9. November 2011 in Aktuelles
Benedikt XVI.: 'Das Gesetz Gottes ist kein schweres Joch der Knechtschaft, sondern Geschenk der Gnade'. Gott ist das einzige wahre Erbe. Die freie Entscheidung für den Zölibat um des Himmelreiches willen neu entdecken. Von Armin Schwibach
Rom (kath.net/as) Rund 20.000 Pilger und Besucher - zweimal so viel wie ursprünglich angemeldet - versammelten sich am heutigen Mittwoch auf einem von der Sonne gewärmten Petersplatz zur traditionellen Generalaudienz mit Papst Benedikt XVI. Der heutige 9. November ist für die Diözese Rom ein besonderer Tag, da die Kirche der Weihe der Lateranbasilika gedenkt. Die dem allerheiligsten Erlöser und seit dem 12. Jahrhundert auch dem heiligen Johannes dem Täufer geweihte Lateranbasilika ist die älteste päpstliche Basilika und führt den Titel Mutter und Haupt aller Kirchen des Erdkreises (Mater omnium ecclesiarum Urbis et Orbis). Im anliegenden Lateranpalast residierten die Päpste vom 4. bis zum 14. Jahrhundert. Die Kirche wurde von Kaiser Konstantin errichtet und im Jahr 324 von Papst Silvester I. eingeweiht. Die durch Brand, Erdbeben und Plünderungen heimgesuchte Kirche wurde im Lauf der Jahrhunderte wiederholt restauriert. Papst Benedikt XIII. hat sie am 28. April 1726 nach größeren Restaurationsarbeiten neu eingeweiht und den 9. November als Kirchweihtag der Basilika bestätigt.
In seiner Katechese setzte Benedikt XVI. seine Ausführungen zu den Psalmen fort und beschäftigte sich mit dem Psalm 119. Dabei betonte der Papst, dass das Gesetz Gottes, das den Mittelpunkt des Lebens des Menschen bildet, das Hören des Herzens erfordert, ein Hören, das nicht aus servilem, sondern aus kindhaftem, vertrauensvollem und bewusstem Gehorsam besteht. Das Hören des Wortes Gottes ist persönliche Begegnung mit dem Herrn des Lebens, eine Begegnung, die sich in konkrete Entscheidungen umsetzen und Weg und Nachfolge werden muss.
Psalm 119 zeichne sich durch die Besonderheit aus, ein nach dem hebräischen Alphabet mit seinen 22 Buchstaben konstruiertes Akrostichon zu sein. Jede Strophe entspreche einem Buchstaben des Alphabets, mit dem jeder der acht Verse der Strophe beginne.
Die zentrale Thematik des Psalms bestehe in einem eindrucksvollen und feierlichen Loblied auf die Torah des Herrn, das heißt: auf sein Gesetz als Lehre, Unterweisung und Lebensdirektive. Liebe zum Wort Gottes durchdringe den ganzen Psalm, der dessen Schönheit, heilbringende Kraft und Fähigkeit preise, Freude und Leben zu schenken: Das Gesetz Gottes ist kein schweres Joch der Knechtschaft, sondern Geschenk der Gnade, die frei macht und zum Glück führt, so Benedikt XVI.
Die Treue des Psalmisten entspringe dem Hören des Wortes Gottes, das in seinem Innersten zu bewahren, zu betrachten und zu lieben sei, wie dies auch Maria getan habe, die die vollendete Gestalt des vom Psalmisten beschrieben Gläubigen zu ihrer Erfüllung bringe.
Neben dem Hauptthema des Wortes Gottes als Wort des Lebens und der Seligkeit und als Gesetz fänden sich in fast allen Versen Synonyme für Gebot, Lehre, Verheißung, Urteile verbunden mit vielen Verben, die das Beachten, Lieben, Bewahren, Verstehen, Betrachten und Leben des Wortes zum Ausdruck brächten.
Das göttliche Gesetz, Gegenstand der leidenschaftlichen Liebe das Psalmisten und jedes Gläubigen, ist Quelle des Lebens. Das Verlangen, es zu verstehen, zu beachten und alles auf es auszurichten, ist das Merkmal des gerechten und dem Herrn treuen Menschen, der es Tag und Nacht betrachtet. Das Gesetz Gottes müsse daher im Herzen bewahrt werden.
Als Jesus gefragt worden sei, was man tun müsse, um das ewige Leben zu erlangen, habe er auf den Weg der Achtung des Gesetzes verwiesen und dabei gezeigt, wie es zur Fülle gebracht werden könne: Die Erfüllung des Gesetzes ist die Nachfolge Jesu, das Begehen des Weges Jesu, in Begleitung Jesu, so der Papst. Psalm 119 führe also hin zur Begegnung mit dem Herrn und richte auf das Evangelium aus.
Benedikt XVI. betonte den Vers 57: Mein Anteil ist der Herr; / ich habe versprochen, dein Wort zu beachten und dabei die Bedeutung des Wortes Anteil. Dieser Begriff rufe das Ereignis der Aufteilung des Gelobten Landes in Erinnerung, als den Leviten kein Anteil des Gebiets zugewiesen worden sei, da ihr Anteil der Herr selbst gewesen sei. Die Priester, die zum Stamm Levi gehörten, können keine Grundeigentümer in dem Land sein, das Gott seinem Volk vermachte und so die dem Abraham geschenkte Verheißung erfüllte. Die Leviten als Vermittler des Heiligen und des göttlichen Segens können das äußere Zeichen des Segens und diese Quelle des Unterhalts nicht besitzen, so der Papst, da sie ganz dem Herrn hingegeben seien und nur von ihm leben müssten, seiner vorhersehenden Liebe und der Großherzigkeit der Brüder ergeben, ohne Erbe, da Gott ihr Anteil des Erbes ist: Gott ist ihr Land, das sie in Fülle leben lässt.
Der Psalmist wende dann diese Wirklichkeit auf sich an. Seine Liebe zu Gott und zu seinem Wort führe ihn zur radikalen Entscheidung, Gott als einziges Gut zu haben und seine Worte als kostbares Geschenk zu bewahren.
Diese Verse des Psalmisten seien auch für alle Menschen von heute von großer Bedeutung, so Benedikt XVI. abschließend: Vor allem für die Priester, die berufen sind, allein vom Herrn und seinem Wort zu leben, ohne andere Sicherheiten, indem sie ihn als einziges Gut und einzige Quelle des wahren Lebens haben. In diesem Licht versteht sich die freie Entscheidung für den Zölibat um des Himmelreiches willen, der in seiner Schönheit und Kraft neu zu entdecken ist.
Die Pilger aus dem deutschen Sprachraum grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:
Mit Freude grüße ich die deutschsprachigen Pilger und Besucher. Besonders heiße ich natürlich heute die Gäste aus der Gemeinde Natz-Schabs in Südtirol willkommen. Ich freue mich. Vergelts Gott! Lasst uns wie die heilige Jungfrau Maria das Wort Gottes hören, aufnehmen und befolgen (vgl. Lk 11,28), mit ihm inwendig eins werden und so glückselig werden, weil sich dann an uns der Plan Gottes erfüllt. Dazu stärke uns der Heilige Geist mit seiner Liebe und seiner Freude.
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