Kopten kritisieren Zusammensetzung der neuen Regierung in Kairo

7. August 2012 in Weltkirche


Nur eine Christin unter 35 Ministern - Metropolit Pachomios übt Kritik an "unfairer" Auswahl - Bischof Marcos: Gewalt gegen Christen nimmt zu


Kairo (kath.net/KAP) Die koptisch-orthodoxe Kirche ist unzufrieden mit der Zusammensetzung der neuen ägyptischen Regierung, der nur noch eine Christin angehört. Metropolit Pachomios von Beheira, der nach dem Tod von Kopten-Papst Schenouda III. derzeit vorübergehend an der Spitze der Kirche steht, bezeichnete die Auswahl der Minister am Wochenende in einem Zeitungsinterview als "unfair". Entsprechend ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung müssten vier koptische Christen dem neuen Kabinett angehören, forderte Pachomios gegenüber der Zeitung "Al-Shorouq".

Wissenschaftsministerin Nadia Eskandar Zukhari ist die einzige Christin und neben Sozialministerin Nagwa Hussein Ahmed Khalil eine von zwei Frauen in der neuen, auf 35 Ministerposten aufgestockten Regierung, die Staatspräsident Mohammed Mursi in der Vorwoche angelobt hat. "Vor allem weil die Zahl der Ministerien gestiegen ist, hatten wir mehr koptische Vertreter erwartet", übte Metropolit Pachomius Kritik. Die Kopten auf diese Weise zu behandeln sei falsch.

Der alten Regierung in Kairo hatten zwei koptische Christen angehört. Nach unterschiedlichen Schätzungen sind zwischen 10 und 14 Prozent der 82 Millionen Ägypter Christen.

Bischof: Gewalt gegen Christen nimmt zu

Metropolit Pachomios kritisierte im Interview auch die ägyptischen Sicherheitskräfte für ihr Nicht-Eingreifen bei einem Angriff auf Christen in dem Dorf Dahshur nahe der Hauptstadt Kairo am vergangenen Mittwoch. Dort war ein Streit zwischen einem christlichen Wäschereibesitzer und einem muslimischen Kunden zu Straßenkämpfen ausgeartet, bei denen ein Muslim starb. Muslime griffen daraufhin eine Kirche an und steckten koptische Wohnungen und Geschäfte in Brand; mehr als 100 koptische Familien mussten aus dem Dorf fliehen.

Der koptische Bischof Marcos sprach nach der Attacke vor einer Zunahme der Gewalt gegen Christen. "Das allgemeine Klima wendet sich gegen die Christen", sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

Die "offiziellen" Reaktionen trugen nicht dazu bei, den Unmut der Kopten zu dämpfen. Präsident Mursi ließ erklären, es habe sich in Dahshur um einen "individuellen Vorfall" gehandelt, keinesfalls könne man von einer Verfolgung der Christen sprechen. Solche Dinge ereigneten sich "alle Tage". Die Christen sollten in das Städtchen zurückkehren, die Gewalttäter würden bestraft werden.

Das koptisch-orthodoxe Patriarchat betonte in einer Erklärung, die Behörden hätten in Dahshur nicht mit der notwendigen Entschlossenheit gehandelt. Diese Entschlossenheit wäre aber der einzige Weg, um die "anhaltende Welle der Gewalt gegen die Kopten" zu stoppen. Aufgabe der Behörden sei es jedenfalls, die Gewalttäter und die Anstifter zu bestrafen, die Rückkehr der christlichen Familien zu ermöglichen und für finanzielle Kompensation für alle Geschädigten zu sorgen.

Das Oberhaus des ägyptischen Parlaments setzte ein achtköpfiges Komitee ein, das sich um "interreligiöse Versöhnung" in Dahschur annehmen soll. Der Vorsitzende des Oberhauses, Ahmed Fahmi, erklärte dazu, es gehe nicht in erster Linie darum, die Schuldigen festzustellen, sondern Versöhnung zwischen Muslimen und Kopten zu bewirken. Genau diese in Ägypten oft angewandte Vorgangsweise - Einsetzung von Versöhnungskomitees nach interkonfessionellen Auseinandersetzungen - wird von den meisten Kopten abgelehnt.

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