27. April 2012 in Chronik
Eine lebhafte Debatte führte zur Konzilskonstitution "Dei Verbum" über die göttliche Offenbarung. Die Rolle Kardinal Beas bei der Ausarbeitung des Textes. Von Riccardo Burigana / Osservatore Romano
Rom (kath.net/L´Osservatore Romano) Die Diskussionen um die dogmatische Konstitution Dei Verbum zu verfolgen, bietet einen nützlichen Beobachtungspunkt, um den Verlauf des Zweiten Vatikanischen Konzils zu rekonstruieren, ausgehend von den verschiedenen Positionen hinsichtlich der Rolle der Heiligen Schrift im Leben der Kirche, der theologischen Reflexion über die biblische Dimension der Offenbarung, der Historizität der Evangelien, der Bedeutung der Inerranz (Irrtumslosigkeit) der Bibel bis hin zur Beziehung der Heiligen Schrift zur täglichen christlichen Erfahrung auch in ökumenischer Hinsicht. Gerade wegen der großen Bedeutung der Konstitution, wegen der hier behandelten Themen und ihrer Rolle in der Geschichte des Zweiten Vatikanischen Konzils erscheint es »noch immer « sehr angebracht, Forschungen über Dei Verbum zu fördern. Denn wie im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Verbum Domini zu lesen ist, stellt sie »einen Meilenstein auf dem Weg der Kirche dar«.
In den Vorschlägen (»vota«) der Bischöfe, Ordensoberen, Universitäten, akademischen Einrichtungen und römischen Kongregationen für das kommende Konzil, ist eine Vielzahl von Standpunkten und Betrachtungsweisen zu erkennen, die ein interessantes Bild der Kirche bieten. Breiter Raum war der Definition der Beziehung zwischen Heiliger Schrift und Tradition in der Weitergabe der Offenbarung gewidmet; darüber hatte sich unter Pius XII., in den letzten Jahren des Pontifikats, eine lebhafte Debatte entwickelt zwischen denen, die eine Höherstellung der Tradition über die Heilige Schrift vertraten, und anderen, die der Meinung waren, daß es notwendig sei, die Beziehung zwischen Heiliger Schrift und Tradition in der Weitergabe des Offenbarung als Einheit neu zu überdenken. Gerade Vielzahl und Verschiedenartigkeit der Vorschläge hinsichtlich der Heiligen Schrift als zu behandelndes Thema verweisen nicht nur auf eine teilweise spannungsgeladene Debatte, die sich im Lauf des 20. Jahrhunderts in der katholischen Kirche und allgemein bei den Christen entwickelt hatte. Sie zeigen auch, wie sehr die Erstellung eines Entwurfs (eines sogenannten Schemas) für das kommende Konzil gewünscht wurde, in dem die Fragen beantwortet werden sollten, die im weitesten Sinn mit der Lektüre und Kenntnis der Heiligen Schrift auf der einen und der Beziehung zwischen Heiliger Schrift, Tradition und Lehramt in der Weitergabe der Offenbarung auf der anderen Seite zusammenhängen.
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