Klar, da tobt die Menge!

6. Februar 2013 in Kommentar


Ein Kommentar von Linda Noé zur Diskussion über die "Pille danach", Kirche und Medien, Martin Lohmann, Günther Jauch und die wahren Helden des Alltags


Linz (kath.net)
In der gegenwärtigen Diskussion über die „Pille danach“ stört mich als Frau eines gewaltig, was in den meisten öffentlichen Diskussionen völlig unter den Tisch fällt: Hier wird die Kirche (wieder einmal) medial von vornherein ohne jegliche differenziertere Betrachtungsweise als Verein von alten grauen Herren, der lebensfremd und hartherzig gegen arme Frauen in Not agiert, dargestellt. So kam das auch deutlich in der Diskussion bei Jauch von Sonntagabend heraus, in deren Verlauf Martin Lohmann, Chefredakteur von K-TV und Vorsitzender des Bundesverbandes Lebensrecht, beispielsweise vom Publikum öffentlich verlacht wurde, noch ehe er seinen Satz über die Vielschichtigkeit der Selbstentscheidung der schwangeren Frau beenden konnte- weil es nämlich in so einem Falle eben auch um das bereits entstandene Leben gehe und nicht ausschließlich um ihr eigenes.

Vor Beendigung des Satzes war bereits allen im Saal klar: dieser ultrakonservative verstaubte Kirchenmann will gerade sagen, dass eine Frau nichts zu bestimmen hat, nicht mal über sich selbst! Klar, da tobt die Menge! So kocht man den medialen Brei und schürt Emotionen, denn die Freaks will man sehen und öffentlich auseinandernehmen!

Lohmann aber konnte man in seiner Argumentation an diesem Abend, sollte man diese vorurteilsfrei verfolgt haben, tatsächlich nirgendwo vorwerfen, herzlos vergewaltigte Frauen abzuurteilen, im Gegenteil, er antwortete auch ganz demütig auf die sehr persönliche Frage des Moderators Günther Jauch, wie er sich selbst verhalten würde, sollte beispielsweise seine eigene Tochter durch eine Vergewaltigung schwanger werden.

Ja! Das ist eine schwere Frage! Es ist ein großes Leid, dass es Menschen gibt, die so furchtbaren Verbrechen wie einer Vergewaltigung zum Opfer fallen, unter dem die Person selbst und auch ihr soziales Umfeld so schrecklich leidet! NIEMAND hat das Recht eine vergewaltigte Frau an den Pranger zu stellen, mit der Moralkeule auf sie einzuschlagen oder ihr von oben herab herz- und verständnislos zu befehlen, wie sie handeln muss. Gott respektiert unsere Freiheit und hat sie uns gegeben, weil wir ohne Freiheit nicht lieben und Ihm nicht ähnlich sein könnten.

Er hat uns auch ein Gewissen gegeben, das wir im Laufe unseres Leben bilden und nicht absterben lassen dürfen, und wir sind es Seiner Liebe schuldig, unsere Ohren gegenüber diesem Gewissen nicht zu verschließen, wenn es uns mahnt, auch wenn die Konsequenz manchmal sehr schwer zu tragen ist.

Wenn wir aber von der Gewissensentscheidung allgemein des Menschen und hier speziell in diesem Fall der vergewaltigten Frau sprechen und diese achten müssen, dann müssen wir doch auch davon sprechen, dass die Kirche als solche Gewissensentscheidungen treffen muss vor ihrem Gott! Ich möchte es am liebsten von den Hausdächern rufen: Es geht nicht um irgendwelche hartherzigen, grauen, alten, lebensfremden Männer, die sich selbst wichtiger machen möchten als sie sind und obendrein noch andere gerne in ihrem Leid schikanieren! Im Gegenteil doch!

