Lohmann: Betreuungsgeld bringt wirkliche Wahlfreiheit

28. April 2012 in Familie


Martin Lohmann, Bundessprecher des Arbeitskreises Engagierter Katholiken in der CDU: Das Betreuungsgeld ist der Beginn eines längst überfälligen Denkens, das vom Kindeswohl ausgeht und die Bedürfnisse des Kindes an die erste Stelle stellt.


Immenstadt (kath.net) Zum Streit um das Betreuungsgeld hat Martin Lohmann, Bundessprecher des AEK, des Arbeitskreises Engagierter Katholiken in der CDU, im Wochenkommentar auf Radio Horeb am Samstag, 28. April 2012, Stellung genommen. Der Kommentar von Martin Lohmann im Wortlaut:

Liebe Hörerinnen und Hörer,
man streitet heftig über das Betreuungsgeld für jene Eltern, die ihrer Erziehungspflicht daheim nachkommen möchten. Und es ist erstaunlich, wie dabei immer wieder Argumente verdreht werden. Offensichtlich fühlen sich manche regelrecht gestört von jenen, die ihre kleinen Kinder nicht in eine Tagesstätte schicken wollen.

Ja, gelegentlich hat man sogar den Eindruck, als sei es geradezu unanständig, die staatlich subventionierten, also vom Steuergeld aller finanzierten Ki-Ta-Plätze nicht nutzen zu wollen.Zu all dem habe ich erst vor wenigen Tagen als Bundessprecher der AEK, des Arbeitskreises Engagierter Katholiken in der CDU, deutlich Stellung genommen.

Haben Sie auch schon gehört, dass die Betreuung von Kleinkindern dort auf jeden Fall besser sei als durch die eigene Mutter? Haben Sie auch schon hören müssen, dass die Kleinstkinder doch dann, wenn sie in Gruppen von professionellen Pädagogen beaufsichtigt werden, wesentlich besser gebildet werden als durch die eigene Mutter?

Es grenzt an Unverschämtheit, was sich die heimlichen oder unheimlichen Anhänger einer staatlichen Betreuungsideologie so alles einfallen lassen, um mit allen Mitteln die elterliche Sorge und Pflicht zu untergraben.

Eine ehemalige Familienministerin meinte kürzlich in einer Talkshow allen Ernstes, man dürfe doch diejenigen nicht noch belohnen, die eine staatliche Leistung wie die Kindertagesstätte nicht in Anspruch nehmen. Sie selbst bekomme ja auch keine Ersatzprämie, wenn sie etwa nicht die Oper oder das Theater besuche, was ja beides ebenfalls staatlich subventioniert werde.

Aha, denke ich da, Kinder sind also nichts weiter als Subventionsmaterial. Kinder sind Theater oder Oper! Wie bitte?! Nicht alles, was schwer hinkt, ist ein Vergleich, werte Frau Ex-Ministerin! Eine Frechheit, so abstrus überhaupt denken zu wollen.

Wer oder was steht denn bei dieser Debatte im Mittelpunkt? Geht es um die Kinder, oder geht es vielleicht doch zuerst um die Wirtschaft oder die Betreuerinnen und deren Arbeitsplätze?

In den skandinavischen Ländern hatte man gute Erfahrungen mit dem Betreuungsgeld für häusliche Leistung gemacht, denn siehe da, sehr viele Eltern und vor allem Mütter machten reichlich Gebrauch von der dadurch entstandenen echten Wahlfreiheit und entschieden sich, ihr Kind nicht in fremde Hände zu geben.

Das lief allerdings wohl für alle Ideologen zu gut mit dieser Freiheit, denn jetzt dreht man die Geschichte wieder zurück – weil, man höre und staune, zu wenige Anmeldungen für die staatlichen Betreuungseinrichtungen kamen.

Noch einmal: Um wen geht es eigentlich? Um die Kinder? Oder nicht vielleicht doch um die Familienersatzaufbewahrungsorte für kleine Kinder? Ein Schelm, der Böses dabei denkt, oder?

