Der Papst und Anton Bruckner

23. Oktober 2011 in Aktuelles


Benedikt XVI. beim Konzert im Vatikan: durch die Kunst das Geheimnis des Glaubens ergründen. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Am gestrigen Samstag Nachmittag führte das Bayerische Staatsorchester in der Audienzhalle „Paolo VI“ ein Konzert für Papst Benedikt XVI. aus. Auf dem Programm standen zwei Werke von Anton Bruckner: die Symphonie Nr. 9 sowie das „Te Deum“. Kent Nagano, der Generalmusikdirektor der Staatsoper, dirigierte das Orchester. Als Solisten traten vor rund 6.000 Zuhörern Eri Nakamura (Sopran), Okka von der Damerau (Alt), Kevin Conners (Tenor) und Steven Humes (Bass) auf. Ferner wirkte der Chor der „Audi Jugendchorakademie“ mit.

Nach der Aufführung dankte der Papst den Mitwirkenden und Organisatoren mit einem „herzlichen Vergelt's Gott“:

„Ganz herzlich danke ich dem Bayerischen Staatsorchester und der Audi-Jugendchorakademie sowie dem Bayerischen Generalmusikdirektor Kent Nagano und den Solisten für das große Geschenk, das sie uns gemacht haben. Die glänzende Aufführung der zwei Hauptwerke Anton Bruckners, des Te Deum und der Symphonie Nr. 9, hat uns in die tiefgründige Musik dieses großen Komponisten eintauchen lassen. Ich danke der Bayerischen Staatsoper für die Darbietung dieses wunderbaren Konzertes und allen, die daran mitgewirkt und die es ermöglicht haben“.

In seinen Ausführungen zu den aufgeführten Werken erläuterte Benedikt XVI., dass Bruckner bei seinem Tod am 11. Oktober 1896 noch an seiner neunten Symphonie gearbeitet habe, die er fast zehn Jahre zuvor begonnen habe. Er habe in Erinnerung an Beethoven und Schubert gespürt, dass es sich bei ihr um sein „symphonisches Testament“ handle.

Die Symphonik Bruckners hebe sich vom klassischen Modell ab, so der Papst. Der musikalische Dialog entwickle sich über große Blöcke hinweg, über ausgearbeitete und komplexe sowie nicht eindeutig abgegrenzte Sektionen, die jedoch sehr oft durch einfache Episoden der Verbindung und auch durch Pausen getrennt würden.

„Hört man die Musik Bruckners, so ist es gleichsam, als befinde man sich im Innern einer großen Kathedrale, während man die großartigen tragenden Strukturen ihrer Architektur beobachtet, die uns umfassen, die uns in die Höhe drängen und Gefühle erzeugen“, so Benedikt XVI. An der Basis der Arbeit Bruckners stehe sein Glaube, ein „einfacher, fester, echter Glaube“, den er sich sein ganzes Leben lang bewahrt habe.

Ihn mit einem anderen Vertreter der Spätromantik vergleichend habe der große Orchesterdirektor Bruno Walter gesagt: „Mahler war immer auf der Suche nach Gott, während Bruckner ihn gefunden hatte“.

Die unvollendete neunte Symphonie habe einen präzisen Titel: „Dem lieben Gott“, als habe Bruckner die letzte und reife Frucht seiner Kunst dem widmen wollen, an den er immer geglaubt hatte. Es könne ein Sinn der ständigen Erwartung in der ganzen Symphonie wahrgenommen werden, „ausgedehnte Tempi, die für eine geheimnisvolle, gleichsam unzeitliche Dimension offen machen und in sie hineinführen“: „Vom ersten Tempo mit der Anweisung ‚feierlich-misterioso’ bis zum Adagio, das mit einer großen Geste der ersten Violinen anhebt und sich in einem fortschreitenden Crescendo in die Höhe entfaltet, verbunden mit abwechselnden hellen Momenten, unmittelbarer Stille, isolierten Sektionen von Klangfarben, Orgelklängen, Chorälen, Klangexplosionen, Ruhe bis hin zum friedvollen, leuchtenden Schluss in E-Dur“.

Es sei bedeutsam, dass in dieses letzte Tempo vier Noten des „Miserere“ aus dem „Gloria“ seiner Messe in D-Moll sowie Erinnerungen an das „Benedictus“ aus seiner Messe in F-Moll eingefügt worden seien. Bruckner habe den lieben Gott gebeten, in sein Geheimnis, zu seiner Höhe emporsteigen, im Himmel den Herrn preisen zu dürfen, wie er dies auf Erden mit seiner Musik getan habe.

Das Werk „Te Deum laudamus, Te Dominum confitemur“ habe Bruckner an einem Stück geschrieben und über 15 Jahre hinweg weiter ausgearbeitet, gleichsam als habe er stets neu daran denken wollen, wie er Gott besser preisen könne. Das „Te Deum“ fasse den Glauben Bruckners zusammen, der in der großen doppelten Schlussfuge wiederholt werde: „In te, Domine speravi: non confundar in aeternum“.

Diese Worte „sind ein Aufruf auch für uns, die Horizonte zu öffnen und an das ewige Leben zu denken, dies nicht, um der Gegenwart zu fliehen, auch wenn diese von Schwierigkeiten gezeichnet ist, sondern vielmehr um sie noch inniger zu leben und in die Wirklichkeit, in der wir leben, ein wenig Licht, Hoffnung und Liebe zu bringen“.


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