Die Kirche kann sich eben nicht als Herr über Leben und Tod aufspielen, denn wir sind nicht selbst Gott, sondern die Kirche hat einen klaren Auftrag, das weiterzugeben, was ihr von Gott übergeben worden ist. Dazu gehört „Du sollst nicht töten“- und in der Theorie wird das noch den meisten auch kirchenfernen Menschen einsichtig sein, dass die Verwalter dieses Wortes nicht willkürlich daran etwas verändern können. Nach allem aber, was wir auch wissenschaftlich verstehen können, ist der Mensch Mensch von Anfang an, mit der Verschmelzung der Samenzelle mit der Eizelle an ist er einzigartig, alles ist bereits grundgelegt - und das nicht erst mit der Nidation.

Wo beginnt also das Leben, ab wann ist es einzigartig und schützenswert? Die Kirche sagt, von Anfang an, eben auch dort, wo es noch keine Stimme hat- denn jede andere Festlegung wäre reine Willkür. Damit macht man es sich natürlich nicht leicht. Und doch entspricht es der Liebe, die ohne Wahrheit eben keine echte Liebe ist, wenn man seinem Auftrag treu bleibt und sich eben NICHT selbst zum Richter macht. Nicht zum Richter über eine verzweifelte Frau, aber auch nicht zum Richter eines bereits entstandenen Lebens.

Meine Frage ist nun, wie können wir den Menschen, so wie es meiner Meinung nach auch Martin Lohmann bei Jauch getan hat, in Liebe und Demut begegnen ohne auf jemand einzuprügeln, und trotzdem nicht wegrelativieren, dass wir zum Schutz des Lebens aufgerufen sind, auch dort, wo es gerade erst entstanden ist?

Wie kann man heute verständlich machen, dass die Kirche MITLEIDET mit den Menschen, die Opfer eines Verbrechens geworden sind, wie zum Beispiel eine vergewaltigte Frau, ihre ganz schwierige Situation sieht und sie nach bestem Wissen und Gewissen und Gottes Hilfe unterstützen möchte, das Richtige zu tun?

Nein, man kann es niemandem von oben herab befehlen, Heldentaten oder Übermenschliches zu vollbringen, und Heiligkeit kann man nicht erzwingen. Wir müssen die Menschen begleiten und ihnen die Möglichkeit geben, Jesus in Person, in Liebe UND Wahrheit unverwässert zu begegnen- und da muss sich jeder von uns selbst an der Nase nehmen, der sich Christ nennt und anderen Hilfe im Glauben, und kein Hindernis sein soll. Ohne diese lebendige Beziehung zu Jesus ist es eben nicht möglich, so manchen steinigen Weg im Leben zu gehen!

Ebenso wenig darf man allerdings annehmen, man könne der Kirche befehlen, die sich nicht selbst zum Richter über Leben und Tod machen kann, den Schutz des Lebens von Anfang an einfach weg zu relativieren, weil eine sehr schwere Situation besteht, unter der die Frau und wir alle, die wir ein Herz haben, mit leiden.

Und wo wir schon einmal dabei sind, über Heiligkeit zu sprechen- die weniger abgehoben ist, als so mancher heute beim Hören dieses Begriffes denkt: Diese Gelegenheit möchte ich von Herzen auch nützen, um mich bei all den Helden des Alltags zu bedanken, die liebevoll und demütig für die Wahrheit eintreten, sich gegebenenfalls dafür öffentlich verspotten lassen ohne polemisch und bissig zurückzuschlagen, sondern einfach, besonnen und klar bleiben, oder auch bei denen, die öffentlich gar nie gesehen werden, so wie die vielen Frauen und Männer, die in ihrem Alltag und in Stille die Kreuze ihres Lebens tragen, alte und behinderte Menschen und Angehörige annehmen und mittragen, auch dort wo dies oft ein großes Leiden und Schwierigkeiten bedeutet.

Es gibt sie, diese Helden, auch wenn sie meistens keinen Lärm machen in den Medien. Wie viele können auch Zeugnis davon geben, wie sehr sie Gott gerade ihrem Leid begegnen und sich getragen wissen auch vom Gebet und der Gemeinschaft innerhalb der Kirche, und wie ihnen das zur wahren Freude wird, die ihnen niemand mehr nehmen kann.

(Foto by www.cross-press.net)


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