4. April 2012 in Interview
Georg Ratzinger sucht noch nach einem Geburtstagsgeschenk für seinen Bruder. Ein Interview von Christoph Renzikowski (KNA)
Regensburg (kath.net/KNA) Am 16. April wird Papst Benedikt XVI. 85 Jahre alt. Da will auch sein Bruder Georg Ratzinger (88) bei ihm sein. Aber er hat noch kein Geschenk, wie er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Regensburg gestand. Das Problem: Was sich der Papst zum Geburtstag wünscht, kann ihm sein Bruder nicht erfüllen.
KNA: Herr Domkapellmeister, Ihr Bruder vollendet in wenigen Tagen sein 85. Lebensjahr. Rüsten Sie sich schon für die Reise?
Ratzinger: Jawohl. Ein paar Tage davor, am 13. April, fliege ich nach Rom und bleibe danach noch etwas länger dort.
KNA: Was wünscht sich ein Papst zum Geburtstag?
Ratzinger: Ein bisschen Ruhe, natürlich den Segen Gottes für die weiteren Lebensjahre, Gesundheit und - als Hauptwunsch - dass das Leben die erhoffte Erfüllung bei Gott finden wird.
KNA: In Ihrer Familie wurden Geburtstage nie groß gefeiert. Warum nicht?
Ratzinger: Das war in Bayern nicht üblich. Man hat den Namenstag gefeiert. Der hat einen an die Taufe erinnert und an den Heiligen, der unser Leben inspirieren sollte.
KNA: Das heißt, der Geburtstag fiel aus?
Ratzinger: Nicht ganz. Es wurde gratuliert und gab eine Kleinigkeit.
KNA: Kein Kindergeburtstag?
Ratzinger: Nein. Dass andere Kinder eingeladen worden wären, daran hat keiner gedacht. Denn das kostete ja etwas und damals musste man jedes Markl zweimal umdrehen.
KNA: Kann es sein, dass es Ihrem Bruder gar nicht so recht ist, wenn jetzt der bayerische Ministerpräsident und die Bischöfe kommen, um ihm persönlich ihre Aufwartung zu machen?
Ratzinger: Einerseits ist es natürlich eine Freude für ihn, die Anerkennung und Zuneigung zu spüren. Das ist immer positiv. Andererseits fragt er sich schon, warum man um ihn als Person so viel Rummel macht.
KNA: Was will Benedikt XVI. in der Zeit, die ihm noch verbleibt, unbedingt erreichen?
Ratzinger: Das weiß ich nicht. In unserem brüderlichen Gespräch spielt seine Amtsführung keine Rolle.
KNA: Wie steckt er Strapazen weg wie jüngst bei der Reise nach Mexico und Kuba?
Ratzinger: Am Ende hat er schon etwas müde gewirkt. Aber das pendelt sich dann nach ein, zwei Tagen wieder ein. Mein Bruder verfügt schon über eine resistente Natur. Er ist gewöhnt, gefordert zu werden. Und er hat eine natürliche Lebensart: Dazu gehört ausreichend Schlaf, bei Speis' und Trank nichts zu übertreiben, überhaupt eine gewisse Regelmäßigkeit.
KNA: Wie oft sehen Sie sich im Jahr?
Ratzinger: Ich fahre nach Weihnachten runter, dann im ersten Halbjahr und ich verbringe den August in Castelgandolfo. Die kurze Zeit zusammen ist immer sehr schön, auch wenn die Begegnungen sehr begrenzt sind: in der Früh beim Zelebrieren, bei den Mahlzeiten und nachmittags beim Spaziergang mit dem Rosenkranz. Das ist insgesamt nicht viel Zeit, diese ist dann aber umso intensiver und schöner.
KNA: Machen Sie noch zusammen Musik?
Ratzinger: Nein. Er kann ja schon lange nicht mehr üben. Sein Leben ist so ausgefüllt und beladen. Da kommt er nur noch in sehr bescheidenem Ausmaß zum Musizieren. Das macht er dann für sich allein. Aber er hört sehr gern Musik.
KNA: Welche?
Ratzinger: Das hängt vom Kirchenjahr und den Jahreszeiten ab. Gerne hört er Weihnachtslieder, vor allem die, mit denen wir von Jugend an vertraut sind, von den Regensburger Domspatzen oder anderen Chören.
KNA: Herr Prälat, Sie sind jetzt beide in einem Alter, in dem viele Menschen Bilanz ziehen und ihre Angelegenheiten regeln. Sprechen Sie miteinander darüber, was Sie sich wünschen, wenn es auf die letzte irdische Etappe geht?
Ratzinger: Nein. Er hat seine Aufgabe und ist voll eingebunden. Wie es da für ihn konkret aussehen wird, weiß er nicht. Und ich bin in Regensburg viel zu weit weg von ihm. Das zu planen, hat nicht sehr viel Sinn. Es wird sich ergeben.
KNA: Wie verändert sich der Glaube im Alter? Wächst die Zuversicht oder kommen auch neue Zweifel?
Ratzinger: Was man ein Leben lang praktiziert hat, bestätigt sich. Man erlebt Erfüllungen und Erhörungen. Das ist nicht immer für jedermann schlüssig, aber im Rückblick zeigt sich doch bei manchem, dass es so hat kommen müssen. Es fügt sich im Nachhinein. Im Alter wachsen Zuversicht und Hoffnung und auch die Innigkeit des Glaubens. So erlebe ich das zumindest.
KNA: Ist es denkbar, dass der Papst noch einmal nach Bayern kommt - und sei es, nur zu Ihnen?
Ratzinger: Zu mir allein auf keinen Fall. Private Reisen macht er nicht. Er nimmt seinen Dienst ernst und weiß, dass jeder Papstbesuch mit großen Umständen verbunden ist. Wenn, dann tut er es aus pastoralen Gründen, um der Kirche willen. Ich bin überzeugt, dass er nicht mehr nach Bayern kommt. Ich glaube, dass er an sich nicht mehr viel reisen wird, weil es ihm zusehends Mühe macht.
KNA: Bringen Sie ihm eigentlich etwas mit?
Ratzinger: Verschiedene Leute haben mir etwas für ihn mitgegeben. Ich habe nicht reingeschaut, was es jeweils ist, aber das tue ich auch nur für Leute, die ich kenne und schätze.
KNA: Sie selbst halten sich an die Familientradition und verzichten auf ein Präsent?
Ratzinger: Die Familientradition kennt in diesem Fall schon eine Ausnahme. Runde Geburtstage müssen unterstrichen werden. Aber es ist so schwierig, ihm etwas zu geben. Das Nötigste zum Leben - Kleidung, Essen, Wohnung - hat er ja alles, dazu Bücher in Überfülle. Es ist sehr, sehr schwer. Ich muss noch nachdenken.
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