4. Februar 2013 in Weltkirche
Rückgabe hat über den materiellen Wert hinaus hohe symbolische Bedeutung und könnte Schritt auf dem Weg zur Wiedereröffnung des Priesterseminars und der Theologischen Hochschule auf der Insel im Marmara-Meer sein
Istanbul (kath.net/KAP) Der türkische Staat hat der Orthodoxen Kirche ein großes Waldgrundstück auf der Insel Chalki zurückerstattet, wie die Stiftung "Pro Oriente" berichtet. Der 190 Hektar große Forstbesitz war 1943 dem Dreifaltigkeitskloster auf der Marmara-Insel entzogen worden, in dem auch das 1971 geschlossene Priesterseminar und die Theologische Hochschule des Ökumenischen Patriarchats untergebracht sind. Die Rückgabe hat über den materiellen Wert hinaus hohe symbolische Bedeutung.
Ermöglicht wurde die Rückgabe durch ein 2011 beschlossenes Gesetz, mit dem ein Gesetz von 1936 modifiziert wurde, das damals zur Konfiskation zahlloser Grundstücke und Immobilien nichtmuslimischer "frommer Stiftungen" geführt hatte. Die Restitution erfolgte nur wenige Tage nach dem Tod des Journalisten Mehmet Ali Birant, der seit Jahrzehnten für die Rechte der nichtmuslimischen Religionsgemeinschaften eingetreten war.
Beim Begräbnis des Journalisten am 19. Jänner sagte Patriarch Bartholomaios I., Birant sei "eine entschlossene Stimme" gewesen, die "unsere Rechte verteidigt hat als das noch niemand in der Türkei wagte". Insbesondere habe er auch die jungen Journalisten für die Verteidigung der Menschen- und Bürgerrechte sensibilisiert. In seinem letzten Artikel hatte Birant über die bevorstehende Rückgabe des Forstbesitzes an die "fromme Stiftung" des Dreifaltigkeitsklosters geschrieben und betont, dieser Schritt bestätige, dass Ankara bereit sei, die verschiedenen Probleme im Zusammenhang mit den Minoritäten ernsthaft anzugehen.
Das Dreifaltigkeitskloster auf der Insel Chalki geht auf das 9. Jahrhundert zurück. Im Jahre 1844 errichtete der Ökumenische Patriarch Germanos IV. auf Grund eines Firmans des Sultans im Dreifaltigkeitskloster ein Priesterseminar und eine Theologische Hochschule. Chalki wurde im 19./20. Jahrhundert zu einer der weltweit bedeutendsten orthodoxen theologischen Lehranstalten. Eine Vielzahl an orthodoxen Gelehrten, Theologen, Bischöfen und Patriarchen, darunter Bartholomaios I., haben ihr Studium auf Chalki absolviert.
Im Jahre 1971 wurden Seminar und Hochschule durch ein türkisches Gesetz geschlossen, das den Betrieb von privaten Universitäten verbietet. Im Jahre 1998 wurde vom türkischen Staat verordnet, die Treuhänder-Gesellschaft von Chalki aufzulösen. Nach internationaler Kritik wurde diese Entscheidung rückgängig gemacht. Im Jahre 1999 besuchte der damalige US-Präsident Bill Clinton Chalki und forderte den türkischen Staatspräsidenten Süleyman Demirel auf, die Hochschule wieder öffnen zu lassen.
Seit Jahren gibt es ein heftiges Tauziehen zwischen dem Ökumenischen Patriarchat und der Regierung in Ankara um die Wiedereröffnung von Halki. Am 27. März 2012 kündigte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die "baldige" Wiedereröffnung des Seminars und der Theologischen Hochschule an.
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