15. Juni 2012 in Deutschland
Streit um Homosexualität eskaliert - Kirche suspendiert Evangelisten - Die Landeskirche wirft Lutz Scheufler vor, die Kirche spalten zu wollen. Scheufler will Landeskirche wegen Stellung zu Homopfarrern nicht länger als geistliche Leitung anerkennen
Dresden/Waldenburg (kath.net/idea) Der Streit in Sachsen um homosexuelle Partnerschaften im Pfarrhaus eskaliert. Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens hat den Evangelisten und Liedermacher Lutz Scheufler (Waldenburg) am 13. Juni vom Dienst suspendiert. Das bestätigte der Pressesprecher der Landeskirche, Matthias Oelke (Dresden), auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Scheufler hatte zusammen mit sieben weiteren Mitgliedern des Evangelisationsteams Sachsen erklärt, die kirchenleitenden Gremien nicht länger als geistliche Leitung der sächsischen Landeskirche anzuerkennen. Außerdem wurde die Einberufung einer Bekenntnissynode gefordert. Zu den Unterzeichnern der Erklärung gehört auch der bekannte Evangelist und Pfarrer i.R. Theo Lehmann (Chemnitz), der zu DDR-Zeiten regelmäßig die höchsten Besucherzahlen (bis zu 5.000) bei seinen Gottesdiensten hatte. Als Grund wurde die Entscheidung von Kirchenleitung und Landessynode angegeben, die Pfarrhäuser in seelsorgerlich begründeten Einzelfällen für homosexuelle Partnerschaften zu öffnen. Wie Kirchensprecher Oelke sagte, habe Scheufler mit dem Appell zur Gründung einer Bekenntnissynode zur Spaltung aufgerufen: Das kann nicht ohne angemessene Reaktion bleiben. Wenn ein Bediensteter der Landeskirche deren rechtlichen Grundlagen in Frage stelle, sei eine Suspendierung das Mindeste. Man gebe dem Betroffenen aber die Gelegenheit, sein Verhältnis zur Landeskirche zu klären, bevor weitere dienstrechtliche Konsequenzen gezogen werden.
Scheufler: Ich bleibe in der Kirche
Wie Scheufler gegenüber idea sagte, habe ihm die Landeskirche es bis auf weiteres untersagt, sich als Landesjugendwart zu äußern und im Auftrag der Landeskirche zu predigen. In der nächsten Woche solle es ein Gespräch von Landesjugendpfarrer Tobias Bilz mit ihm in Dresden geben, so Scheufler. Er habe weiterhin nicht vor, die Kirche und seine Heimatgemeinde in Waldenburg zu verlassen. Welche Konsequenzen die Erklärung für die anderen mit der Landeskirche dienstrechtlich verbundenen Unterzeichner hat, konnte Scheufler nicht sagen: Da jeder einen anderen Vorgesetzten hat, kann das unterschiedlich lange dauern. Dem Evangelisten Andreas Riedel (Vielau bei Zwickau) wurde als Reaktion auf die Erklärung jedoch die Prädikantenerlaubnis entzogen. Damit darf er in Sachsen keine landeskirchlichen Gottesdienste mehr leiten.
Bohl: Illoyalität gegenüber den Leitungsorganen beispiellos
Landesbischof Jochen Bohl (Dresden) hatte am 11. Juni erklärt, das Votum des Evangelisationsteams könne nicht anders verstanden werden als eine Aufkündigung der Gemeinschaft, weil sie das Gespräch verweigere. Die Illoyalität gegenüber den Leitungsorganen und den Aufruf zur Spaltung der Landeskirche bezeichnete er als beispiellos. Die Stellungnahme sei zudem anmaßend, weil sie andere Auffassungen, zu denen Christenmenschen in ihrem Bemühen um das Verständnis der Heiligen Schrift gekommen seien, nicht gelten lasse. Laut Bohl hat die Landessynode ihre Beschlüsse ausdrücklich in ihrer Verantwortung für die Einheit der Landeskirche gefasst.
Ex-Kirchenleitungsmitglied: Bischof Bohl ist der Spalter
Unterstützung bekommen Scheufler und das Evangelisationsteam Sachsen von dem früheren Kirchenleitungsmitglied und Synodalen der sächsischen Landeskirche, Wilfried Gotter (Rossau). Der Geschäftsführer der Sächsischen Israelfreunde übt scharfe Kritik an Bohl: Aus meiner Sicht ist er der Kirchenspalter und nicht das Evangelisationsteam, das nur auf die Gültigkeit der Bibel hinweist. Dass eine ethische Frage keine Heilsbedeutung habe, wie die Kirchenleitung sage, sei eine glatte Lüge: Denn es ist ein Unterschied, ob ich in Unkenntnis handele oder ob ich die Gebote und Worte Gottes bewusst verfälsche und in kirchliche Verlautbarungen gieße. Er sei dem Evangelisationsteam dankbar, dass es so klar auf die hundertprozentige Verbindlichkeit des Wortes Gottes hinweise: Eine Struktureinheit wie eine Landeskirche möge darüber ruhig zerbrechen. Aber das sei nicht das Ende des Christentums in Sachsen, so Gotter, der im Jahre 2000 aus der Landeskirche austrat und inzwischen einer Baptistengemeinde vorsteht.
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