9. November 2012 in Aktuelles
Auf den eher liberalen Rowan Williams folgt nun ein theologisch eher konservativerer Primas, u.a. gilt Welby als Gegner einer Heiratsmöglichkeit für homosexuelle Paare.
London (kath.net/KNA) Justin Welby (Foto), Bischof von Durham, wird neuer Primas der anglikanischen Staatskirche von England. Königin Elizabeth II. ernannte den derzeitigen Bischof von Durham zum Nachfolger von Rowan Williams (62) als Erzbischof von Canterbury, wie die Kirchenleitung am Freitag bekanntgab. Am 21. März 2013 werde der 56-jährige Welby den Kathedralsitz von Canterbury feierlich übernehmen.
Welby ist Absolvent der Eliteschule Eton, Jurist und Theologe. Er wurde erst 1993 zum Priester und im Oktober 2011 zum Bischof geweiht. Von 2007 bis 2011 war er Dekan der Kathedrale von Liverpool. Unter anderem arbeitete er zuvor elf Jahre als Manager im Ölgeschäft. Seine Karriere als Seelsorger weist aber auch Stationen in sozialen Brennpunkten auf. Welby ist verheiratet und hat fünf Kinder.
Welby gehört dem evangelikalen Kirchenflügel an. Turnusgemäß wechseln sich ein anglokatholisch ausgerichteter Erzbischof von Canterbury wie Williams und ein evangelikaler im Amt ab. Auf den eher liberalen Williams folgt nun auch ein theologisch eher konservativerer Primas. Unter anderem gilt Welby als Gegner einer Heiratsmöglichkeit für homosexuelle Paare. In der Finanzkrise kritisierte er mangelnde soziale Verantwortung bei Finanzgeschäften.
Welby wird der 105. Erzbischof von Canterbury, seit der Papst im Jahr 597 den heiligen Augustinus nach Kent entsandte. In seiner neuen Rolle ist er Diözesanbischof, Leiter der Kirchenprovinz Canterbury, Primas von ganz England, geborenes Mitglied des britischen Oberhauses sowie Ehrenoberhaupt der anglikanischen Weltgemeinschaft. Jedoch gibt es Überlegungen, diese verschiedenen Pflichten stärker zu entkoppeln.
Der Waliser Rowan Williams war 2002 als erster Nicht-Engländer Primas von England geworden. Bei seinem Amtsantritt galt er als progressiver und liberaler Intellektueller. Konflikte innerhalb der anglikanischen Weltgemeinschaft brachten ihn immer mehr in eine vermittelnde Position zwischen dem liberalen und dem konservativen Flügel. Zur Zerreißprobe wurden die Zulassung von Frauen zum Bischofsamt, der Umgang mit homosexuellen Geistlichen sowie die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Williams übernimmt Januar einen Lehrauftrag am Magdalene College in Canterbury.
Weltweit gehören der anglikanischen Kirche etwa 77 Millionen Mitglieder an. Außerhalb Englands gibt es 26 anglikanische Kirchenprovinzen, darunter in den USA, Australien und mit wachsender Bedeutung in mehreren afrikanischen Ländern. Der Erzbischof von Canterbury ist «Primus inter pares» (Erster unter Gleichen), hat also keine Weisungsbefugnis für die 26 Nationalkirchen.
Die anglikanische Kirche entstand zur Zeit der Reformation in England. König Heinrich VIII. brach 1533 mit dem Papst, weil dieser sich weigerte, die Ehe des Königs zu annullieren. Als Oberhaupt einer neuen Staatskirche setzte sich Heinrich VIII. 1534 selbst ein.
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Foto Primas Welby: www.durham.anglican.org
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