
14. Oktober 2012 in Kommentar
Behinderung, Vergewaltigung, Strafe - das sind die drei Einfallspforten geistiger Blindheit vieler, wenn es um Abtreibung geht. Ein kath.net-KLARTEXT von Weihbischof Andreas Laun (Salzburg).
Salzburg (kath.net) Es gibt moralische Fragen, die viel Sachwissen voraussetzen, um sie angemessen zu beantworten. Für andere genügt der Hausverstand. Und diesen bewies in reichem Maße eine argentinische Richterin, die einer Frau den Wunsch, nach einer Vergewaltigung abtreiben zu dürfen abwies mit dem Argument: Es sei nicht möglich, ein Unrecht wieder gutzumachen, indem man ein noch schweres und nicht umkehrbares anderes Unrecht begeht!
Was für eine kluge Frau, und diese Wertung ihrer Worte hat nichts mit ihrem Intelligenz-Quotienten zu tun, es genügt der Hausverstand. Ihre Antwort würden auch Kinder im Vorschulalter verstehen können, sogar ohne Erklärung!
Wie traurig ist es umgekehrt zu beobachten, dass auch ziemlich gute Katholiken in Diskussionen mindestens nicht widersprechen und, wenn überhaupt, nur sehr verschämt, gegenüber der Behauptung: Aber bei Vergewaltigung müsse Abtreibung schon erlaubt sein!
Ebenso oft nicken Christen zustimmend, wenn dann auch noch Behinderung als legitimer Grund zur Abtreibung genannt wird, und das von denselben Leuten, die für behinderten-gerechten Hausbau eintreten und sich dabei sehr moralisch fühlen.
Wer sagt, weder Behinderung noch Vergewaltigung ist ein Grund, einen unschuldigen Menschen direkt zu töten, verstößt, wahrscheinlich auch in Argentinien, gegen die politische Korrektheit und braucht daher Mut, jenen Mut, den die zitierte Richterin offenbar hatte!
Die dritte Schwachstelle der Christen bezüglich Abtreibung ist die Strafe! Der Slogan, wollt ihr Frauen bestrafen war und ist ein geniales Betäubungsmittel, das das Denken vieler stillzulegen vermag!
Wenn jemandem die Brieftasche gestohlen oder das Auto mutwillig beschädigt worden ist, hat meines Wissens noch niemand gesagt, man sollte von Strafe absehen, wenn die Diebin oder die Täterin eine Frau gewesen sein sollte.
Ebenso wenig sagt das Opfer, man müsse die Entscheidung der Täterin respektieren. Merkwürdig, aber bei der Abtreibung argumentiert man so, als ob die Strafbarkeit der Handlung von den Genen und Hormonen abhinge. Dass auch der Katechismus eine Schutz- und darum Strafpflicht des Staates einfordert, scheinen sogar manche Bischöfe nicht zu wissen!
Behinderung, Vergewaltigung, Strafe - das sind die drei Einfallspforten des Bösen und die Ursachen geistiger Blindheit vieler, wenn es um Abtreibung geht: Abtreibung an sich nein, aber doch annehmbar im Fall von Vergewaltigung und schwerer Behinderung. Und, wie auch immer, auch ohne die beiden genannten Gründe, nur nicht strafen, auf keinen Fall, Strafe nur bei der eigenen Brieftasche.
Wer zum Thema Abtreibung nach Vergewaltigung mehr wissen möchte, kann sich die Internetseite von Rebecca Kissling anschauen und er wird viel, viel lernen von einer Frau, die bei einer Vergewaltigung gezeugt wurde und die ihre Mutter zunächst abtreiben wollte und heute überglücklich ist, dass ihre Tochter lebt!
Und wer Behinderung als Grund zur Abtreibung meint gelten lassen zu dürfen, möge über die Frage nachdenken, was er mit Behinderung meint und sich dann informieren, wegen welcher Kleinigkeiten, nämlich auch solcher, die heute leicht heilbar sind, Kinder getötet werden.
Wird, um ein Beispiel zu nennen, eine Hasenscharte pränatal diagnostiziert, gäbe es für manche Kinder zwar die Möglichkeit, sogar Politiker, Wissenschaftler oder auch Bischof zu werden; viele, sehr viele andere Kinder hingegen werden als unzumutbar eingestuft und in den europäischen Rechtsstaaten im Namen der europäischen Werte umgebracht.
Unvergesslich: Als in Österreich die Fristenlösung eingeführt wurde, schrieb der große österreichische Jurist Wolfgang Waldstein: Österreich hat aufgehört, im Vollsinn des Wortes ein Rechtsstaat zu sein! Wegen dieser seiner klaren Sprache halten ihn viele Menschen seither und bis heute für einen Radikalen oder Fundamentalisten.
Nur Papst Benedikt XVI. scheint ähnlich denken, denn er hat seine Rede in Berlin über das Fundament des Rechtsstaates, der diesen Namen verdient, auf die Gedanken Waldsteins in seinem Buch Ins Herz geschrieben aufgebaut. Ohne Abwertung: Eigentlich genügt auch da der Hausverstand!
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