Es ist daher sehr begrüßenswert, dass die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel sich eindeutig für das Betreuungsgeld ausgesprochen hat. Die vom Koalitionsausschuss im November 2011 geäußerte Absicht, von 2013 an monatlich jene Eltern finanziell zu unterstützen, die für ihre Kinder eben keinen mit öffentlichen Geldern geförderten Krippenplatz in Anspruch nehmen, ist richtig und führt zu etwas mehr Gerechtigkeit.

Es ist höchste Zeit: Der Staat muss endlich die Erziehungsleistung der Eltern angemessen anerkennen. Es ist staatliche Aufgabe, die Familie zu stärken und ihr zu helfen, ihre eigenen Aufgaben leisten zu können. Insofern ist es ein erster Schritt in die richtige Richtung, den Eltern zu helfen, ihrer eigentlichen Aufgabe nachzukommen.

Es ist auch der Beginn eines längst überfälligen Denkens, das vom Kindeswohl ausgeht und die Bedürfnisse des Kindes an die erste Stelle stellt.

Es ist zudem ein erster Schritt zu mehr Gerechtigkeit und hoffentlich bald möglicher echter Wahlfreiheit, denn zwischen der beabsichtigten Förderung der elterlichen Erziehungsleistung und fremder Betreuung von Kindern klafft eine eklatante Lücke.

Hier sollen von 2013 an 100 Euro monatlich und später 150 Euro pro Monat zur Verfügung stehen, während ein Krippenplatz mit bis zu 1000,-- Euro und auch mehr finanziert wird.

Dass trotz dieser erkennbar ungerechten Mittelverteilung jetzt so verbittert von den Gegnern der Familie gekämpft wird, lässt darauf schließen, dass es ihnen nicht wirklich um die Kinder geht.

Daher ist es gut, wenn mit dem Betreuungsgeld jetzt das Tor zu neuer Freiheit wenigstens einen Spalt breit aufgestoßen wird. Niemand hat den Eltern – weder faktisch durch ungleiche Mittelunterstützung noch durch entsprechendes öffentliches Klima – vorzuschreiben, wie sie ihrer Pflicht gegenüber den Kindern nachzukommen haben.

Aber alle Verantwortlichen sollten sich aktiv darum bemühen, jeder Form von Diskriminierung vor allem der Mütter entgegenzuwirken.

Wir wissen auch aus wissenschaftlichen Studien und vor allem aus der Hirnforschung längst, dass Kinder in den ersten Lebensjahren zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit dringend die Eltern brauchen, vor allem aber die Mutter.

Wir wissen auch, dass Kinder nicht zu Objekten der Betreuung degradiert werden dürfen, sondern als Subjekte der Entfaltung ein Anrecht auf maßstabsgerechte Unterstützung haben. Dieser Erkenntnis Raum zu geben sollte ein vorrangiges staatliches Ziel sein.

Ist es nicht seltsam, dass ausgerechnet jene, die sonst so sehr die Vielfalt und die Möglichkeit zum gelebten Pluralismus preisen, jetzt Angst vor ein wenig mehr Pluralismus und Freiheit zu haben scheinen?

Könnte es sein, dass sie letztlich befürchten, ihr eigenes Welt- und Familienbild würde zusammenfallen oder wenigstens Risse bekommen, wenn man Vätern und vor allem Müttern wirkliche Wahlfreiheit gibt?

Wir müssen endlich anfangen, neu zu denken! Wir müssen endlich den Mut verbreiten, an allererster Stelle vom Kind her zu denken und zu handeln! Und wir müssen zulassen, dass Kinder das bekommen, worauf sie ein Anrecht haben: Familie, Eltern, Zeit, Zärtlichkeit, Zuneigung, Dasein, Sich-Entfalten-Können, als Persönlichkeiten erkannt zu werden – und respektiert zu werden.

Die Anerkennung dieses Engagements der Eltern ist ein erster kleiner Schritt in die richtige, dem christlichen Menschenbild entsprechende Richtung zu mehr Freiheit und mehr Humanität.

Es ist höchste Zeit für eine ganz neue und wirklich moderne und vor allem nachhaltige Familienpolitik! In diesem Sinne wünsche ich allen eine gute Zeit!

Foto: kathpedia (c) www.lohmannmedia.de



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