11. November 2011 in Weltkirche
Christen werden immer öfter Opfer von Entführungen Behörden bleiben passiv
Göttingen (kath.net/idea) In Ägypten hat die Willkür gegen koptisch-orthodoxe Christen seit dem Sturz des Staatspräsidenten Husni Mubarak im Februar zugenommen. Das stellt die Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen fest. Nach ihren Beobachtungen kommt es immer häufiger zu Entführungen von Kopten, um Lösegeld zu erpressen. Waren es anfangs Plünderer, die vom Chaos unter den Sicherheitskräften profitierten und ungestraft Geschäfte von Kopten überfielen, so steigt jetzt die Gefahr, dass Christen verschleppt werden, berichtet der Afrika-Referent der Menschenrechtsorganisation, Ulrich Delius. Seit Anfang Oktober seien allein in der südlich von Kairo gelegenen Provinz El Minya mindestens zwölf Kopten entführt worden. Für ihre Freilassung hätten Angehörige bis zu 25.000 Euro zahlen müssen. Die Behörden reagierten kaum.
Militär streitet Verantwortung für Massaker ab
Aber nicht nur Kriminelle machen den rund acht Millionen Kopten zu schaffen. Auch staatliche Willkür habe ein bedrohliches Ausmaß angenommen. Als Beispiel nennt die Organisation das Blutbad am 9. Oktober in Kairo, bei dem 27 Christen getötet und mehr als 300 Menschen verletzt wurden. Laut Augenzeugen hatten Soldaten das Feuer auf friedliche Demonstranten eröffnet. Dennoch scheine das Militär entschlossen zu sein, Kopten für das Massaker verantwortlich zu machen, sagt Delius. 34 Christen sollen vor Gericht gestellt werden. Darunter seien drei Minderjährige sowie mehrere Personen, die an den Protesten nicht teilgenommen hätten und nur aufgrund ihres Glaubens verhaftet worden seien. Am 3. November habe der Militär-Staatsanwalt entschieden, dass alle Beschuldigten noch zwei Wochen in Gewahrsam gehalten werden dürfen.
Terroranschlag auf Kathedrale immer noch ungeklärt
Verbittert seien die Christen auch, weil der Terroranschlag auf die Kathedrale von Alexandria in der Neujahrsnacht noch immer nicht aufgeklärt ist. Bei dem Anschlag wurden 24 Gläubige getötet und 97 verletzt. Die koptische Kirche wirft dem Ministerpräsidenten, dem Justizminister und dem obersten Bundesanwalt Ägyptens vor, die Ermittlungen gegen die Täter gezielt zu verschleppen. Die Folge sei, dass Kopten keine Zukunft mehr für sich in Ägypten sehen und massenhaft auswandern, so Delius. Von den 83 Millionen Einwohnern sind 90 Prozent Muslime und etwa zehn Prozent Christen, meist Kopten.
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