4. September 2012 in Aktuelles
Anstössig ist besonders Hofstätters Masturbationsszene mit einem Kruzifix. Die Szene, in der die Hauptfigur unter der Bettdecke mit einem Kreuz hantiert, hatte bereits nach der Premiere am Freitag für Skandalrufe gesorgt.
Rom-Salzburg-Graz (kath.net/KAP) Der österreichische Filmregisseur Ulrich Seidl (Foto) bekommt wegen seines neuen Films "Paradies: Glaube" Probleme mit der Justiz in Italien. Die katholische Lebensschutz-Organisation "NO 194" (194 ist der italienische Abtreibungsparagraf) hat Seidl, die Schauspielerin Maria Hofstätter, die Filmproduzenten sowie die Leiter des Filmfestivals von Venedig, wo der zweite Teil von Seidls aktueller Trilogie uraufgeführt wurde, angezeigt. Der Vorwurf lautet auf Blasphemie, berichtete die katholische Webseite "Pontifex".
Die Anzeige wurde vom Präsidenten von "NO 194", dem Rechtsanwalt Pietro Guerini, bei der Staatsanwaltschaft von Venedig eingereicht. Ins Visier Guerinis ist vor allem Hofstätters Masturbationsszene mit einem Kruzifix geraten. Die Szene, in der die Hauptfigur unter der Bettdecke mit einem Kreuz hantiert, hatte bereits nach der Premiere am Freitag für Skandalrufe gesorgt.
"Grenze der Toleranz überschritten"
Es gehe ihm - Guerini - "nicht so sehr um die Strafe, sondern um die Verurteilung", sagte der Rechtsanwalt am Montag im Gespräch mit der Austria Presseagentur (APA). "Im Gegensatz zu den Muslimen reagieren wir Katholiken nie, wenn unsere Religion beleidigt wird, doch diesmal ist die Grenze der Toleranz überschritten worden. Italien und Österreich sind Länder mit katholischer Tradition, die verteidigt werden muss", sagte der aus der Bergamo stammende Jurist.
Es sei ihm bewusst, dass mit der Anzeige das Interesse um Seidls Film noch steigen wird. "Ich hoffe jedoch, dass meine Initiative andere abhalten wird, die katholische Religion zu beleidigen", so Guerini. Der Rechtsanwalt hat vor drei Jahren den laut eigener Aussage stärksten italienischen Verband gegründet, der sich gegen Schwangerschaftsabbruch einsetzt.
Ausprägung der Sehnsucht nach Liebe
Seidl selbst nahm am Montag in den "Salzburger Nachrichten" (SN) zur anstößigen Szene Stellung. Er sieht die angedeutete Selbstbefriedigung als "konsequentes Weiterdenken im Sinne der Figur" Anna Maria, die sich einer unglücklichen Ehe durch "Flucht in die Religion" entziehe. Der Regisseur: "Ich will damit sagen: Wenn ich mich einlasse auf diese Frau, deren zunächst geistige Liebe zu diesem Jesus immer mehr eine körperliche Liebe wird, dann wird genau das eines Tages passieren."
Schon im ersten Teil der Trilogie, der unter dem Titel "Paradies: Liebe" im Frühjahr in Cannes Premiere hatte, steht die Sehnsucht einer Frau mittleren Alters - dort Teresa, die Schwester Anna Marias - im Zentrum. "Die eine versucht das zu lösen, indem sie probiert, in Afrika zu Liebschaften zu kommen, ... die andere ... eignet sich ihren Gebieter und Herrn immer mehr auch als Liebhaber an", erklärt Seidl, der nach dem Wunsch seines "sehr streng religiösen Elternhauses" Priester werden sollte, wie er den "SN" verriet.
In der Wochenend-Ausgabe der "Kleinen Zeitung" antwortete Seidl auf die Frage, warum Glaube in seinem Film so stark mit Sexualität verknüpft sei: "Naja, wovon reden wir? Von der katholischen Kirche, die seit Jahrhunderten die Sexualität unterdrückt und tabuisiert." Das provoziere immer das Gegenteil, so der Regisseur. Nicht von ungefähr habe es in den vergangenen Jahren Skandale um Missbrauch in der katholischen Kirche gegeben.
Die Kirche spiele in Österreich nach wie vor eine große Rolle, auch wenn die Menschen heute nicht mehr so gläubig seien. Die Glaubensfrage ist wie Seidl demgegenüber festhielt - "auch etwas, was mich beschäftigt: die Fragen nach dem Sinn, nach Gott."
Foto Ulrich Seidl: © Wikipedia/Otto Normalverbraucher
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