Vatikan: Junge Christen und Muslime zum Frieden erziehen

3. August 2012 in Weltkirche


Kardinal Tauran, Präsident des päpstlichen Dialogrates, und Erzbischof Zollitsch haben Grußbotschaften an die Muslime zum Abschluss des islamischen Fastenmonats Ramadan gesandt


Vatikan/Bonn (kath.net/KAP/dbk) Die vatikanische Grußbotschaft zum Abschluss des islamischen Fastenmonats Ramadan hat junge Christen und Muslime zum Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden aufgerufen. In der geplagten Welt von heute sei die Erziehung junger Menschen zum Frieden dringender denn je. Die Botschaft wurde vom Präsidenten des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog, Kardinal Jean-Louis Tauran, unterzeichnet.

Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, hat eine Grußbotschaft an die Muslime zum Fest des Fastenbrechens verfasst, in der er betont, dass es ihm ein großes Bedürfnis sei, die Verbundenheit mit den Muslimen zum Ausdruck zu bringen.

Junge Muslime und Christen müssten "echte Botschafter für Gerechtigkeit und Frieden" sein und zu einer Kultur des Respekt, des Rechts und der Würde eines jeden Bürgers beitragen, betonte Kardinal Tauran. Dieses Ziel sollten sie mit Geduld und Nachdruck verfolgen, ohne fragwürdige Kompromisse und trügerische Abkürzungen.

Es sei notwendig, dass sich religiöse Menschen innerhalb ihrer Gesellschaften für Solidarität, Zusammenarbeit und Brüderlichkeit einsetzen. Auf diese Weise könnten sie einen wirksamen Beitrag angesichts der heutigen Herausforderungen leisten.

Zollitsch: „Die Barmherzigkeit Gottes erfahrbar machen“

Erzbischof Zollitsch erinnert an die Erfahrung von Christen und Muslimen, „dass überall in der Welt und manches Mal auch bei uns Verblendete und Extremisten bestrebt sind, das gute Miteinander der Gläubigen zu belasten. Ihnen stets zu wehren, bleibt unsere gemeinsame Aufgabe.“

Christen und Muslime verbinde vieles, schreibt Zollitsch weiter. "Wir glauben, dass Gott uns angesprochen und gerufen hat. Ihm zu dienen und ihn frei zu bezeugen, ist unsere besondere Würde. Seine Barmherzigkeit für alle Menschen erfahrbar zu machen, ist unser Auftrag."


Die Botschaft des Präsidenten des Päpstlichen Dialogrates im Wortlaut:

'Id al-Fitr 1433 H. / 2012 A.D.
Die jungen Christen und Muslime zur Gerechtigkeit und zum Frieden erziehen
Vatikanstadt

Liebe muslimische Freunde!

1. Die Feier des Id al-Fitr, die den Monat Ramadan beendet, gibt uns die Freude, euch die herzlichen Glückwünsche des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog zu übermitteln. Wir freuen uns mit euch über diese privilegierte Zeit, die euch die Möglichkeit gegeben hat, durch das Fasten und andere fromme Werke, den Gehorsam gegenüber Gott zu vertiefen. Dieser ist ein Wert, der auch uns sehr lieb ist. Aus diesem Grund schien es uns in diesem Jahr angebracht zu sein, unser gemeinsames Nachdenken dem Thema der Erziehung junger Christen und Muslime zu Gerechtigkeit und Frieden zu widmen; beide sind untrennbar mit der Wahrheit und der Freiheit verbunden.

2. Obwohl die Aufgabe der Erziehung der gesamten Gesellschaft anvertraut ist, ist sie, wie Ihr wisst, in erster Linie und in besonderer Weise die Aufgabe der Eltern und, mit ihnen, der Familien, der Schulen und der Universitäten und nicht zu vergessen der Verantwortlichen des religiösen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Lebens sowie der Verantwortlichen in der Welt der Kommunikation. Es handelt sich um ein schönes und gleichzeitig schwieriges Unterfangen: Kindern und Jugendlichen zu helfen, die Talente zu entdecken und zu entwickeln, die ihnen der Schöpfer anvertraut hat, um verantwortungsvolle menschliche Beziehungen aufzubauen. Vor kurzem hat Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI. in Bezug auf die Aufgabe der Erzieher betont: „Mehr denn je sind vor allem authentische Zeugen notwendig und nicht bloße Austeiler von Regeln und Informationen. [A Zeuge ist derjenige, der den Weg, den er vorschlägt, zunächst selber lebt" („Botschaft zum Weltfriedenstag" 2012). Wir erinnern ferner daran, dass auch die Jugend selbst für ihre Bildung sowie für ihre Ausbildung zu Gerechtigkeit und Frieden verantwortlich ist.

