‚Als Dolmetscher den Glauben in Sprache der Menschen übersetzen‘

13. Juni 2011 in Deutschland


Erzbischof Robert Zollitsch: Pfingsten kommt einer Energiewende gleich.


Freiburg (www.kath.net/ pef)
Pfingsten ist nach den Worten von Erzbischof Dr. Robert Zollitsch (Freiburg) „die Energieoffensive Gottes für uns Menschen“. Pfingsten mache „die Kraftquelle der Kirche, die entscheidende Kraftquelle unserer Welt sichtbar“, sagte Zollitsch am Sonntag (12.6.) in seiner Predigt zum Pfingstfest im Freiburger Münster. Vom Geist Gottes gestärkte und bewegte Menschen seien „die Boten und Träger der Hoffnung, die Vorboten und Wegbegleiter einer Zukunft zu Gott und mit Gott.“

Der Erzbischof von Freiburg erinnerte an das Erdbeben in Japan vor drei Monaten, bei dem eine gewaltige Flutwelle mehr als 25.000 Menschen in den Tod gerissen hat und das Atomkraftwerk Fukushima außer Kontrolle geriet. Seit dieser tragischen Katastrophe sei die Frage „Woraus beziehen wir unsere Energie? zu einer der entscheidendsten Fragen am Beginn des 21. Jahrhunderts geworden.

„Woraus beziehen wir unsere Energie? Woher kommt unserer Kraft?“ Das sind nach Überzeugung von Erzbischof Zollitsch – „wenn auch auf ganz andere Weise“ – die zentralen Fragen, auf die das Pfingstfest Antwort gibt. Pfingsten komme einer Energiewende gleich. In der von der Pressestelle der Erzdiözese verbreiteten Predigt des Erzbischofs heißt es: „Die Menschen in Jerusalem kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus; sie horchten auf, liefen zusammen, wurden neugierig. Sie spürten: Da tut sich etwas Neues auf. Da ist eine Kraft am Wirken, die Menschen verändert, verwandelt und antreibt.“

In den Jüngern werde eine Energie frei, die sie alle Angst und Zaghaftigkeit überwinden lasse: „Mit Zivilcourage und Mut verkünden sie: Jesus, den ihr ans Kreuz geschlagen habt, lebt. Wir sind Zeugen dafür. Wir stehen dafür ein.“ Der Erzbischof von Freiburg sagte: „Das ist das Neue, das ist Pfingsten: Kraft von oben, Kraft Gottes, Gottes Heiliger Geist.“ Diese Energie, dieser Geist Gottes, führe zur alles entscheidenden Wende: „Aus ängstlichen Jüngern werden mutige Apostel; aus Resignation wird Zuversicht und Hoffnung; aus Niedergeschlagenheit wird Tatkraft zum Guten. Die Jünger ziehen in die Städte und Orte der Umgebung und verkünden dort die neue und frohe Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi.“

Christen sollen täglich „Dolmetscher des Evangeliums“ sein

Auch wenn die Bibel mittlerweile in fast 2500 Sprachen vorliege, sei die Übersetzungstätigkeit für das Evangelium noch nicht abgeschlossen. Erzbischof Zollitsch forderte die Christen in seiner Pfingstpredigt auf: „Wir sind Tag für Tag neu gefordert, als Dolmetscher des Evangeliums den Glauben in die Sprache der Menschen zu übersetzen; das Wort des lebendigen Gottes in der Sprache des Alltags, in der Sprache verständlicher Worte und überzeugender Bilder zu verkünden.“ Das sei gemeinsame Grundaufgabe der Christen: „Dazu bedarf es einer Sprache, die der Botschaft und den unterschiedlichen Menschen gerecht wird, die einfach ist, ohne naiv zu werden, die Tiefgang hat, ohne ins Uferlose auszuschweifen, die den modernen Menschen ernst nimmt, ohne sich anzubiedern.“

Die Sprache des Glaubens sei „für viele, ja vielleicht sogar für die meisten Menschen zu einer Fremdsprache geworden“. Christen müssten „sprach- und auskunftsfähig zu sein über diesen Glauben, der das ganze Leben prägt. Wir sind gefordert, die Frohe Botschaft in dieser Welt zu verkünden und lebendig zu halten. Dazu ist uns allen – wie den Jüngern an Pfingsten – Gottes Heiliger Geist geschenkt. Er will auch uns die Kraft geben, in der Öffentlichkeit für den Glauben an den Auferstandenen einzustehen und uns zu Jesus Christus zu bekennen.“

Zollitsch: Welt nicht schlechter reden, als sie in Wahrheit ist

In Menschen gibt es nach den Worten Zollitschs „ein tiefes Verlangen nach gelingenden und glückenden Beziehungen. Viele Menschen leiden in unserer Gesellschaft weniger unter materieller Armut als unter Beziehungsarmut.“ Zollitsch sagte wörtlich: „Wir leben in einer Zeit, in der der zwischenmenschliche Umgangston rauer und kritischer geworden ist, in der viel über Gott, die Welt und den Menschen gejammert, gemeckert, kritisiert und genörgelt wird.“ Der Erzbischof von Freiburg thematisierte in seiner Predigt zu Pfingsten auch die Situation der Medien: „Wie viel Zeit bleibt in ausgedünnten Redaktionen für Sorgfalt? Wie viel Freiraum lässt der Wettlauf um Quoten und Auflagen für Informationen aus erster Hand?“

Die Auswahl und Wertung der Nachrichten und Schlagzeilen werde umso subjektiver, „je kleiner die Schnittmenge an gemeinsamen gesellschaftlichen Normen wird, je geringer die Gemeinsamkeit von ethischen Werten ist“. Hier seien Christen gefordert – ob als Medienmacher oder Mediennutzer: „Es gilt, immer auch die andere Position zu hören und die gegenteilige Perspektive einzunehmen. Gottes Geist hilft, die Scheuklappen der eigenen Meinung abzulegen und sich die Fähigkeit zur eigenen Urteilsbildung zu erhalten. Er bewahrt vor Schwarz-Weiß-Malerei und Engstirnigkeit.“ Erzbischof Zollitsch sagte wörtlich: „Lassen wir uns die Welt nicht schlechter reden, als sie in Wahrheit ist. Haben wir den Mut, Zeugnis zu geben, von den großen Taten Gottes, die er auch heute mitten unter uns vollbringt.“


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