Dunkelgelb für Holocaust-Leugner Williamson

12. September 2012 in Chronik


Traditionalistenbischof steht bei Piusbrüdern auf der Kippe - Von Alexander Brüggemann (KNA)


Bonn (kath.net/KNA) Wenig hat er unterlassen, um die Leitung der Piusbruderschaft nicht gegen sich aufzubringen: Preisgabe interner Dokumente, öffentliche Seitenhiebe gegen die Verhandlungen mit dem Vatikan, zuletzt eine unverhohlene Rücktrittsforderung an den Generaloberen Bernard Fellay. Als Richard Williamson nun auch noch ohne Absprache zu einer Firmreise nach Brasilien aufbrach, war das Fass offenbar übergelaufen: Der Traditionalistenbischof muss sich gegenüber der Leitung der Bruderschaft im schweizerischen Econe erklären. Denkbar sei ein Rauswurf ebenso wie eine friedliche Trennung, erläuterte der Sprecher des deutschen Distriktes, Pater Andreas Steiner, am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Oder vielleicht noch einmal eine Verständigung.

Williamson ist der Rechtsaußen der ultrakonservativen Priesterbruderschaft St. Pius X., die in den vergangenen Jahren die vatikanische Diplomatie mit Maximalforderungen publizistisch vor sich hertrieb. Weit ist Papst Benedikt XVI. ihnen entgegengekommen, um die Rückkehr der seit 1988 von Rom getrennten Gemeinschaft zu ermöglichen. Er hat dafür harsche Kritik, Häme und Spott auf sich genommen - und geriet vor allem wegen einer Aktion Williamsons in Erklärungsnot.

In einem TV-Interview hatte Williamson im November 2008 den Holocaust geleugnet. Nicht sechs Millionen, sondern lediglich 300.000 Juden seien von den Nazis ermordet worden. Dieses Interview wurde im Januar 2009 ausgestrahlt, just an dem Tag, als Benedikt XVI. als Versöhnungsgeste die Rücknahme der Exkommunikation für die vier Bischöfe der Bruderschaft verkünden ließ - darunter auch Williamson.

Ein peinlicher Eklat nicht nur für Rom. Auch dem einigungswilligen Generaloberen Fellay wurde der rechtsauslegende Dissident zunehmend unbequem. In Argentinien, wo Williamson damals das Priesterseminar der Piusbrüder leitete, stellte man ihm den Stuhl vor die Tür. Als ihm auch die argentinische Regierung zusetzte, floh er nach England, von wo er seine Eskapaden fortsetzte. Auch ein Publikationsverbot der Leitung hielt den heute 72-Jährigen nicht davon ab, das zwischen Rom und Econe vereinbarte Stillschweigen zu umgehen und alle Einigungsbemühungen zu sabotieren.

Interne Dokumente tauchten im Internet auf; die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Oberen und den drei anderen Bischöfen konnten nicht verborgen bleiben. Fellay beklagte, er werde von den eigenen Leuten hintergangen. In der heißen Phase der Verhandlungen im Frühjahr 2012 teilte der Vatikan mit, man werde nur noch mit Fellay selbst verhandeln. Williamson wurde gar vom Generalkapitel der Bruderschaft Anfang Juli ausgeschlossen.

Nun muss der «Heldenbischof», wie er in einschlägigen Internetforen gefeiert wird, Farbe bekennen. Es droht die Abspaltung von der Abspaltung. Williamson als Generaloberer einer neuen dissidenten Bruderschaft, noch konzilsfeindlicher als die seines 1991 verstorbenen Lehrmeisters Erzbischof Marcel Lefebvre? Experten sprechen dem Holocaust-Leugner die Fähigkeiten dazu ab.

Zudem ist immer noch ungeklärt, wie sich die Bischöfe Bernard Tissier de Mallerais und Alfonso de Galarreta zum Führungsanspruch und dem konzilianteren Kurs ihres Generaloberen Fellay stellen werden. Auch von ihnen waren immer wieder scharfe Töne zu den Einigungsbemühungen zu hören. Dass sie sich aber einer Williamson-Bruderschaft anschließen würden, darf als unwahrscheinlich gelten.

Die Abmahnung an den britischen Traditionalistenbischof kommt zu einer Zeit, in der die Verhandlungen zwischen dem Vatikan und den Piusbrüdern in einer Patt-Situation stecken. Im Mai wurden die Signale in Rom auf «Warten» gestellt.

Nun, einen Monat vor dem 50. Jahrestag der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils, machen sich die Traditionalisten wieder zum Thema - ausgerechnet mit Williamson. Denn um die Anerkennung der Konzilsbeschlüsse dreht sich der ganze Streit. Und mit der Lautstärke, die der Konflikt um deren Geltung entfaltet, sind die eigentlichen Botschaften des Konzils ohnehin schon stark in den Hintergrund gerückt.


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