'Wichtig ist, dass klar ist, was katholisch ist'

24. Mai 2012 in Interview


„Es ist nicht ehrlich, unter dem Etikett ‚katholisch‘ Dinge zu fordern, die lehramtlich klar abgelehnt wurden“, sagt der Regensburger Generalvikar Michael Fuchs im KATH.NET-Interview über den Katholikentag. Von Roland Noé


Regensburg (kath.net/rn) „Wichtig ist, dass die Angebote katholisch sind oder klar ist, was katholisch ist. Das schließt andere Stimmen und Gegenmeinungen in der Diskussion ausdrücklich mit ein, aber es ist nicht ehrlich, unter dem Etikett ‚katholisch‘ Dinge zu fordern, die lehramtlich klar abgelehnt wurden.“ Das sagt Michael Fuchs, Generalvikar des Bistums Regensburg, im Interview über den Katholikentag. Der nächste Katholikentag wird im Jahr 2014 im Bistum Regenburg ausgerichtet werden. Der Generalvikar von Bischof Gerhard Ludwig Müller bemängelt weiter, er fände es „auch problematisch, wenn ein einziger Vertreter der katholischen Lehrmeinung auf einem sonst gegenteilig besetzten Podium quasi eine Alibifunktion übernehmen muss“. Außerdem habe er „zum Thema ‚Schutz der Ungeborenen‘“ nur „eine einzige Veranstaltung gefunden. Dies ist ausbaufähig“.


kath.net: Herr Generalvikar Fuchs, Sie sind mit einer großen Delegation aus Regensburg nach Mannheim gekommen, nicht zuletzt auch, um Erfahrungen für den Katholikentag in Regensburg zu sammeln. Was nehmen Sie ganz persönlich aus Mannheim mit?

Generalvikar Fuchs: Zunächst war ich überwältigt von der Fülle an Angeboten, man spricht von 1200 Veranstaltungen. Ich bin ganz beeindruckt von vielen Glaubenszeugnissen, denen ich begegnet bin. Die Stände der Bistümer, Orden und Gemeinschaften an der Alten Feuerwache zum Beispiel waren mit viel Liebe und Überzeugungskraft gestaltet. Bei den Gottesdiensten, die ich mitfeiern durfte, spürte ich eine innere Sammlung und ein Beten mit der Kirche.

Unterschiedliche Qualitäten habe ich aus den Foren und Podiumsdiskussionen mitbekommen.

Natürlich haben wir Regensburger auch die Organisation in Mannheim bewundert, hinter die Kulissen geschaut und uns Tipps mitgenommen.

kath.net: Das „Zauberwort“ des Katholikentages war „Aufbruch“. Viele fragen sich allerdings, was damit gemeint sei. Wohin ist der „Aufbruch von Mannheim“ vorgesehen bzw. was ist damit wirklich gemeint?

Fuchs: Das Leitwort „Einen neuen Aufbruch wagen“ war aus einer bestimmten Erfahrung erwachsen, nämlich der Dauerbeschuss der vergangenen zwei, drei Jahre von außen nach der Diskussion über sittliche Verbrechen einzelner Geistlicher und bei vielen eine innerkirchliche Frustration durch teils überzogene und falsch ausgerichtete Erwartungen. Aus diesen „Tälern“ wollte man „aufbrechen“.

Papst Benedikt hat in seinem Gruß an den Katholikentag dieses Leitwort aufgegriffen und erläutert, die Bischöfe und viele andere schlossen sich an. Erzbischof Zollitsch hat in seiner Predigt betont, dass Gott zu uns aufbricht und wir diese Botschaft weitersagen und leben sollen.

Freilich ist ein Leitwort bewusst breit gefasst und gegen problematische Fehldeutungen nicht gewappnet. Auch das gab es.

kath.net: Kardinal Meisner hat im Vorfeld Kritik am Katholikentag geübt und erklärt, dass Katholikentage nicht mehr das sind, was sie mal waren. Auch andere Bischöfe – beispielsweise Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst – haben Kritik an den Inhalten in Mannheim geübt. Der Bischof von Limburg kritisierte, dass es kaum Angebote für Familien und Katechese gab. Was sagen Sie zu der Kritik?

Fuchs: Mir fällt auf, dass in den Medien hauptsächlich kontroverse Themen rüberkommen, die vielen guten Beiträge liest man weniger. Aber ich sehe auch Defizite.

Der Katholikentag wird die genannten und andere kritische Beiträge ernst nehmen und die Veranstaltung weiterentwickeln müssen.

Ich nehme beispielsweise wahr, dass die kontroversen Diskussionsveranstaltungen eher zurückgehen und die Gebete und religiösen Konzerte sehr gut besucht sind, gerade von den Jüngeren.

Wir brauchen aber auch starke Signale in die Weltbereiche: Der Bischof von Limburg hat das katholische Verständnis von „Ehe und Familie“ genannt.

