17. April 2012 in Deutschland
dann kann doch die Kirche nicht so negativ sein, wie sie oft von außen beurteilt wird'. Kardinal Meisner erinnerte in Predigt, dass jeder von uns weiß, wo sein Platz ist: neben dem Papst und damit im Gehorsam neben Christus.
Köln (kath.net/pek) Wenn der Papst als oberster Lehrer der Kirche auf die Anklagebank irdischer Vernunft geschoben wird, zum Beispiel um das Leben der ungeborenen Kinder zu schützen, dann steht er oft sehr allein. Das sagte am Sonntag der Erzbischof von Köln, Joachim Kardinal Meisner, in seiner Predigt zum 7. Erwählungstag von Papst Benedikt XVI. Meisner führte aus: Ich meine, dass jeder dann von uns weiß, wo sein Platz ist: neben dem Papst auf der Anklagebank und damit im Gehorsam neben Christus, der das Haupt seiner Kirche ist. Dabei, so stellte der Kölner Erzbischof weiter fest, akzeptierten durchaus viele Menschen die gewinnende, menschlich warme Art des Papstes, doch sie widersprächen seinem Wort, welches gebunden ist an die Botschaft und Stiftung Christi. Meisner bat die Menschen seines Erzbistums, dass sich der Heilige Vater auf uns in Köln weiterhin verlassen kann.
Predigt von Erzbischof Joachim Kardinal Meisner zum Pontifikalamt im Hohen Dom zu Köln anlässlich des 7. Erwählungstages von Papst Benedikt XVI. am 15. April 2012
Liebe Schwestern, liebe Brüder!
Wir feiern heute mit gutem Grund Danksagung für Gottes Gnade, die uns im siebenjährigen Petrusdienst von Papst Benedikt XVI. geschenkt wurde. Für uns alle hier ist Papst Benedikt XVI. kein Fremder. Einem katholischen Christen ist nie ein Papst fremd. Aber als ehemaliger Professor in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg und Erzbischof von München und Freising ist er gleichsam unser Nachbar von gestern, und als Bischof von Rom ist er unser Papst von heute. Wie seine 266 Vorgänger steht er unter der Zusicherung des Herrn: Petrus, ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt (Lk 22,32). Ihm wurde aber auch der gleiche Auftrag wie Petrus gegeben: Du aber stärke deine Brüder (Lk 22,32). Dem Papst ist an erster Stelle in Gemeinschaft mit dem Bischofskollegium der Weltkirche die Sorge und Verantwortung für das Volk Gottes in aller Welt aufgetragen. Er haftet gleichsam persönlich vor Gott dafür, dass die Kirche in ihrer urapostolischen Gestalt erhalten bleibt, wie sie die Apostelgeschichte beschreibt: Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten (Apg 2,42).
1. Sie hielten fest an der Lehre der Apostel
Als oberster Lehrer hat der Papst die Kirche in der Lehre der Apostel fest zu verankern. Sie ist nicht Eigentum der Kirche, sondern sie ist Geschenk Christi an die Kirche für die Welt. Die Lehre darf um Christi und der Menschen willen nicht verbogen, verbilligt oder verfälscht werden, auch dort nicht, wo sie zu menschlichen Trends in Widerspruch steht. Denn nur die Wahrheit wird uns frei machen (vgl. Joh 8,32). Ich erinnere nur an die Bestrebungen gegen die Unauflöslichkeit der Ehe, gegen den Vorbehalt Christi für die Erteilung der Priesterweihe nur an Männer, gegen die Festlegung der wesentlichen Verbindung von Gemeindeleitung und Eucharistievorsitz. Die Kirche ist eine von Christus gestiftete sakramentale Wirklichkeit. Und der Papst lebt uns vorbildlich den Gehorsam gegenüber dieser von Christus gestifteten Wirklichkeit und Wahrheit vor. Wer meint, der Papst könne in der Kirche tun und lassen, was er will, der hat sich gründlich getäuscht.
Vielleicht ist die Treue dieses Papstes zur Botschaft nicht deutlicher zu definieren als in der Redewendung mancher Zeitgenossen: Wir sehen ihn lieber, als dass wir ihn hören. Die gewinnende, menschlich warme Art des Papstes akzeptieren sie. Seinem Wort, gebunden an die Botschaft und Stiftung Christi, widersprechen sie.
Wenn er sich zum Beispiel schützend vor das Leben der ungeborenen Kinder stellt, steht er oft sehr allein. Wo er das Leben des Menschen gegen vor- und nachgeburtliche Manipulation verteidigt, gehen viele andere zur Tagesordnung über. Wie oft wird der Papst gerade hier als oberster Lehrer der Kirche auf die Anklagebank irdischer Vernunft geschoben. Ich meine, dass jeder dann von uns weiß, wo sein Platz ist: neben dem Papst auf der Anklagebank und damit im Gehorsam neben Christus, der das Haupt seiner Kirche ist.
