27. September 2011 in Deutschland
Die Kirchensteuerdebatte kocht wieder hoch: "Augsburger Allgemeine" übt Kritik an Interpretation der Papstworte durch Freiburger Erzbischof Zollitsch - "Bild"-Vatikankorrespondent: Der Papst stellt indirekt das Modell der Kirchensteuer infrage
Freiburg (kath.net) Die "Augsburger Allgemeine" übt in einem Kommentar Kritik an der Interpretation der Papstworte in Freiburg durch Erzbischof Robert Zollitsch. Papst Benedikt hat bei seiner Ansprache am Sonntag vor den "engagierten Laien" von einer "Ent-Weltlichung der Kirche gesprochen. "Die von materiellen und politischen Lasten befreite Kirche kann sich besser und auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuwenden, wirklich weltoffen sein." KATH.NET hat berichtet. Zollitsch hatte anschließend via Medien gemeint, dass der Papst nichts gegen die deutsche Kirchensteuer einzuwenden habe.
Daniel Wirsching schreibt in der "Augsburger Allgemeinen" dazu: "Salopp zusammengefasst bedeutet es ein radikales Zurück zu den Wurzeln und liest sich unter anderem als Kritik an der Deutschen Bischofskonferenz, die oft an einem Strang zieht, mitunter aber an unterschiedlichen Enden." Wirsching erinnert dann daran, dass das, was der Papst gesagt hat, nicht so neu sei und dies auch für die Passagen zur Streichung von staatlichen Privilegien gelte. "Benedikt ist hier recht eindeutig, die Interpretation seiner Worte durch Erzbischof Zollitsch dagegen etwas fragwürdig. Wäre es dem Papst nur um ein Signal zum Innehalten gegangen, hätte er das Thema nicht derart ausbuchstabiert. Nein, der Papst bekanntermaßen kein Freund der Kirchensteuer meint es ernst mit seiner Botschaft: Inhalt vor Strukturen. Welche konkreten Folgen das haben könnte, wird sich zeigen", betont Wirsching.
Auch für Albert Link, den BILD-Korrespondent beim Vatikan, ist klar, dass Papst Benedikt hier sehr wohl das Modell der Kirchensteuer hinterfrage. In seiner Zusammenfassung zum Papstbesuch schreibt er: "Bei seiner Rede im Freiburger Konzerthaus stellte der Papst indirekt das Modell der Kirchensteuer infrage: Die Kirche der Zukunft soll deutlich ärmer sein: Die Streichung von Privilegien, die Enteignung von Kirchengütern in der Geschichte bedeuteten jedes Mal eine tief greifende Entweltlichung der Kirche, die sich ja dabei gleichsam ihres weltlichen Reichtums entblößte und wieder ganz ihre weltliche Armut annahm Benedikts Antwort auf die deutschen Forderungen nach einem kirchlichen Aufbruch: Nicht ich werde die Kirche ändern ihr müsst euch ändern."
Auch Jörg Bremer, der FAZ-Romkorrespondent, hat in seinem Bericht über den Papstbesuch das Thema "Kirchensteuer" aufgegriffen und meint: "Seit 2008 verlangt die Kurie von den deutschen Bischöfen, auf die Kirchensteuer zu verzichten, und sie bekommt keine Antwort."
Papst Benedikt selbst gilt als Kritiker des Systems. Im Interviewbuch mit Peter Seewald aus dem Jahre 1994 sagte er wörtlich: "Vielleicht könnte in Zukunft einmal der Weg in die Richtung des italienischen Systems gehen, das zum einen einen viel niedrigeren Hebesatz hat, zum anderen aber - das scheint mir wichtig - die Freiwilligkeit festhält. In Italien muß zwar jeder einen bestimmten Satz seines Einkommens - o,8 %, glaube ich - einem kulturellen bzw. wohltätigen Zweck zuführen, worunter die katholische Kirche figuriert. Aber er kann den Adressaten frei wählen. Faktisch wählt die ganz große Mehrheit die katholische Kirche, aber die Wahl ist freiwillig."
Papst Benedikt - Die Rede an die engagierten Laien in Freiburg - 25. Sept. 2011
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