Ganz einfach, lieber Herr Bischof!

29. Juni 2011 in Kommentar


Beschwerdeführer als Denunzianten zu diffamieren ist vom Servicestandpunkt aus betrachtet so ziemlich das Unprofessionellste, was man als Leiter eines Unternehmens tun kann. Ein Kath.net-Kommentar von Dr. Christian Spaemann zu Bischof Bode


Osnabrück (kath.net) Bischof Bode hat recht, es ist unangenehm, wenn sich Gläubige, statt vor Ort bei ihm, in Rom beschweren. Aber wo liegt der Haken? Der Haken liegt zunächst einmal in seinem eigenen Kopf. Beschwerdeführer als Denunzianten zu diffamieren ist vom Servicestandpunkt aus betrachtet so ziemlich das Unprofessionellste, was man als Leiter eines Unternehmens tun kann.

Im Osnabrücker Krankenhaus oder in der nächst dem bischöflichen Palais gelegenen Mc Donalds Filiale käme er damit nicht durch. Beschwerdeführer werden heute hofiert, das sind die wichtigsten Kunden, denn die sagen dem Unternehmen das, was hundert andere nicht sagen, die dann einfach vom Big Mac zum Sandwich beim Subway wechseln.

Bischof Bode wäre leicht zu helfen, sowohl praktisch als auch intellektuell, wenn er sich denn helfen lassen will. Hat er schon mal etwas von einer Beschwerdestelle gehört? Ich habe heute in seinem Ordinariat angerufen, die haben keine. Warum eigentlich nicht? Das Osnabrücker Krankenhaus hat eine und alle Krankenhäuser drum herum auch.

Wie wäre es, wenn man genau das regional anbietet, was die Leute brauchen, um sich nicht ans ferne Rom wenden zu müssen? Aber natürlich würde solch eine Beschwerdestelle nur dann funktionieren, wenn aus den Beschwerden etwas folgt, d.h. wenn die Beschwerden ernst genommen und nach objektiven Kriterien beurteilt werden. Es müsste ihnen nachgegangen, ggf. Konsequenzen aus ihnen gezogen werden.

Voraussetzung für solch eine Beschwerdestelle wäre aber auch, dass man bzw. Exzellenz persönlich sich darüber Gedanken macht, ob und wenn ja, welche Rechte die Gläubigen haben. Auch hier kann Hilfe in Form von Argumentationshilfe angeboten werden:

Dass die Katholische Kirche kein, nach demokratischem Mehrheitsprinzip organisiertes Unternehmen ist, teilt sie mit dem Osnabrücker Krankenhaus und der nächst dem bischöflichen Palais gelegenen Mc Donalds Filiale.

Welche Rechte hat nun der Kranke im Osnabrücker Krankenhaus und der Besucher bei Mc Donalds und warum hat er überhaupt welche? Der Osnabrücker Bürger kann in seinem regional zuständigen Krankenhaus weder den Geschäftsführer noch den ärztlichen Direktor noch die Pflegedienstleitung wählen. Als einer, der auf sein regional zuständiges Krankenhaus angewiesen ist, steht er aber nicht einfach ohne Rechte da.

Diese sind ganz einfach. Als Kranker hat er nebst einer menschenwürdigen Behandlung das Recht darauf, dass er nach den allgemeinen Regeln der ärztlichen Kunst behandelt wird, auf die sich ein öffentliches Krankenhaus verpflichten muss, und dass die Hygienevorschriften des Landes Niedersachsen eingehalten werden.

Der hungernde Osnabrücker Bürger steht als Besucher von Mc Donalds ebenfalls nicht völlig ohne Rechte da. Auch hier müssen die Hygienevorschriften des Landes Niedersachsen eingehalten werden und er kann darauf pochen, dass er dort den Big Mac erhält, auf den sich Mc Donalds selbst verpflichtet hat; also zumindest kann man ihm nicht einfach ungestraft zumuten, auf eine gebackene Maus zu beißen.

Was ist nun mit dem Gläubigen? Auch er ist, wie der Krankenhauskunde, auf seine Institution angewiesen. Weshalb? Auch wenn das manchem, hoffentlich nicht dem Bischof, unangenehm ist, glaubt der schlicht gläubige Katholik das, was die Kirche über sich selber lehrt und kann diese Kirche deshalb nicht einfach relativieren und woanders hingehen, wie vom Big Mac bei Mc Donalds zum Sandwich beim Subway.

Nachdem er so durch seinen, manchem sicher etwas unangenehmen Glauben auf die kirchliche Institution angewiesen ist und er weder den Papst noch den Bischof noch seinen Pfarrer wählen darf, kann er nicht völlig ohne Rechte dastehen, so wie der Kranke im Krankenhaus und der Hungrige bei Mc Donalds nicht völlig ohne Rechte dasteht.

Diese Rechte sind auch hier ganz einfach: Der Pfarrer oder der Bischof, denen der Gläubige ausgeliefert ist, handelt nicht als Privatperson, sondern ist einem größeren Ganzen verpflichtet, in dessen Auftrag er handelt. Dieses größere Ganze ist in seinen konkreten Ausgestaltungen an verbindliche und objektivierbare Regeln gebunden. Das gilt vor allem für die Glaubensinhalte und die Sakramente. Hier setzen die Rechte des Gläubigen ein.

Die Institution Kirche ist also nichts Willkürliches und zum Ausgleich dafür, dass er es mit seinem Pfarrer oder Bischof, den er nicht wählen konnte, aushalten muss, hat der Gläubige Anspruch darauf, dass die sich an die Regeln halten.

Er hat Anspruch darauf, dass sein am Christentum interessierter konfuzianischer Freund aus China am Sonntag auf die Liturgie trifft, die er ihm zuvor anhand des Messbuchs erklärt hat und dass seiner Tochter im Religionsunterricht nicht etwas anderes gelehrt wird, als er mit ihr im Youcat durchgelesen hat. Kurz gesagt, er hat Anspruch darauf, dass da, wo katholisch drauf steht, auch katholisch drin ist.

Es ist ja toll, dass die vom Tiber aus versuchen, die Beschwerdestelle bereit zu stellen, die im Bistum Osnabrück fehlt, und dass sie auch noch versuchen, die Gläubigen in der Ferne darüber zu informieren, dass sie sich an sie wenden können. Aber ich versichere Ihnen, Exzellenz, die in Rom wären heil froh, wenn sie nicht die Servicearbeit für die Gläubigen machen müssten, die man auch vor Ort erledigen kann, und zwar ganz einfach, lieber Herr Bischof!


© 2011 www.kath.net