Wien: Wer entscheidet über Zulassung von PGR-Kandidaten?

4. Juni 2012 in Österreich


Pfr. Sieberer ist nach Annullierung seiner Pfarrgemeinderatswahl ratlos: Unklar ist, wer das Recht hat, über die Eignung von Kandidaten zu entscheiden, „oder soll ich gleich einen Termin zum Mittagessen bei Eminenz für diese Person erbitten?“


Wien (kath.net) Der Konflikt zwischen Christian Sieberer, Pfarrer von St. Jakob in Penzing/Wien, und der Erzdiözese Wien über die inzwischen annulierte Pfarrgemeinderatswahl schwelt weiter. Wie KATH.NET bereits berichtet hat, hat Pfarrer Sieberer im Vorfeld der Wahl von seinem Vetorecht als Pfarrer gegen drei Kandidaten Gebrauch gemacht, "da sie sich nicht zur Glaubenslehre und Ordnung der Kirche bekennen“.

In einem ersten offenen Brief (kath.net hat berichtet) hatte Pfr. Sieberer geschildert, dass ihm Christoph Kardinal Schönborn, Erzbischof von Wien, Pfr. Sieberer „in einem ausführlichen Telefongespräch“ gesagt habe, „dass ein Pfarrer seiner Einschätzung nach ein Vetorecht hat, das er nicht begründen muss“. Dieses Vetorecht sei ihm „im Namen des Erzbischofs von Ordinariatskanzler Dr. Walter Mick“ „schriftlich bestätigt“ worden, daraufhin habe es Pfr. Sieberer gegen drei Kandidaten angewandt.

Bischofsvikar Dariusz Schutzki reagierte mit einem offenen Brief, den Pfarrer Sieberer auf der Website der Pfarrei veröffentlichte, wie dies dem Wunsch des Bischofsvikars entsprach. Es gehe bei den „Turbulenzen“, so Schutzki, u.a. um „unterschiedliche Auffassungen zur Wahlordnung“ bei Pfarrgemeinderatswahlen, „z.B. über die Zulassung von Kandidatinnen und Kandidaten“. „Verschiedene Gespräche und Interventionen“ seitens der Erzdiözese „sind fruchtlos geblieben“. „Die im offenen Brief Ihres Herrn Pfarrers dargelegte Chronologie ist verkürzt wiedergegeben; sie ist um einiges umfangreicher“, so der Bischofsvikar. Die am 18.3.2012 durchgeführte PGR-Wahl entspräche „durch die entstandenen Fristversäumnisse und einzelne Aktionen – letztlich auch von mir als Bischofsvikar“ nicht „den notwendigen Erfordernissen einer korrekten Wahl“ und wurde deshalb vom Wahlbeirat des Vikariates Wien-Stadt annulliert.

Der Bischofsvikar schrieb: „Es muss für alle an der Wahl beteiligten eine transparente und verbindliche Ordnung geben, nach der die Wahl durchgeführt wird. Offenbar aufgetretene Unklarheiten der Wahlordnung, werden durch die Diözesanleitung geklärt werden“. Damit macht er sich eine ausdrückliche Forderung von Pfr. Sieberer zu eigen, der ebenfalls um Klarheit ersucht.

„Ich hoffe sehr“, schrieb der Bischofsvikar abschließend, dass bis zum Neuwahltermin „das Gespräch gesucht wird, um gegenseitiges Vertrauen wieder aufzubauen. Seitens des Vikariates besteht das Angebot der Vermittlung von Gemeindeberatung bzw. Moderation der Gespräche oder einer anderen gemeinsam festzulegende Form der Begleitung. Nur in einem Miteinander, das von gegenseitiger Wertschätzung getragen ist, können wir unser christliches Leben verwirklichen“.

Darauf reagierte jetzt Pfr. Christian Sieberer wiederum mit einem offenen Brief auf der Pfarreihomepage. Darin nennt er das seiner Meinung nach "eigentliche Problem": "Die Erzdiözese will über Einsprüche nicht entscheiden, ordnet trotzdem die Wahl an und annulliert sie danach“. Der Penzinger Pfarrer fragt ganz offen: "Wer garantiert uns als Pfarre, dass wir bei der nächsten PGR-Wahl im November 2012 trotz Befolgung aller Vorgaben nicht wiederum die Konsequenzen für Fehler der Erzdiözese tragen müssen?“

Angesichts der verworrenen Situation hatte Pfr. Sieberer bereits in seinem ersten offenen Brief die Frage gestellt, wie er als Pfarrer grundsätzlich damit umgehen solle, falls sich – wie in Stützenhofen – beispielsweise ein Kandidat melde, der in einer eingetragenen homosexuellen Partnerschaft lebe: „Darf ich selbst feststellen, ob es sich hier um einen weiteren besonderen Fall handelt, da diese Person vielleicht so wie Florian Stangl durch ihre gläubige Haltung, ihre Bescheidenheit und ihre gelebte Dienstbereitschaft meinen Erzbischof sehr beeindruckt? Oder soll ich gleich einen Termin zum Mittagessen bei Eminenz für diese Person erbitten, da mir als Pfarrer eine derartige Beurteilung nicht erlaubt wird?“

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