Zum Thema „Schutz der Ungeborenen“ habe ich eine einzige Veranstaltung gefunden. Dies ist ausbaufähig.

Wichtig ist, dass die Angebote katholisch sind oder klar ist, was katholisch ist. Das schließt andere Stimmen und Gegenmeinungen in der Diskussion ausdrücklich mit ein, aber es ist nicht ehrlich, unter dem Etikett „katholisch“ Dinge zu fordern, die lehramtlich klar abgelehnt wurden.

Ich finde es auch problematisch, wenn ein einziger Vertreter der katholischen Lehrmeinung auf einem sonst gegenteilig besetzten Podium quasi eine Alibifunktion übernehmen muss.

kath.net: Warum findet man auf einen Katholikentag eine Einladung zum Freitagsgebet der Muslime oder warum bekam der evangelische Landesbischof von Baden, Ulrich Fischer, beim Katholikentag eine Bühne und durfte erklären, warum der Ausschluss der Frauen vom Priesteramt angeblich der Bibel widerspreche. Können Sie nachvollziehen, dass nicht wenige Katholiken damit ein Problem haben, wenn es solche Angebote gibt?

Fuchs: Wir sollten keine Angst haben, als Gast ein muslimisches Freitagsgebet zu besuchen, gerade im multikulturellen Mannheim.

Ich habe auch kein Problem, wenn evangelische Christen ihre Auffassung über das Amt oder das Abendmahl kundtun.

Wichtig ist die katholische Einordnung und Klarstellung dieser Meinungen, am besten in der jeweiligen Veranstaltung. Dann kann der Katholikentag eine Hilfe zur rechten Positionierung und Stärkung in einer pluralen Welt sein, die unsere Argumente sucht.

kath.net: Alois Glück, der Vorsitzender des Zentralkomitees der Katholiken, sorgt inzwischen erneut für Aufregung, weil er in einem ARD-Fernsehbeitrag pauschal alle Anhänger der sogenannten "Alten Messe" als Gegner des 2. Vatikanums hinstellt und diese pauschal ausgrenzt. Was sagen Sie zu diesen Aussagen von Hr. Glück? [Hintergrundbericht hier]

Fuchs: Im Fernsehbeitrag ist von „Traditionalisten“ die Rede, nicht pauschal von Anhängern einer Messform. Ich unterstelle mal, dass Herr Glück auf die Schnelle die Piusbruderschaft vermutet hat, die tatsächlich bei Mannheim ein Messzentrum hat - wie Glück andeutet -, und deren Status derzeit noch ungeklärt ist. Eine Messe in der außerordentlichen Form der Petrusbruderschaft stand im offiziellen Programmbuch, und sie sollte auch künftig ihren angemessenen Platz beim Katholikentag haben.

kath.net: Wird man in Regensburg hier bemüht sein, dass wieder mehr die „Katholische Mitte“ (Kardinal Meisner) ins Zentrum gerückt wird?

Fuchs: Das ist Bischof Gerhard Ludwig Müller ein großes Anliegen. Bei seiner Einladung nach Regensburg sprach er ja vom „Fest des Glaubens und der Einheit der Kirche durch das Bekenntnis zu Jesus Christus“. Dazu gehört auch, unsere Position zu den drängenden Fragen in Gesellschaft und Politik deutlich zu machen.

Wir müssen neu aufbrechen, ja, das ist die bleibende Botschaft von Mannheim. Raus aus der Resignation und der Glaubensmüdigkeit. Jetzt wird es stärker um die Richtung unseres Aufbruchs gehen müssen: Jesus Christus.

Ihn suchen wir, etwa in der Eucharistie der Messe oder in den Benachteiligten und Kranken.

kath.net: Was wünschen Sie sich für den Katholikentag in Regensburg?

Fuchs: Neulich rief mir spontan ein Autofahrer an der Ampel durch das offene Fenster zu: „Bitte segnen Sie mich, ich werde es auch tun. Wir gehören ja zusammen.“ Das sehe ich richtungsgebend.

Und ich wünsche mir, dass wir unsere Positionen und Argumente deutlicher in die Weltbereiche hineintragen, etwa wenn es um Behinderte, Ungeborene oder um die Energiewende und um Migranten geht.

In Regensburg schauen wir besonders auch auf die Nachbarn im Osten in Pilsen und Prag und auf die Ökumene mit Evangelischen und Orthodoxen.

Und sicher wird es ein Regensburger Katholikentag werden mit betont bayerischer Färbung und Lebensfreude. Darauf freue ich mich heute schon.

kath.net: Herzlichen Dank für das Interview

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kathTube: Katholikentag 2014 in Regensburg - Generalvikar Michael Fuchs lädt ein



Foto: (c) Michael Fuchs


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