Zollitsch: Dialog ist mühsamer als 'von oben herab verkündigen'

6. September 2011 in Deutschland


DBK-Vorsitzender: "Ich erlebe unsere Kirche nicht als gespalten“. Aber es gibt „kämpferische Gruppen“, die „meinen allein zu wissen, was richtig ist. Da muss man fragen, ob sie die Wirklichkeit und die Theologie in ihrer ganzen Breite wahrnehmen.“


Augsburg (kath.net)
Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch hat in einem aktuelle Interview mit der "Augsburger Allgemeinen" erneut zu kirchenpolitischen und pastoralen Fragen Stellung genommen und dabei gemeint, dass "wir" eine "gewisse Bandbreite an Meinungen" haben und diese es schon immer gegeben habe. "Ich erlebe unsere Kirche nicht als gespalten. Es gibt aber auch kämpferische Gruppen in der Kirche, die meinen allein zu wissen, was richtig ist. Da muss man fragen, ob sie die Wirklichkeit und die Theologie in ihrer ganzen Breite wahrnehmen. Und noch etwas: Unsere Kirche zählt über eine Milliarde Mitglieder. Dass es da zu Diskussionen kommt, ist klar. Aber wir müssen uns immer wieder darauf zurück besinnen: Wir sind eine Kirche", meint Zollitsch.

Auf die Frage, ob denn die Kirche "gesund schrumpfen" müsse, meinte Zollitsch dann: "Ganz und gar nicht". Für den Erzbischof von Freiburg werden "immer unterschiedlich starke Bindungen an die Kirche" bestehen. Die einen engagieren sich tatkräftig, andere weniger. Das sei für Zollitsch "Chance und Last zugleich", weil wir stets darauf achten müssen, wie "wir möglichst viele mitnehmen". Laut dem Erzbischof kenne der Papst die "aktuellen Debatten" und die "heißen Eisen". Bei der umstrittenen Frage, ob wiederverheiratete Geschiedene nicht doch die Kommunion empfangen dürfen, meinte Zollitsch dann erneut: "Was ich will, ist ganz einfach: Ich bin fest überzeugt von der Unauflöslichkeit der Ehe und von ihrem Charakter als Sakrament. Und doch müssen wir erleben, dass Ehen scheitern, dass Ehepartner vom anderen verlassen werden. Die Situation dieser Menschen gilt es wahr und ernst zu nehmen. Denn wenn Menschen, die gültig verheiratet sind, zivil geschieden werden und wieder zivil heiraten, dann leben sie in den Augen der Kirche nicht in geordneten Verhältnissen. Umso mehr bleibt die Frage, ob und unter welchen Umständen man sagen darf, dass sie nicht mehr in Sünde leben und deshalb auch wieder die Kommunion empfangen dürfen. Diese Frage gilt es theologisch zu durchdringen und pastoral zu durchdenken."

Im Zusammenhang mit der Frage nach einem stärkere Mitspracherecht in den Gemeinden, einer Lockerung des Zölibats und der Frauenordination meint Zollitsch dann: "Ich weiß, dass es für manche schwierig ist, einen langen Atem zu haben. Aber wir müssen den Dingen und uns Zeit lassen, damit sich viele einbringen können. Sie merken es an den politischen Parteien: Nicht alle schnellen Beschlüsse eines Parteivorstands sind an der Parteibasis angekommen. So ein Dialogprozess ist natürlich mühsamer, als wenn man von oben herab verkündigen kann: Ihr habt das jetzt alle zu machen."


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