26. November 2012 in Weltkirche
In den letzten Tagen kreisten Gerüchte, dass Georg Gänswein gleichzeitig hoch- und wegbefördert werden solle, dabei wurde über verschiedene vakante Bischofsstühle gemunkelt. Von Paul Badde / Die Welt
Vatikanstadt (kath.net/DieWelt) Prälat Georg Gänswein (56) ist als persönlicher Sekretär Papst Benedikt XVI. einer der einflussreichsten Personen des Vatikans. Dennoch hatte er bisher einen vergleichsweise geringen Rang in der Hierarchie der Kurie ringsum den Pontifex Maximus der katholischen Kirche. Damit waren viele Spannungen in dem byzantinisch-filigranen Beziehungsgeflecht der römischen Kurie seit langem vorprogrammiert. Der Priester aus dem Bistum Freiburg ist zwar schon lange kein Kaplan mehr. Er ist aber auch kein Bischof - der trotzdem selbst hochrangigen Kardinälen aus der ganzen Welt bisweilen kurz und knapp bescheiden musste, dass ein Termin bei Benedikt XVI. nicht jederzeit zu haben ist, dessen Tage ja auch nur 24 Stunden haben.
Der Sohn eines Schmieds aus dem Schwarzwald hat Theologie und kanonisches Recht studiert und den furchtlos zupackenden Zugriff seines Vaters für heiße Eisen beibehalten. Mit dieser festen Hand bildet er den letzten Staudamm, der den 85jährigen Nachfolger Petri bisher davor bewahrte, von einer Flut nicht zu bewältigender Aufgaben aus dem Amt gespült und unter Bergen aus Papier begraben zu werden. Mit dieser oft undankbaren Aufgabe hat sich Prälat Gänswein natürlich nicht nur Freunde gemacht. Am Wochenende haben sich in Rom nun Spekulationen verdichtet, dass der Papst diesem Zustand durch eine entsprechende Beförderung Gänsweins bald ein Ende machen will. Das ließ ein Leck von gewöhnlich bestens unterrichteten Stellen in der Nähe der Regierung in Rom an die italienischen Medien sickern.
Vor neun Jahren hatte Kardinal Ratzinger Georg Gänswein gefragt, ob er nicht sein Sekretär werden möchte. Jetzt hat er seinen Sekretär diesen jüngsten Gerüchten zufolge gefragt, ob er nicht bereit sei, die an diesem Samstag frei gewordene Position des Präfekten des Päpstlichen Hauses zu übernehmen, die üblicherweise von einem Bischof oder Erzbischof besetzt wird. Bis zum Freitag hatte diese Position der amerikanische Erzbischof James Michael Harvey (63) inne, der am Samstag zum Kardinal und Erzpriester der Basilika Sankt Paul vor den Mauern ernannt wurde.
Sogleich machten deshalb auch Deutungen die Runde, dass Georg Gänswein mit diesem Schachzug gleichzeitig hoch- und wegbefördert werden solle, weil er als Sekretär des Papstes auch eine der Schlüsselfiguren der Vatileaks-Affäre geworden war. Manche Stimmen wollten ihn schon nicht zum ersten Mal auf einen der vakanten Bischofsitze nach Deutschland verschoben sehen, nach Regensburg, Passau oder Erfurt, jedenfalls weit weg vom Papst. Denn in dem Fall der stetigen Dokumentenflucht aus dem päpstlichen Palast durch den inzwischen zu 18 Monaten Haft verurteilten Kammerdiener Paolo Gabriele (48) ist dem päpstlichen Sekretär hinter vorgehaltener Hand im Vatikan auch immer wieder eine Verletzung der Aufsichtspflicht vorgeworfen worden, weil er den Dieb (den er schließlich persönlich als erster identifizierte) nicht früher erkannt und gestellt und überhaupt besser kontrolliert hatte. Öffentlich und vor Gericht wurde der Vorwurf nie erhoben, doch umso nachhaltiger in und um den Vatiken gestreut.
Mit dem Schritt, der nun in der Luft liegt, würde Papst Benedikt XVI. - dessen eigenes Vertrauen in den Kammerdiener ja zuallererst schwer getäuscht worden war - diesen Gerüchten mit einem deutlichen Signal entgegen treten. Eine Berufung Gänsweins in die Präfektur bekräftigte nicht nur einmal mehr das ungebrochene Vertrauen, das der Papst in seinen Privatsekretär hat, sondern würde dessen Kompetenzen auch bemerkenswert erweitern. Gänswein wäre als Präfekt für den offiziellen Terminkalender des Papstes zuständig, für dessen Audienzplan und für die Betreuung von Staatsbesuchen. Eine höherere Bischofsweihe wären ihm dabei als Chef der allerengsten Mitarbeiter des Papstes ebenso gewiss wie mehr Eigenständigkeit und mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Doch Benedikt XVI. ist kein Schachspieler und auch einen neuen Sekretär mag er sich nicht mehr suchen und zumuten. Zur Überraschung vieler und dem Ärger mancher im Vatikan hat er sich nach wohl unterrichteten Kreisen also nicht für ein Alternative entschieden, sondern für das lateinische et-et in einer bewährt katholischen Sowohl-als-auch-Lösung. Egal, welche neuen Aufgaben auf Georg Gänswein noch warten: er ist und bleibt der segretario particolare Benedikt XVI.
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