2. Sie hielten fest an der Gemeinschaft
Es gehört zum Wesen der Kirche, dass die Einzelnen in einer Gemeinschaft von Glaubenden stehen und als Gemeinschaft in der Kirche zur Ehre Gottes für die Welt wirken. Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen (Mt 18,20), spricht der Herr. Deshalb steht der einzelne Christ in der lebendigen Gemeinschaft mit seiner Pfarrgemeinde und ihrem Pfarrer, und die einzelne Pfarrgemeinde steht in der Gemeinschaft der Diözese und ihrem Bischof, und sie wiederum stehen in lebendiger Kommunikation mit dem Papst und dadurch mit der Weltkirche. Um die Gemeinschaft zu stärken und zu festigen, bereist der Papst die ganze Welt, obwohl in seinem Alter normalerweise Weltreisen mit einem Mammutprogramm weniger gebräuchlich sind. Um die Verbindungen zwischen den einzelnen katholischen Ortskirchen zu verlebendigen, besuchen sich die Bischöfe als Repräsentanten dieser Kirchen untereinander. Darum bin ich selbst als Botschafter kirchlicher Gemeinschaft in meiner Eigenschaft als Erzbischof von Köln und als Kardinal der Weltkirche nach Prag, nach Krakau, nach Madrid, nach Wien, nach Kasachstan, nach Tokyo, nach Mexiko, nach Brasilien, nach Hongkong gereist, um in der Begegnung mit den dortigen Bischöfen dem heiligen Volke Gottes in den einzelnen Ländern unsere Verbundenheit als katholische Kirche von Köln zum Ausdruck zu bringen. Und darum heißen wir auch im Namen des Volkes Gottes in unserem Land, in unserer Stadt Bischöfe aus aller Welt herzlich willkommen. Sie repräsentieren damit bei uns ihre Diözesen mit ihren Gläubigen.
Sie hielten fest an der Gemeinschaft, sagt die Apostelgeschichte über die ersten Christen. Weil wir mit dem Papst Kommunikation halten, stehen wir auch untereinander in Kommunion. Solche Besuche sind nicht kirchliche Ausnahmeaktionen, sie sind selbstverständliche Konsequenz unseres gemeinsamen katholischen Glaubens. Das ist nicht erst im Zeitalter der modernen Verkehrsmittel so. Das war von Anfang an in der Kirche Praxis. Denken wir nur an den heiligen Paulus.
3. Sie hielten fest am Brotbrechen
Dass Gott uns sein Leben im eucharistischen Brot mitteilt, ist der Kirche Anlass, auch Freude und Leid miteinander zu teilen und zu tragen. Weil wir miteinander glauben, teilen wir auch miteinander. Wir teilen die Freuden und Sorgen des Papstes und der einzelnen katholischen Diözesen in aller Welt. Und es ist sicher ein Ruhmesblatt unserer Erzdiözese Köln, und ich sage das hier in großer Demut, dass Gottes heiliges Volk vor Ort uns immer so viel an Geld zur Verfügung stellt, dass wir bis jetzt großzügig im notwendigen Umfang helfen konnten und können, dort, wo die Not am größten ist. Über alle Unterschiede von Volk, Rasse und Klasse hinaus macht uns die heilige Eucharistie, die der Leib Christi ist, zum Leib Christi, der die Kirche Gottes ist. Wir sind uns deshalb nirgends näher als dort, wo wir um den Altar versammelt die heilige Eucharistie feiern. Dabei werden übrigens im Hochgebet immer der Name des Papstes und der Name des Ortsbischofs als Garanten der kirchlichen Einheit genannt. Hier nehmen wir uns als Schwestern und Brüder an und halten zusammen, weil Christus uns hält, der im gebrochenen Brot gegenwärtig ist.
4. Sie hielten fest am Gebet
Die eigentliche persönliche Note unseres jetzigen Papstes in seinem universalen Petrusdienst liegt wohl darin, dass er sich als der erste Vorbeter in der Kirche versteht. Der Papst ist ein Kontemplativer inmitten seiner weltweiten Aktivitäten. In meinen zahlreichen Begegnungen mit dem Papst bei festlichen Gottesdiensten in Sankt Peter, bei Audienzen oder auf Synoden und Konferenzen beeindruckt mich am stärksten seine tiefe Sammlung und Gebetsversunkenheit, wenn dabei gebetet wird. Hier ist etwas vom Geheimnis des Menschen Joseph Ratzinger zu ahnen. Die Schwerkraft seines Lebens verlagert sich im Gebet in die Hände Gottes. Das Gebet bewirkt seine Standortveränderung: aus den menschlichen Unsicherheiten in die Verheißungen Christi. Hier liegt der Grund für seinen tiefen Glauben und die tiefe Zeugniskraft seiner Verkündigung auf die Menschen.
Der Papst weiß, dass nur das versprochene Gebet des Herrn und unser Beten für ihn seinen Dienst fruchtbar machen können. Darum ist er selbst ein großer Beter und ein so großer Bittsteller um unser Gebet für ihn geworden. Nur eine betende Kirche bleibt eine lebendige Kirche. Wenn es wahr ist, dass die Kirche immer den Papst bekommt, den sie verdient, dann dürfen wir heute trotz allem ein wenig stolz und sehr dankbar sein, als Glieder der Kirche im Jahr 2012 zu leben. Wenn wir einen solchen Papst haben, dann kann doch die Kirche nicht so negativ sein, wie sie oft von außen beurteilt wird. Meine persönliche Bitte am siebenten Jahrestag der Papstwahl geht dahin, dass sich der Heilige Vater auf uns in Köln weiterhin verlassen kann, dass er nicht vergeblich auf uns vertraut und dass er in Gegenwart und Zukunft mit unserer Sympathia rechnen kann, damit die Kölner Kirche die seit dem Mittelalter übliche Bezeichnung mit Recht trägt als die immer getreue Tochter Roms. Dazu gebe uns der Herr seinen Segen. Amen.
+ Joachim Kardinal Meisner
Erzbischof von Köln
kathTube: Das Video der Predigt
Foto Joachim Kardinal Meisner: © Domradio Sreenshot
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