3. Die Gerechtigkeit ist in erster Linie von der Identität der menschlichen Person geprägt, die in ihrer Gesamtheit zu betrachten ist; sie kann nicht auf die Verteilungsgerechtigkeit reduziert werden. Vergessen wir nicht, dass das Allgemeinwohl nicht ohne Solidarität und brüderliche Liebe erreicht werden kann! Für die Gläubigen vertieft die wahre Gerechtigkeit, die in der Freundschaft mit Gott gelebt wird, alle anderen Beziehungen: mit sich selbst, mit anderen und mit der gesamten Schöpfung. Darüber hinaus bekennen sie, dass die Gerechtigkeit ihren Ursprung in der Tatsache hat, dass alle Menschen von Gott erschaffen wurden und dazu berufen sind, eine einzige Menschheitsfamilie zu werden. Eine solche Sicht der Dinge spricht — in vollem Respekt für die Vernunft und offen für die Transzendenz — alle Männer und Frauen guten Willens an und lädt sie ein, Rechte und Pflichten harmonisch miteinander zu verbinden.

4. In unserer stürmischen Welt wird die Erziehung der jugendlichen zum Frieden immer dringlicher. Damit wir uns in angemessener Weise dafür einsetzen können, müssen wir die wahre Natur des Friedens verstehen, die sich weder auf das Fehlen von Kriegen beschränkt, noch ein Gleichgewicht entgegen gesetzter Kräfte ist; vielmehr ist der Friede ein Geschenk Gottes und ein menschliches Werk zugleich, für das man ohne Unterlass einstehen muss. Er ist die Frucht der Gerechtigkeit und eine Folge der Barmherzigkeit. Es ist wichtig, dass sich die Gläubigen immer aktiv für ihre Gemeinschaft einsetzen. Indem sie ihr Mitgefühl ausdrücken, die Solidarität, die Zusammenarbeit und die Brüderlichkeit leben, können sie wirksam dazu beitragen, den großen gegenwärtigen Herausforderungen entgegenzutreten: harmonisches Wachstum, integrale Entwicklung, Prävention und Lösung der Konflikte, um nur einige zu nennen.

5. Abschließend möchten wir die jungen Muslime und Christen ermutigen, die diese Botschaft lesen, die Wahrheit und Freiheit immer zu kultivieren, um wahre Boten der Gerechtigkeit und des Friedens und Baumeister einer Kultur zu sein, die die Rechte und Würde eines jeden Bürgers respektiert. Wir laden sie ein, die nötige Geduld und Ausdauer aufzubringen, diese Ideale zu verwirklichen, ohne dabei auf zweifelhafte Kompromisse, trügerische Abkürzungen oder respektlose Mittel gegen andere Menschen zurückzugreifen. Nur Männer und Frauen, die von diesen Ansprüchen ehrlich überzeugt sind, werden eine Gesellschaft aufbauen können, in der die Gerechtigkeit und der Friede Realität werden. Möge Gott die Herzen, Familien und Gemeinschaften all derer mit Gelassenheit und Hoffnung erfüllen, die den Wunsch hegen, „Instrumente des Friedens" zu sein!

Ein schönes Fest an alle!

Aus dem Vatikan, 3. August 2012

Jean-Louis Kardinal Tauran
Präsident

Erzbischof Pier Luigi Celata
Sekretär


Die Botschaft des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz im Wortlaut:

Ramadan Mubarak!
Liebe muslimische Schwestern und Brüder!

Zum Fastenmonat Ramadan und zum Fest des Fastenbrechens sende ich als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und zugleich im Namen der katholischen Christen in diesem Land Ihnen allen herzliche Glück- und Segenswünsche. Es ist mir eine Freude und ein Bedürfnis, der Verbundenheit mit Ihnen Ausdruck zu verleihen.

Die jetzige Zeit des Fastens stellt für Sie wiederum einen wichtigen Einschnitt im Lauf des Jahres dar. Sie erinnern sich daran, wie viel Gutes Gott Ihnen und allen Menschen getan hat. Sie erinnern sich der Wegweisung und Unterstützung, die Er durch Seine Güte gewährt.

Auch die vielen Begegnungen zwischen Muslimen und Christen zählen zu den Ereignissen, für die wir von Herzen danken dürfen. Der ganz unspektakuläre Austausch bei der Arbeit und im Alltag, aber auch die Begegnung bei besonderen Anlässen und Feiern haben unser Zusammenleben vertieft und bereichert.

Als Christen und Muslime wissen wir um die belastende Erfahrung, dass überall in der Welt und manches Mal auch bei uns Verblendete und Extremisten bestrebt sind, das gute Miteinander der Gläubigen zu belasten. Ihnen stets zu wehren, bleibt unsere gemeinsame Aufgabe.

Christen und Muslime verbindet vieles. Wir glauben, dass Gott uns angesprochen und gerufen hat. Ihm zu dienen und ihn frei zu bezeugen, ist unsere besondere Würde. Seine Barmherzigkeit für alle Menschen erfahrbar zu machen, ist unser Auftrag.

Möge der Monat Ramadan Ihnen, liebe muslimische Schwestern und Brüder,wieder die Erfahrung schenken, wie Gott die Welt verändert. Er erhellt die Finsternis und macht die Nacht zum Tag. Er macht Kleine groß, vergibt die Schuld und schenkt Leben im Sterben.

Möge Sein Friede, der größer ist als unser Herz und unser Begreifen übersteigt, alle Menschen Seiner Gnade im Guten bestärken! So grüße ich Sie herzlich und wünsche Ihnen und Ihren Familien Gottes Segen.

Ihr
Dr. Robert Zollitsch
Erzbischof

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