Missbrauch: Kirchengericht verurteilt früheren Personalchef

1. Mai 2012 in Deutschland


Die Staatsanwaltschaft hatte ihre Ermittlungen im Januar 2009 wegen Verjährung eingestellt. Danach strengte die Erzdiözese das kirchenrechtliche Strafverfahren an.


Bamberg (kath.net/KNA) Mit einem Schuldspruch ist nach mehr als drei Jahren ein kirchenrechtlicher Prozess gegen einen früheren Bamberger Domkapitular wegen sexuellen Missbrauchs zu Ende gegangen. Der 67-Jährige wurde strafweise in den Ruhestand versetzt und darf nicht mehr den Titel eines emeritierten Domkapitulars führen, wie das Erzbistum Bamberg am Montag mitteilte. Den Prozess hatte das Gericht des Erzbistums München-Freising im Auftrag der römischen Glaubenskongregation geführt. Der Verurteilte ist der bisher ranghöchste deutsche Geistliche, dem sexueller Missbrauch nachgewiesen wurde.

Dem Kirchengericht zufolge verübte der Priester während seiner Tätigkeit im Erzbischöflichen Knabenseminar Ottonianum in Bamberg zwischen 1978 bis 1984 sexuelle Übergriffe an Minderjährigen in sechs «jeweils minderschweren Fällen». Nach Ablauf der zweiwöchigen Einspruchsfrist ist das Urteil rechtskräftig.

Die Bamberger Bistumsleitung hat festgelegt, dass der Priester auch weiterhin keine seelsorglichen Funktionen «in dem in der Öffentlichkeit wahrnehmbaren Bereich» ausüben darf. Generalvikar Georg Kestel erläuterte auf Nachfrage, dies entspreche einem vollständigen Verbot, als Seelsorger tätig zu werden. Es gebe «keinerlei Ausnahmen». Nach seinem Wissen habe sich der Verurteilte bereits in den vergangenen vier Jahren an diese Auflage gehalten. Deswegen gehe er, Kestel, davon aus, dass der Priester dies auch weiterhin tue. Erzbischof Ludwig Schick entschuldigte sich erneut in einem Brief bei den Opfern.

Die Vorwürfe waren im Sommer 2008 öffentlich geworden, woraufhin das Erzbistum den damaligen Personalchef für alle Seelsorgeberufe suspendierte. Die Staatsanwaltschaft stellte ihre Ermittlungen im Januar 2009 wegen Verjährung ein. Danach strengte die Erzdiözese das kirchenrechtliche Strafverfahren an. Brisant war der Fall, weil zu den Untergebenen des Personalchefs auch frühere Zöglinge des Ottonianums zählten, die ihn mit ihren Aussagen belasteten. Der Geistliche machte damals Erinnerungslücken geltend.

Der Generalvikar sagte der KNA, der Erzbischof habe in der vergangenen Woche mit dem Priester gesprochen und ihm weitere Gespräche angeboten. Auch wenn der Geistliche nicht mehr selbst Seelsorger sein dürfe, gelte ihm weiterhin die Fürsorge der Bistumsleitung.

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