
14. Oktober 2011 in Österreich
Wie mit den Spaltungtendenzen in der Kirche umgehen? Ein KATH.NET-KLARTEXT von Bischof Andreas Laun
Salzburg (kath.net) Neulich sagte ich, es täte mir leid, wenn Msgr. H. Schüller der Kirche verloren ginge. Daraufhin signalisierten mir einige Leute und sogar Freunde ihr Unverständnis: Wie könne es mir leid tun, wenn Schüller gehe? Ich solle froh sein, wenn er ginge, dann sei endlich Klarheit!
Und umgekehrt: In einem Interview mit dem ORF meinte ich, wenn jemand zur Überzeugung kommt, den Glauben der kath. Kirche wirklich nicht mehr teilen zu können, wäre es ehrlicher, wenn er seinem, wenn auch irrendem, Gewissen folgte und sich jener Glaubens-Gemeinschaft anschlösse, die am Glauben gemessen die Seine geworden ist. Über seine Schuld bei diesem Abfall von der Kirche Jesu urteilt Gott allein! Auch für die Gemeinschaft der Katholiken, die der Betreffende verlässt, wäre dies besser als die Schein-Gemeinschaft von Menschen, deren Glaube längst nicht mehr derselbe ist!
Daraufhin erhielt ich das massiv vorwurfsvolle Email eines Priesters, er sei schockiert von meinem Aufruf zum Kirchenaustritt, durch den ich die Einheit der Kirche zerstören würde! Von der schon zerbrochenen Glaubenseinheit sprach der Priester allerdings nicht.
Leichter war es, den Kritikern meiner zu liberalen Haltung zu antworten, denn sie verstanden meine Richtigstellung sofort: Der Hirte kann nur traurig sein, wenn sich ein Schaf verirrt, er wird versuchen, es zurückzuholen und im Notfall sogar tragen, er überlässt es den Wölfen nur, wenn er es wirklich nicht mehr zurückholen kann und hofft dabei immer noch, es möge ihnen entkommen und von selbst, genauer mit Gottes Hilfe, zurückfinden zur Herde. Mit dieser Antwort waren meine Kritiker ganz einverstanden, sie verstanden meine ganz und gar katholisch-biblische Haltung.
Den Kritiker, der mir Aufruf zum Austreten vorwarf zu überzeugen, war schwieriger. Denn er gehört zu denen, die sagen Auftreten statt Austreten. Nun hat sich einmal auch Papst Benedikt XVI. dieser Formel bedient, dabei aber natürlich den katholisch legitimen Sinn von dem häretischen Verständnis dieser Worte unterschieden: Aufgetreten und nicht ausgetreten sind in der Geschichte vor allem Heilige, Menschen, die eine wirkliche Reform im Sinne Jesu vorangebracht haben! Für ihr Auftreten hatten sie dabei nicht selten einen hohen Preis zu zahlen, weil es innerkirchliche Christenverfolgung, mehr oder weniger heftig, auch früher schon gab und es immer schwierig bis unmöglich war, Innerkirchlich sündige Strukturen aufzubrechen!
Auftreten und nicht austreten ist aber dann häretisch und Sünde, wenn gemeint ist: Wir bleiben in der Struktur der Kirche, aber wir werden mit allen Mitteln die Kirche und vor allem ihre Lehre so umzubauen versuchen, wie wir sie wollen und bis sie unseren Ideen entspricht!
Aber das ist, wie leicht zu verstehen ist, der erste Schritt in die Spaltung, die man nicht dadurch vermeiden oder wieder schließen kann, indem man den sich öffnenden Spalt wegschweigt, schönredet oder überspringt. Konfrontiert mit einem Riss der Erde, der eine Strasse unpassierbar zu machen droht, muss man den Verkehr anhalten, die Ursachen suchen und dann Bau-Maßnahmen treffen, bis der Spalt beseitigt ist und die Straße wieder passierbar.
Das gilt auch für eine Gemeinschaft des Glaubens und die Spaltungstendenzen in ihr. Auch mit einem ganz anderen Bild kann man sagen, was von beiden Seiten her nötig ist: Wenn jemand Mitglied eines Fußballvereins ist, dann aber entdeckt, dass er eigentlich nur Tennis spielen will, kann er nicht verlangen, dass die Anderen ihren Platz aufgeben und weiter nur Tennis spielen, vielleicht mit der Begründung, auch Tennisbälle seien doch Bälle!
Nein, da gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Der Tennisspieler entdeckt wieder seine alte Liebe zum Fußball oder er geht über die Straße zum Tennisclub, wird dort Mitglied und spielt, was er spielen will. Freund seiner alten Freunde wird er so eher bleiben als wenn er deren Platz unbenützbar und Fußball Spiel unmöglich zu machen sucht! Auch hier gilt: Die Wahrheit wird euch freimachen.
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