6. September 2012 in Chronik
Die wichtigste christliche Gemeinschaft im bald von Papst Benedikt besuchten Libanon gehört zu den Kirchen der altsyrischen Tradition
Beirut (kath.net/KAP) Die wichtigste christliche Gemeinschaft im Libanon ist die mit Rom unierte maronitische Kirche. Sie gehört zu den Kirchen der altsyrischen Tradition, zu denen auch die syrisch-orthodoxe Kirche, die heute zumeist als "assyrische Kirche" bezeichnete "Apostolischen Kirche des Ostens" (der Kirche des alten Perserreichs), die syrisch-katholische und die chaldäisch-katholische Kirche zählen. Die "assyrische Kirche" hatte sich bereits nach dem Konzil von Ephesos im Jahr 431 von der allgemeinen Kirche getrennt, die syrisch-orthodoxe Kirche nach dem Konzil von Chalcedon im Jahr 451.
Die maronitische Kirche hat ihren Namen nach dem Heiligen Maron, der zwischen 350 und 410 in Nordsyrien ein Leben in Gebet und Buße geführt hatte. Maron zog viele Menschen an, die ihn um Heilung von geistigen und körperlichen Krankheiten baten, wobei seine einzigen Heilmittel das Gebet und der Segen waren.
Das bei Marons Grab entstandene Kloster wurde Mittelpunkt der im 8. Jahrhundert gegründeten maronitischen Kirche. In der Kreuzfahrerzeit (1181) nahm der Patriarch die Kirchengemeinschaft mit dem Papst in Rom auf.
Die alten Bindungen der maronitischen Kirche an Rom hielten auch in den folgenden Jahrhunderten trotz der schwierigen Situation zwischen Orient und Okzident. Dazu trug vor allem auch das Päpstliche Maronitische Kolleg (Pontificium Collegium Maronitium) in Rom bei.
Die Gründung des Kollegs geht auf Patriarch Michel I. (Rizzi) "von Antiochien und dem ganzen Orient" zurück. Er hatte 1568 bei Papst Pius V. (1566-1572) beantragt, eine Schule für Priesteramtskandidaten der maronitischen Kirche in Rom zu errichten. Sie sollten in Rom katholische Theologie studieren, damit sie in ihren Heimatländern der maronitischen Kirche dienen konnten.
Durch die enge Verbindung mit Rom über das Kolleg ist auch die maronitische Liturgie heute viel stärker als die byzantinische der der Lateiner ähnlich. Viele Elemente sind jedoch uralten Ursprungs: Die 12-Apostel-Anaphora etwa im zweiten Teil der Messe, zum Friedensgruß vor den Einsetzungsworten, geht auf das 4. Jahrhundert zurück. Gottesdienst-Sprache ist Arabisch, mit einzelnen Passagen in Aramäisch.
Patriarch der Maroniten ist seit April 2011 Bechara Boutros al-Rai. Er ist das 77. Oberhaupt seit der erstmaligen Wahl eines maronitischen Mönchs zum Patriarchen von Antiochien vor 1.300 Jahren.
Al-Rai ist 72 Jahre alt und stammt aus Himlaya in der Nähe von Beirut. Er stand der Diözese Jbeil seit 1990 vor. 2010 war al-Rai von Papst Benedikt XVI. zum Mitglied des Päpstlichen Medienrats ernannt worden.
Al-Rais Vorgänger, Patriarch Kardinal Nasrallah Boutros Sfeir, war in den Kriegsjahren wichtigster Mittelsmann der vatikanischen Diplomatie und zugleich Bezugsperson seiner Landsleute. Immer wieder versuchte er, das Blutvergießen zu beenden und die Existenz der Christen zu sichern, indem er eine gerechte Lösung für die Religions- und Volksgruppen des Landes verlangte. Er wurde zu einem Wächter des Nationalpaktes in Zeiten, als die im "Schwarzen September" 1970 aus Jordanien vertriebenen Palästinenser versuchten, im schwachen Libanon ihren "Staat im Staat" zu etablieren.
1992 berief Papst Johannes Paul II. eine Sonder-Bischofssynode für den Libanon ein, die dann 1995 tagte und bei der Patriarch Sfeir als Präsident agierte. Höhepunkt und Abschluss war danach die erste Papstreise in den Nahost-Staat im Mai 1997. Vor der rauchgeschwärzten Trümmerkulisse Beiruts beschwor Johannes Paul II. - von Christen wie von Muslimen bejubelt - die Zusammenarbeit aller Libanesen, über Religions- und Parteigrenzen hinweg.
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