat bereits ein Referendum über die Statue in Aussicht gestellt. Von Paul Badde / Die Welt)
Rom (kath.net/DieWelt) Rom ist um eine Attraktion reicher, aber vielleicht nicht für lange. Ein Kunstwerk des Bildhauers Oliviero Rainaldi, das Johannes Paul II. darstellen soll, soll Rom-Reisende neuerdings auch vor dem Bahnhof Termini "willkommen heißen", wie es sich Bürgermeister Gianni Alemanno ausmalte, als er das Meisterstück letzten Mittwoch - am 91. Geburtstag des neuen Seligen - feierlich enthüllte. Ein frommer Wunsch. Denn die Skulptur dreht den Pilgern - zunächst einmal - den Rücken zu, wenn sie den Bahnhof verlassen. Ob sie es dann aber überhaupt wahrnehmen, ist auch zweifelhaft, sollte sie nicht die Menschentraube darauf aufmerksam machen, die sich (jedenfalls bislang noch) immer wieder in Spott und Protest spontan davor versammelt.
Denn das Ding ist acht Meter hoch, unzählige Tonnen schwer, recht hässlich, und hat sicher ein Heidengeld gekostet. Allein das Material: die schiere Masse! Dann der künstlerische Mehrwert. Es soll aus Bronze sein, heißt es, sieht aber aus wie aus angepinseltem Beton mit abblätterndem Giftgrün. Es ist ein Monstrum, das zu einer Art Unterstand aufbricht und aufklafft wie ein weiter Mantel mit nichts darunter. Was oben aber kopfartig aus dem Gebilde herauswächst und das Haupt Johannes Paul II. darstellen soll, hat hinten einen Stiernacken wie Benito Mussolini und vorn ein Gesicht, das fast nicht zu erkennen ist. Nach dem am Ende so fragilen und hinfälligen Karol Wojtyla sieht an diesem Denkmal gar nichts aus, aber auch nicht nach dem Athleten, als der er bei seiner Wahl erschien.
Daran ändert auch die Deutung des Künstlers zur Nachhilfe perplexer Betrachter nichts, dass der Mann, den er hier darstellen wollte, sich in dieser Plastik angeblich "entleert, um sich ganz Gott anzuvertrauen", - treu nach der Vorgabe des Apostels Paulus, der den Satz schrieb: "Ich lebe nicht mehr, aber du - Gott - lebst in mir." Nun ja. Künstlerische Freiheit, mit theologischer Fragwürdigkeit. Es ist ein Amalgam aus unklaren Ingredienzien. Kein Wunder, dass schon am letzten Donnerstag in Rom eine Debatte darüber ausbrach, welche Metapher das Ding denn wohl charakterisieren könne, das nach Einschätzung des wohlwollenden "Osservatore Romano" der Höhe des Anspruchs nicht ganz gerecht werde, der hier in einer Holzhammer-Symbolik durchscheine, um an den Umarmungsgestus zu erinnern, mit dem der Papst jedem Pilger begegnete. Der offene Mantel erinnert manche an ein offenes Zelt, andere an eine Glocke - jedoch zerbrochen, wie von einer Bombe, die den Blindgänger in ein entleertes Wachhäuschen verwandle. In der "Repubblica" wird die Skulptur schlicht als "Konservendose" geschmäht und der Künstler mit den Worten zitiert, sein Werk werde leider nicht verstanden. Er wollte nicht das 18. Jahrhundert nachäffen, sondern zeitgenössische Kunst auf die Zukunft hin schaffen. "Sofortige Räumung", verlangt dennoch Stefano Pedico von der Oppositionspartei "Italien der Werte". Pier Ferdinando Casini von der christlichen UDC verlangt einen internationalen Wettbewerb für einen neuen Versuch, Johannes Paul II. an diesem Platz auf höchstem Niveau in lebendiger Erinnerung zu halten.
"Das Ding sieht aus wie eine Figur aus dem Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel", sagt unser deutscher Freund. Doch weil die Römer das Spiel so nicht kennen, ärgern sich nicht wenige einfach von Herzen über das Geschenk gegenüber der Basilika Santa Maria degli Angeli, in der Michelangelo die Ruinen der Thermen des Diokletian vor Jahrhunderten in ein Juwel unter den römischen Gotteshäusern verwandelte. Oliviero Rainaldi, der zur Erinnerung auch schon auf Michelangelo hingewiesen hat, der ja ebenfalls zu seiner Zeit nicht von jedem verstanden wurde, ist 56 Jahre alt und noch irgendwie zu jung, um sein Ding als reifes und schwieriges Alterswerk durchgehen zu lassen.
Inzwischen hat der Bürgermeister schon ein Referendum in Aussicht gestellt. 92,1 Prozent der Römer sind aktuellen Umfragen zufolge gegen das Kunstwerk, das wir uns aber vielleicht am besten als ein "work in progress" vorstellen sollten, das erst zur Vollendung reift, wenn jene Wolken von Staren wieder über dem Bahnhof auftauchen, die hier noch in jedem Herbst zuverlässig jedes Auto vollkommen zugekleckert haben.
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